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Todesspiel

Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.Scott Reiss
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genoss, Menschen zu quälen, wuchs Roosters Angst.
    »Nein! Ich hab die Kleine noch nie –«
    »Du erbärmliches Stück Scheiße.« Rubens zerrte Rooster auf die Beine und schubste ihn zu Sonja aufs Bett, die empört aufschrie.
    Rubens beugte sich über den Fälscher. »Ich weiß, dass er hier gewesen ist. Er braucht bolivianische Papiere. Ich werde Cizinio herschicken, dann kann er dich persönlich verhören.«
    Nun begann Rooster zu reden. Er verkaufe keine bolivianischen Papiere, stammelte er, nur brasilianische. Bolivianische Ausweise bekomme man in der kleinen Stadt Leon auf der anderen Seite des Flusses bei einer Frau namens Josepha. Sie verkaufte auch richtige Reisepässe einschließlich aller gewünschten Visa, wenn man genug bezahlte.
    »Wenn du mich anlügst …«
    »Bitte! Nicht Cizinio!«
    »Der Mann hat eine Stunde Vorsprung. Wahrscheinlich ist er schon in Bolivien.«
    Hoffnung flackerte in Roosters Augen auf. »Ein Boot!«, japste er. »Bitte, Sergeant! Ich zahle! Ich helfe Ihnen! Ich besorge Ihnen ein Boot nach Bolivien!«
    Zwei Stunden später, als Rubens am anderen Flussufer angelangt war, gingen die Explosionen im Dschungel los.
    »Ein Gefallen? Soso. Endlich kann ich also etwas für dich tun«, sagte Tommy Kostos.
    Nach einer schlaflosen Nacht saß Rubens um acht Uhr morgens zusammen mit dem dreiundvierzigjährigen Anwalt für Einwanderungsfragen in der 31 st Street in Astoria in Mike’s Diner. An der Wand über ihrer Nische hing ein Poster von Betty Boop, deren Rock sich bauschte wie der von Marilyn Monroe. In dem Restaurant, das rund um die Uhr geöffnet hatte – eins der besten in der Stadt, wie die Daily News behauptete –, schlug sich die ethnische Vielfalt des Viertels sogar in der Frühstückskarte nieder. Es gab Challa, Huevos Rancheros, florentinisches Omelett. Tommy Kostos verschlang gerade mit Feta und Spinat gefülltes Hühnchen. Der Harvard-Absolvent war ein leidenschaftlicher Kiffer und ein enttäuschtes, ehemaliges Mitglied der New Yorker Labour-Partei. Außerdem war er, weil er sich dreimal täglich üppige Mahlzeiten einverleibte, extrem korpulent, wobei seine Leibesfülle hauptsächlich aus Muskelmasse bestand.
    »Ich hoffe, mit meiner zukünftigen Schwiegertochter ist alles in Ordnung«, sagte Tommy, während er ein Stück Hühnchen aufspießte. Vor ihm stapelte sich seine Frühstückslektüre: englische, russische und spanische Tageszeitungen. Tommy war immer auf der Suche nach Artikeln, die den Präsidenten kritisierten, um sie dann jedem, der in der Nähe war, laut vorzulesen.
    »Sie ist erst fünfzehn«, sagte Rubens. Er hatte die ganze Nacht vor dem Fernseher zugebracht und sich die Nachrichten angesehen, aber nichts Neues erfahren.
    »Hey, hör dir das an! Diese Idioten im Weißen Haus kürzen schon wieder den Bildungsetat. Dann bleibt mehr für die Rüstung!«
    »Estrella und Jamie sind gute Freunde, mehr nicht.«
    Tommy zwinkerte Rubens zu. »Wir beide. Zukünftige Schwiegerväter.«
    »Du hast mir mal gesagt, ein Anwalt muss alles, was seine Mandanten ihm erzählen, für sich behalten. Stimmt das wirklich?«
    Tommy setzte eine strenge Miene auf. »Omertà.«
    »Dann möchte ich dich als Anwalt anheuern.«
    Tommy errötete. »Das ist der Gefallen, um den du mich bittest? Dass du mich anheuerst ? Du bist wohl übergeschnappt. Das würde meine zukünftige Schwiegertochter mir niemals verzeihen. Hör dir das an! Die glauben immer noch, dass die Russen mitziehen!«
    Tommy winkte der neuen Kellnerin. »Hey, Althea! Er will mich dafür bezahlen, dass ich ihn vertrete!«
    »Bist du verrückt?«, fragte Althea. »Du hast dem dicken Griechen das Leben gerettet. Jedenfalls erzählt er mir das hundertmal am Tag.«
    Das war maßlos übertrieben. Rubens hatte Tommy vor einer Tracht Prügel bewahrt, mehr nicht. Er wohnte damals seit zwei Wochen in Astoria und hatte gerade seinen ersten Job als Hilfskellner in einem brasilianischen Restaurant angetreten. An einem Donnerstag war er um drei Uhr morgens todmüde aus der U-Bahn gestiegen und auf der 22 nd Street zu dem Zimmer unterwegs gewesen, in dem er und Estrella in den ersten Monaten gewohnt hatten. In einer schmalen Gasse zwischen ein paar Reihenhäusern hatte er eine Rangelei bemerkt, sich von einem Müllhaufen einen alten Baseballschläger gegriffen und die drei Mistkerle attackiert, die den Dicken am Boden mit Füßen und Fäusten traktierten.
    Er hatte ganz instinktiv gehandelt, und es war ein Kinderspiel gewesen, weil die

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