Todesspirale: Roman (German Edition)
heterosexuellen Teils, war sie nicht prüde. Und wenn sie bei ihnen Gottes Namen anrief, dann bestimmt nicht zum Gebet, schworen sie.
»Ich habe immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich so über sie rede«, gab Sasha jetzt zu. »Ich habe nie gesehen, dass sie sich anders als absolut tugendhaft verhält. Ich meine, es hat einen gewissen Unterhaltungswert, sich vorzustellen, dass sie tut, was die Männer ihr unterstellen, aber ich weiß nicht, Connie; es ist und bleibt schwer vorstellbar. Ich kenne sie jetzt seit Jahren. Wir sind vielleicht keine Freundinnen – sie ist so verschlossen, dass ich bezweifle, dass überhaupt irgendjemand sie richtig kennt - aber wir haben bei denselben Amateurturnieren mitgemacht. Die Sache ist die, dass sie immer so sauber wirkt.«
»Ich weiß, was du meinst. Und die meisten Kerle, die behaupten, dass sie sie auf die gute alte biblische Art und Weise erkannt haben, quatschen sowieso nur blöd daher«, gab Connie ihr recht. »Aber... alle , Sasha? Jeder verdammte Heterosexuelle dieses Ensembles? Künstler, Beleuchter, Fahrer, Bühnenarbeiter? Das sind sehr viele Männer, die alle das Gleiche behaupten.«
Sasha sah ihre Freundin über den Tisch hinweg an. »Weißt du, was mich dazu bringt, dir zu glauben?«
»Henry«, konstatierte Connie grinsend.
»Ja, Henry.« Sasha erwiderte das Lächeln etwas verlegen. »Als ich hörte, dass er mit ihr zusammen gewesen sein soll, habe ich ihn ohne Umschweife gefragt, aber er hat kein Wort von sich gegeben – er ist eben ein netter Mann. Aber, du liebe Güte, Connie, er ist so rot geworden, dass ich schon einen Schlaganfall befürchtete.« Sie lachte plötzlich, ein spontaner, kräftiger Laut, der von ganz unten aus ihrem Zwerchfell kam. Wie immer brachte das die Umsitzenden dazu, sie anzusehen und instinktiv mitzulächeln. »Mann, wenn das wahr ist und sie Henry verführt hat, dann muss sie schon etwas Besonderes sein.«
Connie grinste immer noch. »Macht einen irgendwie sprachlos, nicht wahr?«
»Das kannst du laut sagen.« Sasha blickte ihre Freundin an. »Also, was ist nun los mit dem neuen Manager? Was genau hat er gesagt, um sie gegen sich aufzubringen?«
Connie wiederholte die Kette von Flüchen und Sasha saß mit offenem Mund da, so schockiert war sie. »Also, um Karen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, der Typ hat wirklich ein loses Mundwerk. Ich war irgendwie überrascht, als er sich als der neue Manager vorstellte, denn du weißt ja, wie viel Wert die Unternehmensleitung auf das Familienimage der Follies legt. Deine Nummer geht so gerade noch als jugendfrei durch. Und zu Micks Verteidigung muss ich sagen, dass er es genau genommen nicht zu ihr gesagt hat. Ich bin ein bisschen spät dran gewesen zum Lunch -«
»Oh, das ist aber eine Überraschung.«
»Du kannst mich mal gern haben.« Connie hatte viel Übung darin, Sashas Frotzeleien zu überhören. »Wie auch immer, ich stieß mit Karen zusammen, die gerade zurück in ihr Zimmer wollte und Gott weiß woher kam. Ich sagte ihr, dass alle im Café seien, und sie beschloss, mich zu begleiten. Mick, das ist der Name unseres neuen Managers, wie dir bestimmt inzwischen klar ist, stand vor seinem Zimmer. Er versuchte, beladen mit seinem gesamten Gepäck, die Tür zu öffnen, und wir gingen gerade vorbei, als die Hälfte davon zu Boden fiel. Er begann zu fluchen, und du musst zugeben, er war ziemlich kreativ.« Connie zuckte die Achseln. »Du kennst ja Karen. Sie blieb stehen und gab ihm unmissverständlich zu verstehen, dass derartige Kraftausdrücke nicht tolerabel seien.«
»Und blickte er ihr nur ein Mal in die großen braunen Augen und konnte sich gar nicht schnell genug entschuldigen?« Sie hatte diese Reaktion mehr als einmal beobachtet.
»Er war ganz kurz davor, ihr zu sagen, dass sie sich verp... soll«, erwiderte Connie lachend. »Er hat es nicht wörtlich gesagt, aber es war überdeutlich, dass ihm die Worte schon auf der Zunge lagen. Er ist einer der ganz wenigen Männer, die nicht auf einen Zentimeter mit Hut zusammenschrumpfen, nachdem sie ihnen die Leviten gelesen hat.«
Connie sah schweigend zu, als Sasha ihr Sandwich aß. Dann lockerte sie die Schultern und fuhr fort: »Aber irgendwie war es schon merkwürdig, Sasha. Eben noch ganz der arrogante Macho, von dem du nie und nimmer denken würdest, dass er einen Rückzieher macht, und gleich darauf sieht er erst sie und dann mich genauer an... und es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Er hat zwar auch dann nicht gerade
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