Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
nach Hause gefahren. Aghajan stand auf der Klingel.
Sie klingelte mehrmals, doch niemand öffnete. Dann trat sie auf dem Bürgersteig ein paar Schritte zurück und spähte an dem Haus empor. Reza wohnte in der zweiten Etage rechts, und sie sah, dass die Fenster leer und dunkel waren. Sie klingelte erneut. Noch immer keine Spur von Reza. Einen Augenblick stand sie unentschlossen da und trippelte in der Dunkelheit auf der Stelle, dann läutete sie bei einem der Nachbarn. Als sie erklärte, dass sie eine besorgte Kollegin von Reza sei, wurde sie nach kurzem Zögern hereingelassen.
Sie nahm den Fahrstuhl in die zweite Etage, stand auf dem dunklen Treppenabsatz, suchte nach Rezas Wohnungstür und drückte den Finger auf die Klingel, wechselte zwischen kurzen und langen Klingelsignalen. Keine Reaktion. Sie legte das Ohr an die Tür, lauschte und kniete sich anschließend auf die Fußmatte, während sie durch den Briefschlitz nach ihm rief. Die Wohnung machte einen dunklen und verlassenen Eindruck. Sie stand mühsam auf und ging mit schweren Schritten die dunkle Treppe hinunter. Als sie wieder draußen auf dem Bürgersteig stand, peitschten ihr dicke Regentropfen ins Gesicht und sie eilte die verlassene Straße hinunter zu ihrem Auto.
—
Rebekka hatte gerade die Tür zum Sommerhaus aufgeschlossen, als ihr Handy klingelte. Es war Brodersen.
»Wir haben die Ergebnisse der DNA -Proben von Caroline Nørvangs Leiche. Ich möchte dich gerne sofort in meinem Büro sehen.«
Rebekka merkte, wie sich ihr Hals zusammenschnürte. Allein Brodersens Tonfall konnte sie entnehmen, dass etwas nicht stimmte, absolut nicht stimmte.
»Ich bin im Sommerhaus. In Veddinge Bakker.«
»Allein?«
»Ja, allein. Wo ist das Problem?«
»Rebekka, hör gut zu, was ich jetzt sage«, Brodersen sprach gedämpft, vertraulich, und ihr Griff um das Handy wurde fester.
»Wir haben Rezas DNA auf der Leiche von Caroline Nørvang gefunden.«
Rebekka wurde kurz schwarz vor Augen, sie musste sich am Küchentisch festhalten. Ihre Tasche fiel mit einem lauten Knall auf den Boden.
»Ja, aber wie …?«, murmelte sie verwirrt.
»Die beiden schwarzen Haare, die wir auf Carolines Leiche und auf einem ihrer Stiefel gefunden haben, sind beide von Reza Aghajan. Leider.«
»Nein!« Sie hörte ihren eigenen Schrei und bekam Angst.
»Rebekka. Wir können Reza nicht finden. Sein Handy ist ausgeschaltet. Ist er bei dir?«
»Nein, ist er nicht. Ich bin heute Abend bei ihm vorbeigefahren …«
»Das weiß ich.«
»Überwacht ihr ihn? Oh Gott …«, flüsterte sie.
»Natürlich tun wir das. Er ist gefährlich, Rebekka.«
Der Schwindel nahm zu. Die blaue Küche drehte sich, schneller und schneller. Sie konnte das Handy fast nicht mehr halten.
»Du kennst Reza am besten, Rebekka. Hast du eine Idee, wo er sein könnte?«
»Nein«, flüsterte sie heiser. »Ich habe keine Ahnung.«
»Wir müssen ihn so schnell wie möglich finden. Bevor noch mehr passiert …« Brodersens Stimme war unheilverkündend.
»Ihr müsst euch irren. Reza würde so etwas nie tun. Das weiß ich. Ich habe eine gute Menschenkenntnis. Reza ist ein guter Mensch.«
»Du hast dir nichts vorzuwerfen, Rebekka.«
»Ja, aber …« Rebekkas Stimme ging in einem lauten Rauschen unter.
»Ich kann dich nicht hören, Rebekka … Bist du … noch … da?« Brodersens Stimme war abwechselnd ganz nah und ganz weit weg. Mal hatte sie Empfang, mal nicht. Rebekka fluchte innerlich.
»Reza ist nicht unser Mann. Das weiß ich«, rief sie so überzeugend wie möglich ins Telefon.
Gerade war Brodersen wieder deutlich zu verstehen.
»Soll ich nicht ein paar Leute schicken, die dich holen?«
»Das ist verrückt … warum sollte Reza mir etwas tun?«
»Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass er dich aufsucht und versucht, dir seine Situation verständlich zu machen, damit du ihm hilfst.«
Nach dem Gespräch stand Rebekka einen Augenblick mit geschlossenen Augen da. Sie zitterte so heftig, dass sie ihre Bewegungen nicht kontrollieren konnte, und ließ sich auf den Boden gleiten, da sie Schwierigkeiten hatte aufrecht zu stehen. Sie konnte einfach nicht fassen, was da passierte. Eine Kaskade von Episoden, die sie zusammen mit Reza erlebt hatte, wirbelte an ihrem inneren Auge vorbei. Ein lachender Reza, ein aufmerksamer Reza, ein nachdenklicher Reza. Sie rief sich das Bild von Rezas Mutter in Erinnerung, wie sie beim Abendessen ihrem Sohn über die Haare gestrichen hatte, eine Bewegung voller
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