Todesspiel
Schuld nicht nachweisen kann, hat das den gleichen Stellenwert wie ein Unschuldsbeweis.«
»Ja, die Briefe in seinem Laptop scheinen das zu bestätigen: Er versucht, mit Senator Krause in Kontakt zu kommen.«
»Wie wär’s, wenn wir online gingen und Lemon mitteilten, Senator Krause wolle einen Deal mit Carp machen? Wie wär’s, wenn wir diese Fliege an der Angel auswerfen?«
Nachdem wir diese Kerngedanken entwickelt hatten, rückten auch andere Puzzlestücke an ihren Platz, aber alles beruhte noch auf Annahmen, war irgendwie noch unklar, erschien auch gefährlich. LuEllen strickte weiter an diesem Gedankenspiel, kam schließlich zu einem Schlussurteil: »Es ist machbar – aber der ganze Plan hängt davon ab, dass wir Carp zunächst wieder in Person aufstöbern. Und davon, wo Krause wohnt. Wenn er in der Stadt in einem der großen Apartment-Komplexe wohnt, zum Beispiel in Watergate oder einem ähnlichen Komplex, wird der Plan nicht funktionieren. Und selbst wenn er in einem Haus wohnt, hat er, bei seiner hohen politischen Position, ganz bestimmt ein erstklassiges Alarmsystem.«
»Wir finden ja aber vielleicht eine Möglichkeit, dieses System auszutricksen«, sagte ich. »Krause lebt seit zwanzig Jahren hier, er wohnt bestimmt in einem Haus. Und es ist sicher nicht allzu schwer, die Adresse rauszufinden.«
Einer der Schlüssel für die Jagd auf Carp war seine Attacke in dem Park bei Griggs Apartmenthaus. Warum dort, fragten wir uns. Woher wusste er von dem Park? Der Park war der ideale Ort für einen Hinterhalt – klein genug, um ihn von einem Beobachtungsstandort aus ganz überblicken zu können, gute Sichtschutzmöglichkeiten hinter Büschen und Bäumen, belebt genug, um in der Beobachtungsphase nicht aufzufallen, und doch nicht so bevölkert, dass er inmitten einer Menschenmenge das Feuer eröffnen musste.
Ich schickte meinem Kumpel in Montana, dem Experten für Regierungsdatenbanken, eine Mail und bat ihn, Carps Steuerrückzahlungen der letzten Jahre und die Anschriften,
an die sie erfolgt waren, zu überprüfen. Nach zwanzig Minuten hatten wir die Antwort: Carp hatte ein Jahr lang in einem Mehrfamilienhaus gewohnt, das nur zwei Minuten vom Park entfernt lag. Als Dreingabe erhielten wir weitere Hintergrundinformationen: Er war erst vor sechs Monaten in das Apartment im District of Columbia gezogen. Davor hatte er in einem Apartmenthaus in Süd-Arlington gewohnt.
Wir glaubten nicht, dass er es nach der Ermordung der beiden Regierungsangestellten wagen würde, in sein eigenes Apartment zurückzukehren. Es bestand jedoch die Möglichkeit, dass er bei einem alten Bekannten in dem Mehrfamilienhaus am Park in Ballston oder aber bei einem Freund in dem Apartmenthaus in Süd-Arlington untergeschlüpft war. Beides konnte die Auswahl des Parks als Hinterhalt als auch sein Verschwinden von der Bildfläche erklären.
Während mein Montana-Freund noch die weiter zurückliegenden Adressen Carps zusammenstellte, recherchierte ich das Krause-Domizil; er wohnte in einem nordwestlichen Vorort in einem Haus, dessen genauere Lage wir anhand des Stadtplans verifizierten.
»Der Plan, den wir entwickelt haben, ist also durchführbar«, sagte ich.
»Falls es uns gelingt, Carps Wagen aufzuspüren …«
Carp fuhr einen roten Corolla, wie wir wussten. Wir kannten auch die Zulassungsnummer. Er wiederum kannte unseren Wagen samt Kennzeichen. Kein Problem: Wir fuhren zum National Airport und mieteten zwei Wagen, einen von Hertz, einen von Avis, und zwar mit meiner Harry-Olson-Visacard und dem Wisconsin-Führerschein. Die Walkie-Talkies aus New Orleans hatten wir noch im Gepäck.
Dann starteten wir unsere Suche, in getrennten Fahrzeugen, hielten Kontakt über die Funkgeräte.
Das Mehrfamilienhaus in Ballston fanden wir auf Anhieb. Die Gegend schien einem Verschönerungsprozess unterzogen zu werden, und das Haus, in dem Carp früher gewohnt hatte, stand leer und wurde umgebaut. Zwei Zimmerleute errichteten gerade eine neue Veranda, und man konnte durch das Haus in den Garten dahinter blicken. Wir machten kehrt und fuhren nach Süd-Arlington.
Fairlington, so heißt der Stadtteil, besteht vornehmlich aus einem ausgedehnten Areal mit niedrigen, drei- bis vierstöckigen roten Backstein-Apartmentgebäuden, deren Fenster mit Verzierungen im alten Südstaaten-Stil geschmückt sind. Die Gebäude stehen an stillen, zweispurigen, von Eichen gesäumten Straßen; eine angenehme Umgebung für junge Familien, und wir sahen auch
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