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Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)

Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)

Titel: Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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korrekten Ausdruck, »…es mit Farbigen zu tun hat.«
    »Dann hättest du einmal hören sollen, wie er gestern mit mir geredet hat. Er war herablassend und hat mich mehrmals mitten in einem Satz unterbrochen. Das war mehr als deutlich.«
    Rebekka dachte einen Moment über Rezas Worte nach. Sie hatte vier Monate mit Ryan beim FBI verbracht und war der Meinung, dass sie ihn ganz gut kennengelernt hatte. Natürlich war das vier Jahre her, und Menschen veränderten sich, aber trotzdem. Reza schien ihr zurzeit aber auch etwas leicht reizbar.
    »Das tut mir leid«, meinte sie aufrichtig. »Bist du sicher, dass du nicht Ted Palmer meinst? Er kann schon ein wenig kühl oder arrogant wirken.«
    Reza zuckte mit den Schultern. »Vergiss es, Rebekka. Es ist ja nicht deine Schuld oder dein Problem«, antwortete er und ging zurück an seinen Schreibtisch.
    —
    Bo döste. Der Rausch verzog sich nur langsam, und sein Körper war so schwer, als wäre er hundert Jahre alt. Er hatte sich einen ordentlichen Joint drehen müssen, um nach dem verdammten Verhör seine Nerven zu beruhigen. Bo atmete tief ein, zwang sich, nicht mehr an die Polizei zu denken, und ließ seine Gedanken zu seinem großen Bruder Steffen wandern. Steffen war immer derjenige gewesen, der die Dinge anpackte – im Gegensatz zu ihm, der sich damit begnügte, über das Leben nachzudenken. So war es, seit sie noch ganz klein waren, und das war auch der Grund, weshalb Steffen so viel älter wirkte, obwohl in Wirklichkeit nur knapp drei Jahre zwischen ihnen lagen. Steffen wusste immer, was zu tun war, an wen man sich wenden musste, was man sagte. Und Bo stand immer ein wenig hinter dem Bruder zurück und staunte über dessen Energie.
    Bo erinnerte sich an einen Heiligabend, an dem die Eltern nicht nach Hause gekommen waren. Sie wollten nur eben ihren Freunden in der Stammkneipe schöne Weihnachten wünschen, hatten sie gesagt und versprochen, nicht länger als eine Stunde wegzubleiben. Ihre große Schwester hatte Weihnachten bei ihrem Freund gefeiert, und Bo wusste noch gut, wie er und Steffen rastlos in dem Reihenhaus herumgelaufen waren und darauf gewartet hatten, dass die Eltern nach Hause kamen. Sie waren damals zehn und dreizehn Jahre alt gewesen.
    Es verging eine Stunde, es vergingen zwei, es vergingen drei. Steffen war in regelmäßigen Abständen auf die dunkle, spiegelglatte Straße hinausgegangen, um zu sehen, ob sie im Anmarsch waren. Doch er war wenig später mit einem kleinlauten Gesichtsausdruck wieder zurück ins Haus gekommen. An den dünnen Armen hatte er Gänsehaut gehabt, der Winter war eisig gewesen. Bo erinnerte sich noch immer an das Gefühl von Panik, den kalten Sog der Verzweiflung im Bauch und die umliegenden Reihenhäuser, die im Glanz der Kerzen erstrahlten. Als vier Stunden vergangen waren, hatte Steffen ihn entschlossen angesehen.
    »Na schön, dann machen wir das eben so.«
    Steffen hatte die halb aufgetaute Ente in einen großen Kopf getan, nachdem er sie mit Pflaumen und Äpfeln aus dem Weihnachtskorb gefüllt hatte, den sie vom Sozialamt bekommen hatten. Sie hatten gemeinsam Kartoffeln gekocht, Gas und Elektrizität waren glücklicherweise nicht abgeschaltet gewesen, und den Rotkohl hatten sie einfach in eine Schüssel gegeben, direkt aus dem Glas. Steffen hatte den Tisch mit Servietten und allem Drum und Dran gedeckt und den Weihnachtsbaum angemacht, und sie hatten in dem kleinen Wohnzimmer am Esstisch gesessen und sich an der Mahlzeit und den Lichtern und dem Baum gefreut, soweit ihnen das möglich gewesen war. Als die Eltern gegen Mitternacht stockbetrunken die Treppe hochgestolpert waren, hatten sie bereits geschlafen. Wenn Steffen nicht gewesen wäre, hätte Bo sich ins Bett verkrochen und wäre in einer Mischung aus Missmut und Selbstmitleid dort geblieben. Steffen hatte ihren Weihnachtsabend gerettet.
    Bo tastete nach der Zigarettenpackung, fischte eine heraus, zündete sie an und inhalierte tief. Es zwickte in den Lungen. Er inhalierte noch tiefer, hielt den Rauch länger fest. Es kam ihm so vor, als wären die anderen mit einem Handbuch fürs Leben ausgerüstet, einem Navigator, der sie hindurchmanövrierte, sodass sie wussten, was zu tun war. Er dagegen war ein Mann, der sich orientierungslos am Startblock herumtrieb und nie aus den Startlöchern kam.
    Die Zigarette fiel ihm auf die Decke. Verdammt. Bo richtete sich in eine sitzende Position auf und sah, dass sie bereits ein kleines, schwarzes Loch in den verwaschenen

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