Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
noch für das Geld tun? Solltest du Søren anfassen?«
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
»Hat Søren dich angefasst?«
Erneutes Kopfschütteln.
»Ich sollte nichts anderes machen. Ich sollte nur mein Höschen ausziehen. Wie wenn man ins Bad geht, hat er gesagt.« Wieder eine Blase. Das hellrote Zeug klebte um ihren Mund. »Das war alles. Ich habe nur mein Höschen ausgezogen, während er zugesehen hat. Dann habe ich das Geld bekommen.«
Karina trank einen Schluck von der Limo, die sie zu Beginn der Befragung bekommen hatte.
Draußen vom Gang war lautes Stimmengemurmel zu hören. Im Nachbarbüro klingelte ein Telefon, und auf dem Fenstersims draußen gurrte eine Taube.
»Ich muss mir ganz sicher sein, Karina. Hat Søren dich angefasst, vielleicht nicht mit den Händen, sondern mit irgendetwas anderem, mit einem Gegenstand?«
»Nein, hat er nicht.« Das Mädchen klang jetzt verärgert. »Søren mag niemanden anfassen. Das hat er mir selbst erzählt. Er wollte nur mein Höschen.«
»Okay.« Rebekka brachte ein aufmunterndes Lächeln zustande. Sie durfte jetzt keinen Fehler machen.
»Was hast du deiner Mutter gesagt, wenn du ohne Unterhöschen nach Hause gekommen bist?«
»Nichts. Meine Mutter hat das nicht gemerkt.«
»Du hast ihr nichts erzählt?«
Karina sah Rebekka verblüfft an und schüttelte ihren blonden Kopf. »Nein, das war doch unser Geheimnis. Das hat Søren gesagt.«
»Von wem bekommt Søren sonst noch Besuch?«
Das Mädchen zuckte mit den Schultern und machte einen gelangweilten Eindruck. »Das weiß ich nicht, aber ich weiß, dass auch andere Kinder kommen. Das hat Søren erzählt. Deshalb hat er auch immer Kekse und Limo im Schrank. Manchmal hat er auch Süßigkeiten. Ich liebe Süßigkeiten.«
»Hat er gesagt, wie die anderen Kinder heißen?«
Rebekka legte ein Foto von Sofie vor Karina auf den Tisch. »Sieh dir das Bild gut an, Karina. Dieses Mädchen hier heißt Sofie und wohnt in der Nähe von dir und Søren. Hast du sie schon mal bei Søren gesehen?«
Das Mädchen beugte sich vor und sah sich das Foto an. Dann trank sie einen Schluck Limo und nickte. »Das ist die, die tot ist, nicht?«
Rebekka nickte ruhig.
»Sie war einmal da. Sie hat geklingelt, als ich gerade gehen wollte. Wir haben nur Hallo gesagt. Søren hat sich gefreut, als sie kam.«
Rebekka schauderte bei dem Gedanken. Sie war überzeugt, dass auch Sofie Søren ihr Höschen gegeben hatte, und plötzlich konnte sie die Ergebnisse der DNA -Proben kaum erwarten.
»Danke, Karina. Du warst uns eine große Hilfe.«
Karina nickte und blies noch eine große Kaugummiblase.
—
»Wo warst du?« Anita trat ganz nah an Steffen heran, lehnte sich gegen ihn, schnupperte, als könnte sein Geruch ihr verraten, wo er gewesen war.
»Ich war nur kurz bei Bo.« Er machte sich von ihr los, floh in die entgegengesetzte Ecke der Küche und hantierte mit irgendetwas herum, mit dem Rücken zu ihr, geistesabwesend. Trotzdem spürte er ihre Augen auf sich, klebrig und anklagend.
»Warum? Warum bist du drüben bei Bo, während ich hier sitze und dich brauche? Jetzt, wo Sofie tot ist?«
Ihre Stimme war schrill, und er seufzte laut. Er ertrug sie nicht mehr, jeder nähere Kontakt löste bei ihm eine Art heftige allergische Reaktion aus. Er bekam Atemnot, spürte den Puls im Körper rasen, und einen Moment lang stürzten die Erinnerungen auf ihn ein – ihre Streitereien, ihre Vorwürfe, die scharfen Nägel, die seine Haut aufrissen, ihre Augen, schwarz vor Wut. Sie hatte immer Schwierigkeiten gehabt, ihr Temperament im Zaum zu halten, und im Laufe der Jahre war es immer häufiger vorgekommen, dass er sie aus peinlichen Situationen hatte retten müssen, wo sie über die Stränge geschlagen hatte, nicht zuletzt vor den Kindern. Ihr Hausarzt hatte etwas von einer Depression gesagt. Depression? Anita musste sich einfach zusammenreißen. Ständig hing sie in der Küche herum, statt ihre täglichen Aufgaben zu erledigen.
Die grelle Stimme war in ein Brüllen übergegangen. Anitas Gesicht, das normalerweise blass war, hatte vor Wut eine dunkelrote Färbung angenommen, die Augen traten aus den Höhlen hervor, und ihr Mund glich einem schwarzen Krater. Der Anblick verursachte ihm Übelkeit. Die Lust, sie zu zerstören, sie zusammenzuschlagen, wuchs, und er ballte die Hände zu Fäusten, versuchte, diese Lust zu bekämpfen. Anita näherte sich ihm, trat ganz nahe an ihn heran. Sie roch säuerlich, ungewaschen.
»Du fickst sie!«, schrie sie. »Du
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