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Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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hätte ihn angreifbar gemacht. Also hat er sich virtuelle Server geschaffen. Sein ganzes Zeug ist … irgendwo da draußen. Alles, was nicht im Laptop steckte.«
    John runzelte die Stirn, sagte dann: »Wir müssen nachschauen, ob wir irgendwo Handschuhe finden, damit wir nicht überall Fingerabdrücke hinterlassen.«
     
    Bobbys Haus war eine Mischung aus Alt und Neu. Alle Räume hatten Holzfußböden, aus Bohlen wie in den alten Farmhäusern im Süden. Im Esszimmer lag ein ziemlich abgetretener Orientteppich, der vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zu stammen schien. Er war keinesfalls billig, sah nach einem Erbstück aus und passte gut zur Einrichtung des Zimmers. Ein rundes Dutzend Zimmerpflanzen waren in den sechs Räumen verteilt, darunter einige Orchideen, von denen eine blühte – mit wunderschönen weißen Blüten wie silberne Monde. Ein Wandklavier mit geöffnetem Tastaturdeckel stand in einer Ecke des Wohnzimmers, ein Blatt mit Cole Porters »I Get a Kick Out of You« aufgeschlagen auf dem Notenpult. Ansonsten waren die üblichen Unterhaltungsgeräte vorhanden – ein großes Fernsehgerät, Videospiele, ein Stereosystem mit CD-Player und hunderten CDs aus den Bereichen Jazz und klassische Musik sowie ein moderner Plattenspieler für Vinylplatten, dazu mehrere hundert solcher alten Scheiben.
Er hatte Elvis Presley besonders gemocht, wie ich sah, darüber hinaus all die großen alten Meister des Blues.
    Und es gab eine Reihe von Fotos. Gerahmte Fotos einzelner Gesichter, aber auch Gruppenaufnahmen von Menschen, die sich um Autos scharten oder vor Hausfronten posierten, alles Schwarze, die in die Kamera lächelten, die Männer gekleidet in Anzüge, die Frauen in hübsche Kleider, als kämen sie gerade aus der Kirche oder von einer Hochzeit. Der Stil der Fotos, die Kleidung der Menschen und die Autotypen ließen darauf schließen, dass die Aufnahmen aus der Zeit zwischen 1930 und 1980 stammten.
    Und es gab Bücher. Lange Regalreihen mit Computer-Fachbüchern, aber auch mit Kriminalromanen, Thrillern und allgemeiner Belletristik. Das Buch von Annie Proulx »That Old Ace in the Hole« lag aufgeschlagen auf einem Sessel vor dem Großbild-Fernseher. Ein komfortables Haus, ein bequemes Heim – jetzt allerdings nur noch für einen Wäschehaufen in einer Zimmerecke, aus dem ein knochiges, ausgehungertes Gesicht ragte, umgeben von einer Blutlache …
    In einer Küchenschublade fanden wir eine Schachtel mit Plastikhandschuhen, genauer gesagt drei Schachteln, was darauf schließen ließ, dass Bobby unter Allergien gelitten hatte, zusätzlich zu seiner schweren Behinderung – ganz zu schweigen von dem Problem, das zu seinem Tod geführt hatte, was auch immer es gewesen war.
    Wir durchsuchten das Haus rund eine Stunde lang, beeilten uns, passten jedoch auf, nichts zu übersehen und keine Spuren zu hinterlassen. Das Haus war auf die Belange eines Behinderten zugeschnitten – es gab nur das Erdgeschoss, keinen Keller und keinen ausgebauten Speicher; über eine Klappe in der Decke konnte man zwar unter die Dachschräge steigen, aber dazu war Bobby nicht fähig gewesen. Wir gingen also davon aus, dass sich alles, was wichtig für ihn war, in den
Räumen des Erdgeschosses befinden musste. Wir suchten nach Datenträgern, Ausdrucken, Akten, nach allem, was mit Bobbys komplizierten Computeraktionen in Zusammenhang stehen konnte.
    Eine halbe Stunde brachte ich damit zu, zwei Aktenschränke zu durchstöbern, die vor allem Unterlagen zur Einkommenssteuer und zu getätigten Investitionen enthielten. Soweit ich feststellen konnte, gab es nichts, was sich auf seine Computeraktivitäten bezog, bis auf Rechnungen von IBM und Dell über Käufe von Computerzubehör. Ich nahm sie heraus und legte sie in einen leeren Obstkarton der Firma Harry & David.
    Immer, wenn ich im Wohnzimmer war, hielt ich den Blick krampfhaft von dem Bündel in der Ecke abgewandt – auch John tat es. Aber wir waren neugierig … Wie hatte der mysteriöse Bobby ausgesehen? Ich brachte es nicht fertig, die Leiche zu berühren oder gar zu bewegen, aber ich zwang mich schließlich, einen kurzen Blick darauf zu werfen. Sein Gesicht sah den Fotos der vor einiger Zeit vom Hungertod bedrohten Somalis ähnlich. Er hatte einmal feine, attraktive Gesichtszüge gehabt, jetzt aber wirkten sie ausgemergelt, runzlig, elend, nicht vorbereitet auf den Tod. Der Anblick ließ uns betroffen schweigen, versetzte uns in eine düstere Stimmung …
    Unter einer Reihe von Schuhen in

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