Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
genug Dänisch, obwohl sie natürlich auf die Sprachenschule geht, um es zu lernen.«
Rebekka und Simonsen baten darum, alleine mit Rocel reden zu können, doch nach zehn Minuten war ihnen klar, dass sie nicht mehr wusste als Carolines Eltern. Sie erklärte ihnen, sie habe Caroline zuletzt am Nachmittag gesehen. Caroline habe gesagt, sie wolle in die Reitschule gehen und spätestens um zwanzig Uhr zu Hause sein. Die junge Frau hatte keine Idee, wo das Mädchen sein könnte, und hielt daran fest, dass Caroline sich genauso benommen habe wie immer.
Simonsen rief die Eltern zurück ins Wohnzimmer. Asger Nørvang half seiner verweinten Frau zum Sofa und deckte sie fürsorglich mit einer Decke zu. Dann setzte er sich neben sie und sah Rebekka und Simonsen verzweifelt an.
»Wir müssen die ganze Zeit an das andere Mädchen denken, an Sofie. Das furchtbare …«
»Der Täter, der Sofie Kyhn Larsen ermordet hat, sitzt in seiner Zelle im Westgefängnis. Sie können ganz beruhigt sein …«, sagte Simonsen und fügte hinzu, dass sie versuchen sollten, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Jedes Jahr verschwänden viele Kinder, und die meisten würden bei guter Gesundheit wiedergefunden. »Wir leiten eine größere Fahndung ein, um Ihre Tochter zu finden«, schloss er und ging in die Diele hinaus, um die nötigen Anrufe zu tätigen.
Regitze Nørvang atmete mehrmals tief durch. Es war offensichtlich, dass sie alles tat, um sich zu beherrschen und so gefasst wie möglich zu erscheinen. Rebekka bat darum, nach oben gehen und sich Carolines Zimmer ansehen zu dürfen.
Es war ein typisches Mädchenzimmer in Weiß und Türkis. Über dem Bett hing ein signiertes Plakat des Sängers Rasmus Seebach, und auf der Fensterbank standen eine Reihe von Fotos, die einen Grauschimmel zeigten, von dem Rebekka annahm, dass es sich um Perle handelte, Carolines Pferd. Das Mädchen war ganz offensichtlich ordnungsliebend, der Schreibtisch war aufgeräumt, und in den Schubladen, die Rebekka öffnete, lag alles, von den Bleistiften bis zum Papier, schnurgerade da. In ihrem Kleiderschrank sah es genauso aus. Alles war ordentlich zusammengefaltet, Hosen und Kleider hingen akkurat auf Bügeln. Sie ging Carolines Bücher durch: Twilight und andere Mädchenbücher. Sie entdeckte ein Freundschaftsbuch mit diversen Einträgen.
Rebekka ging wieder hinunter ins Wohnzimmer. Asger Nørvang hatte in der Zwischenzeit Tee zubereitet. Seine Frau saß mit einem Cognacglas in der Hand auf dem Sofa. Draußen hatte der Wind zugenommen. Irgendwo im Haus heulte ein Hund, und Rocel wurde geschickt, um ihn ins Wohnzimmer zu lassen. Kurz darauf kam ein schwanzwedelnder, weißer Labrador auf sie zugesprungen. Rebekka streckte die Hand aus und wurde mit einem feuchten Lecken begrüßt.
»Hat Caroline einen Computer?«
Das Ehepaar Nørvang nickte synchron. Carolines Laptop stehe im Computerzimmer unten im Keller. Nein, sie habe kein Facebook-Profil und sei gar nicht so interessiert am Internet wie viele Gleichaltrige, erzählte Asger Nørvang und ging in den Keller, um den Computer zu holen. Kurz darauf kam er mit einem MacBook und einem kleineren, türkisen Handy zurück. Kleinlaut sah er sie an.
»Ich habe das Handy meiner Tochter im Keller gefunden, der Akku ist leer. Deshalb haben wir sie nicht erreicht.«
»Ach, Asger.« Regitze Nørvang setzte sich abrupt auf. »Dann kann sie doch auch nicht um Hilfe rufen. Oh Gott, deshalb hat sie das Handy doch damals bekommen. Damit sie immer um Hilfe rufen kann.«
Regitze Nørvang beugte sich vor und ließ das Cognacglas los, das durch die Luft schwebte, um dann auf dem Fischgrätparkett mit einem leisen Klirren zu zerspringen. Sie bemerkte es nicht, schaukelte lediglich hin und her, eingepackt in ihre Decke, während sie leise, jammernde Laute von sich gab, die sich in den Nervenbahnen ablagerten wie das Geräusch eines Nagels, der über eine Tafel kratzt.
—
»Wir werden sie schon finden, meinst du nicht?«
Simonsen lehnte sich im Autositz zurück. Rebekka zuckte mit den Schultern, während sie all die Gedanken unter Kontrolle zu bringen suchte, die ihr durch den Kopf schwirrten. Sie betrachtete ihre Hände, die auf dem Lenkrad ruhten, und plötzlich wurde ihr bewusst, wie viel es ihr bedeutete, auf dem Fahrersitz zu sitzen, zu lenken – selbst wenn es um ihr eigenes kleines Auto ging. Sie hatte das Auto zu ihrem achtzehnten Geburtstag bekommen und es kaum erwarten können, den Führerschein zu machen. Das
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