Todesspiel
Monsunregen, mitten in der Nacht zu unserem Wagen gingen. Für den Fall, dass wir von einem an Schlaflosigkeit leidenden Nachbarn vor Bobbys Haus gesehen wurden und die Cops später in den Medien berichteten, sie suchten nach einem Weißen und einem Schwarzen, die in der Mordnacht am Tatort gesichtet worden seien, mussten wir vermeiden, dass der Nachtportier im La Quinta sich an uns erinnerte.
Statt also zum Motel zu fahren und dort über die Sache zu reden, drehten wir eine Runde durch Jackson, wobei die Scheibenwischer verzweifelt gegen den Regen ankämpften und wir dauernd die angelaufenen Scheiben säubern mussten. Im Dialog überlegten wir, was wir tun sollten und mussten. Wir hatten zwei miteinander verwobene Probleme: zum einen, Bobby so etwas wie Gerechtigkeit zukommen zu lassen, also seinen Mörder aufzuspüren; zum anderen, den Laptop zu finden. Hinweise aus dem Leben der meisten Mitglieder des Rings steckten in diesem Ding. Ereignisse, Daten, Zeiten, Orte. Bobby hatte bei weitem zu viel gewusst – es war, als ob die Personalakte des legendären J. Edgar Hoover sich selbstständig gemacht und eine Wanderung durch das Land angetreten hätte.
»Da kommt eine kitzlige Sache auf uns zu«, sagte ich. Wir
fuhren an einer eingezäunten, von orangefarbenen Sicherheitslampen erhellten freien Fläche vorbei. Einzelheiten der Gebäude im Hintergrund waren nicht zu erkennen; sie wirkten grau und zusammengekauert, als ob der Regen sie niederdrücken würde. »Wenn wir die Polizei von Jackson anrufen, kriegen wir es mit den Cops von der Mordkommission zu tun, die sich Notizen machen und vielleicht auch einen Computer benutzen, aber das meiste, was bei ihren Ermittlungen rauskommt, wird für uns unzugänglich bleiben. Die Telefonate, die sie führen, die Gespräche, die Verhöre … Wir werden keine Möglichkeit haben, uns in die Ermittlungen einzuklinken. Und wenn der Killer ein raffinierter Außenseiter ist, wovon wir ausgehen können … Dann werden die Cops ihm nicht auf die Spur kommen.«
»Woher willst du das alles wissen?«
»Weil ich solche Situationen oft genug erlebt habe, um die Anzeichen zu erkennen. Der Täter hat höchstwahrscheinlich keine Spuren hinterlassen. Außerdem war ich, wie du weißt, mit einer Polizistin liiert. Und ich habe einige, hmm, grundsätzliche Nachforschungen im Computersystem der Stadtpolizei von Minneapolis angestellt.«
»Du bist ein kalter Hund, Kidd.« John war romantisch veranlagt und schüttelte den Kopf über meine vermeintliche Gefühlskälte.
»Heh, ich habe mich nicht an die Frau rangemacht, um in das Computersystem der Cops reinzukommen«, verteidigte ich mich. Ich schaltete das Gebläse ein und lenkte die heiße Luft zur Windschutzscheibe. Schwermütige Gedanken wegen meiner verlorenen Liebe stürmten wieder auf mich ein. »Ich war mit dieser Frau zusammen, weil ich sie geliebt habe. Das Cop-Computersystem war eine zufällige Begleiterscheinung.«
»Okay.« Er war sich offensichtlich nicht sicher, ob er mir glauben sollte. »Also, was machen wir?«
»Wenn wir das FBI informieren und sagen, dass es sich bei dem Toten um den Bobby handelt, nach dem alle Welt fahndet, werden die Feds sich mit aller Macht auf den Fall stürzen. Wir werden dann in der Lage sein, ihren Ermittlungsergebnissen auf der Spur zu bleiben – die Hälfte der Mitglieder des Rings hat das FBI-Computersystem schon mal geknackt. Aber was ist, wenn die Feds den Laptop finden? Es wäre das Schlimmste, was uns passieren könnte, wenn der Laptop bei der Computer-Spezialabteilung des FBI landen würde und sich rausstellen sollte, dass die Dateien nicht verschlüsselt sind.«
»Selbst wenn sie verschlüsselt wären, würden die Feds mit ihren verdammten Supercomputern die Dateien wie’ne Walnuss knacken können.«
John ist kein Kenner der Computermaterie. Ich sagte: »Nein, das können sie nicht. Wenn Bobby die Dateien verschlüsselt hat und die Schlüssel in seinem Gedächtnis abgespeichert hat und sonst nirgends, sind sie nicht zu knacken.«
»Wirklich?« Immer noch skeptisch. »Und was ist über das FBI hinaus mit der CIA und der NSA und all den anderen Drei-Buchstaben-Institutionen?«
»Bestimmte Softwarepakete, die Bobby benutzt hat – und die inzwischen fast jeder benutzt -, erlauben es, Dateien absolut sicher zu verschlüsseln. Selbst dann, wenn das ganze Universum aus Computern bestehen und man versuchen würde, den Schlüssel zu knacken, bliebe nicht genug Zeit im Leben des Universums, es
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