Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
Vom Netzwerk:
warteten mehr als drei Stunden auf die Kontaktaufnahme. Marvel hielt nichts von Klimaanlagen, und so waren alle Türen und Fenster weit geöffnet. Im Garten an der Rückseite des Hauses hatten sie einen kleinen Gemüsegarten mit einem dreißig Quadratmeter großen Süßmaisbeet angelegt, und ich konnte den Mais in der warmen Luft, die durch die Tür der hinteren Veranda hereinströmte, riechen. Johns Freunde hatten bereits an den Highways zu beiden Seiten des Flusses, im Norden wie im Süden, ihre Wartepositionen bezogen. Ich schaute immer wieder auf die Landkarten, versuchte, unsere Chancen auszuloten.
    Man muss dazu die Besonderheiten des Mississippiflusslaufs im Süden berücksichtigen. Nach einer katastrophalen Überschwemmung in den späten 1920er-Jahren wurde der Unterlauf des Mississippi zwischen Dämme gezwängt. Diese Dämme wurden nicht dicht an der Wasserlinie des Flusses gebaut, sondern dem Verlauf der Anhöhen zu beiden Seiten angepasst, oftmals hunderte Meter vom eigentlichen Flusslauf und dem normalen Hochwasserstand entfernt. Einige Städte an wichtigen Übergängen blieben zum Fluss hin offen, aber die meisten anderen lagen hinter den Dämmen.
    Wenn man durch die Staaten Arkansas, Mississippi und Louisiana am Fluss entlang nach Süden fährt, sieht man kaum
einmal das Flussbett. Umgekehrt sieht man bei einer Bootsfahrt auf dem Fluss selbst meist nur die Dächer kleiner Städte und Ortschaften über den Rand der Dämme hinweg, und man kann nur an Land gehen und zu den Orten gelangen, wenn man es in Kauf nimmt, sich durch das verwachsene Gewirr von Büschen und Unkraut entlang der Ufer, durch Morast, Sumpfgelände und das Brackwasser kleiner Seitenarme arbeiten zu müssen.
    Falls jemand einmal in Eile auf der Suche nach Giftschlangen sein sollte – Klapperschlangen, Dreieckskopfottern, Mokassinschlangen -, der Landstreifen zwischen dem Damm und dem Mississippi, von Memphis bis New Orleans, ist genau der richtige Ort dafür.
     
    Vielleicht war ich völlig verbohrt in dieses Flussüberquerungsszenario. Ich war sicher, dass Carp dieser Gedanke gekommen war, aber bei längerem Nachdenken würde er bestimmt auch erkennen, dass er im Paddel- oder Ruderboot draußen in der Flussmitte zur leichten Beute für einen Verfolger in einem Motorboot werden konnte. Um elf Uhr war ich überzeugt, dass er sich nicht in einem Boot über den Fluss absetzen würde; stattdessen würde er in den Wäldern verschwinden, vermutlich querfeldein auf seinem Mountainbike. Soweit wir wussten, hatte er kein Geld, um etwas Anspruchsvolleres zu versuchen.
    Mein Handy klingelte. Ich hatte es vor mich auf den Tisch gelegt. Wir starrten es an, als ob es eine Mokassinschlange wäre. Dann klingelte es ein zweites Mal, und ich riss es ans Ohr. »Ja?«
    »Sind Sie in Longstreet?«
    »Ja, gerade angekommen«, sagte ich. »Ich bin total übermüdet, kann kaum die Augen offen halten.«
    »Sie haben den Laptop?«

    »Ja, natürlich. Aber ich will Ihnen noch was sagen: Sie haben vielleicht vor, uns bei der Übergabe des Mädchens auszutricksen. Wir geben Ihnen wie abgemacht den Laptop, aber versuchen Sie nicht, falsche Spielchen mit uns zu treiben. Sie können nicht genau wissen, wer wir sind und wozu wir fähig sind, doch wenn Sie Rachel etwas antun, werden wir Sie finden, und dann gibt es kein Pardon mehr. Wir schneiden Ihnen den verdammten Kopf ab. Haben Sie das verstanden?«
    »Ich scheiß’ drauf. Bringen Sie den Laptop.«
    »Noch mal – es bringt Ihnen nichts, wenn Sie uns auszutricksen versuchen …«
    »Ich habe mir alles gut überlegt … Also, hören Sie zu: Wissen Sie, wo Universal liegt?«
    »Universal? Was ist das?«
    »Eine Ortschaft, fünfzehn Meilen südlich von Longstreet. Ein Café, eine Tankstelle, ein Lebensmittelladen. Fragen Sie Ihre Freunde.«
    Ich sah John an. »Ein Ort mit Namen Universal?«
    Er nickte. »Südlich von hier.«
    Ich wandte mich wieder an Carp: »Okay. Sie wissen, wo der Ort liegt.«
    »Fahren Sie hin. Lassen Sie die Finger von Ihrem Mobiltelefon. Wenn Sie sofort losfahren, vom Haus Ihres Freundes, kommen Sie in einundzwanzig Minuten dort an. Und ich melde mich in genau einundzwanzig Minuten wieder bei Ihnen.«
    »Rachel …«
    »Ich erzähle Ihnen beim nächsten Anruf, wie’s um Rachel steht.« Und weg war er.
     
    Bevor wir aufbrachen, zeigte mir John noch auf der Karte, wo Universal lag. »Da unten gibt es eine ausgedehnte Hügelkette, vollständig bewaldet. Ich wette, er sitzt oben im Wald, wo er den

Weitere Kostenlose Bücher