Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
Zigarette beschäftigt. Er inhalierte tief, dann schlug er sich mit den Fingern auf die Wange, woraufhin eine Reihe von Rauchringen aus seinem Mund entwich. Rebekka erinnerte sich, wie sie als Teenager stundenlang versucht hatte, Rauchringe zu produzieren, während sie in ihrem Zimmer gesessen und darauf gewartet hatte, dass die Zeit verging.
Sie sah sich verstohlen in dem kleinen Raum um. Auf dem Boden lagen Stapel von Schmutzwäsche, Zeitschriften, leere Flaschen und Süßigkeitenverpackungen. Es war offensichtlich, dass hier lange keiner aufgeräumt hatte.
»Wie ist dein Verhältnis zu Sofie?«
Mark zog noch einmal an seiner Zigarette und stieß langsam den Rauch aus. »Okay.«
»Versuch bitte, mir etwas über sie zu erzählen.«
Mark drückte die Zigarette in dem vollen Aschenbecher aus. Ein wenig Asche fiel auf das Laken. Er ließ sie liegen, und Rebekka widerstand dem Drang, sie wegzubürsten.
»Wir haben nicht so viel miteinander zu tun.« Seine Stimme war brüchig, als hätte er zu viel getrunken, was er vermutlich auch hatte.
»Seid ihr so etwas wie Vertraute, erzählt ihr euch Geheimnisse, die ihr nicht mit anderen teilt?«
Mark schüttelte den Kopf. »Nein, wir haben kein besonders enges Verhältnis. Nicht, dass wir nicht gut miteinander auskommen würden, aber wir sind eben keine dicken Freunde.« Er zögerte und fügte dann hinzu: »Das liegt auch am Altersunterschied. Ich werde in ein paar Wochen siebzehn – sie wird nächstes Frühjahr erst zehn.«
Rebekka nickte verständnisvoll. Sie erinnerte sich plötzlich an Robins fettige Hand in ihrer, die Erinnerung schwappte in ihrem Bewusstsein hin und her wie eine Welle, bevor sie sich wieder zurückzog.
»Ich bin mir sicher, dass du trotzdem ein gutes Gespür dafür hast, wie es Sofie so geht, und umgekehrt?«
Mark nickte. »Ja, sie ist einigermaßen gut in der Schule, im Gegensatz zu mir.« Er lachte heiser.
»Du bist nicht gut in der Schule?«
Er schüttelte heftig den Kopf und räusperte sich. »Mir ist es immer schwergefallen, zu lesen, zu schreiben und zu rechnen – diese ganzen Sachen. Ich hab ADHS und bin Legastheniker. Deshalb geh ich auch nicht mehr in die Schule.«
»Was machst du dann?«
Er zuckte mit den Schultern. Zündete sich eine neue Zigarette an. »Nichts. Ich ziehe mit den Jungs um die Häuser und so. Spiele Xbox und sehe mir Filme an. Und rauche.«
»Ich gehe mal davon aus, dass du nur Zigaretten meinst, wenn du sagst, du rauchst.«
Sie lächelte ihn an, und er erwiderte das Lächeln. Ein paar schöne weiße Zähne wurden sichtbar, ein kleiner Funke entzündete sich in den ernsten Augen, erlosch aber langsam wieder, während auch das Lächeln schwand.
»Hat deine Schwester auch Freunde und Freundinnen?«
Erneutes Schulterzucken. »Ich bin nicht so viel zu Hause. Ich bin meistens mit meinen Kumpels oder meiner Freundin zusammen. Wenn ich zu Hause bin, sitze ich die meiste Zeit hier drinnen. Aber sie hat bestimmt ein paar Freundinnen, wir bringen nur sehr selten Freunde mit nach Hause. Meiner Mutter wird das schnell zu viel. Tanja, meine Freundin, war nur ein- oder zweimal bei mir zu Hause.« Mark seufzte leise.
»Ist es bei Tanja zu Hause denn schön?«, fragte Rebekka mitfühlend und dachte an ihre eigene Jugend. Sie hatte auch nur selten Freunde zu Besuch gehabt. Irgendwie war ihr das in dem Reihenhaus in Ringkøbing nicht in den Sinn gekommen.
Mark lächelte. »Tanja ist gerade in eine eigene Wohnung gezogen. Es ist nur ein Einzimmerapartment, aber es ist trotzdem gemütlich. Die Wohnung liegt in Hvidovre, also nicht so weit weg.«
Rebekka lächelte ebenfalls. »Was kannst du mir sonst noch über deine Schwester erzählen?«
»Sofie läuft gern alleine herum, sie streift oft durchs Viertel, alle hier kennen sie.«
»Hat sie dir mal von ihren Streifzügen erzählt? Wen sie getroffen hat oder ob sie jemanden besucht?«
Mark schüttelte den Kopf.
»Wir haben unter dem Bett deiner Schwester Geld gefunden. Eintausendeinhundert Kronen, um genau zu sein«, fuhr Rebekka fort.
Mark nickte. »Das hat Steffen mir erzählt. Gestern. Als Sie wieder weg waren.«
»Weißt du, woher Sofie das Geld hat?«
Mark schüttelte erneut den Kopf. »Von unserer Mutter hat sie es nicht, das ist sicher. Sie hat kein Geld, und wir bekommen nie Geld geschenkt. Wir bekommen nur Sachen, die wir ohnehin brauchen, Kleidung und so.« Er zögerte kurz und fuhr fort: »Es kann sein, dass sie es sich mit irgendwelchen kleinen Jobs verdient
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