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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Mulch blühen Hortensien und eine späte Rose.
    Frau Döhring öffnet ihnen die Haustür, und sie betreten die Eingangshalle. Der Begriff Hausflur wäre hier unpassend, sieht Oda ein.
    Völxen stellt sich vor und vergisst dabei nicht zu erwähnen, dass er das Dezernat leitet. Die Döhrings sollen wissen, dass der gewaltsame Tod ihres Sohnes Chefsache ist.
    Während sie zu dritt die mit rotem Teppich ausgekleideten Marmorstufen hinaufsteigen, erzählt Frau Döhring, dass das Erdgeschoss der Villa von ihrer Mutter, also Olafs und Rubens Großmutter, bewohnt wird. In den Räumen der Döhrings, die den ersten Stock und das Dachgeschoss einnehmen, wurde ein Teil der Decke entfernt und eine Treppe führt hinauf auf eine Galerie und zu den oberen Zimmern. Im Wohnzimmer betreten sie matt schimmerndes Parkett, ein Sprossenfenster mit Rundbogen erlaubt den Blick auf eine gepflegte Rasenfläche. Oda schaut hinaus. Das rote Laub einer Felsenbirne sticht feurig aus dem Oktobergrau, im künstlichen Bachlauf, der in einen Teich mündet, badet eine Amsel. Wie gediegen und geordnet das alles wirkt. Und wie zerbrechlich es ist.
    Rechts neben Döhrings Grundstück ist eine Frau in einem Norwegerpullover damit beschäftigt, Kastanienlaub aufzurechen. Ein schokoladenbrauner Retriever buddelt hinter ihrem Rücken in einem Rosenbeet herum. Herrin und Hund haben dieselbe Haarfarbe. Kein Zaun trennt die beiden Gärten, nur ein paar niedrige Heckenrosen und Buchsbaumkugeln markieren die Grundstücksgrenze. Man scheint sich gut zu verstehen. Der linke Nachbargarten dagegen, der zu einem größeren Anwesen mit mehreren Wohnungen gehört, wird von einer blickdichten und fast zwei Meter hohen Thujenhecke abgeschottet.
    »Ist Ihr Mann auch hier?«, fragt Völxen.
    »Er ist kurz in sein Büro gefahren, er muss sich ein paar dringenden Angelegenheiten widmen. Er wird aber gleich wieder zurückkommen.« Sie scheint dafür Verständnis zu haben, ist keine dieser Frauen, die ihren Männern damit in den Ohren liegen, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Dafür wird ihr ja auch einiges geboten, denkt Oda und erkundigt sich, was der Hausherr beruflich mache. Frau Döhring nennt den Namen einer großen Versicherung. Ihr Mann sei dort Mitglied der Geschäftsleitung. Sie spricht ruhig und gefasst. Vorhin, in der Rechtsmedizin, hat beim Anblick ihres toten Sohnes die Verzweiflung für kurze Zeit die Oberhand gewonnen. Nun, in ihrer gewohnten Umgebung, hat sie sich wieder einigermaßen gefangen.
    »Sind Sie berufstätig?«, fragt Oda.
    »Ich war Lehrerin, Deutsch und Englisch, aber als die Kinder kamen, habe ich aufgehört. Ich gebe jetzt ehrenamtlich zwei Mal die Woche Nachhilfestunden in Deutsch für Kinder von Migranten in einem Jugendzentrum in Mittelfeld.«
    Völxen bringt das Gespräch auf Olaf: »Was kann Ihr Sohn gestern Abend in Vahrenwald gewollt haben?«
    Ratloses Schulterzucken. »Ich weiß es nicht. Sie – seine Band – haben in diesem Musikzentrum mal Aufnahmen gemacht, für ihre CD , und im Sommer war da ein Kurs für Bühnenauftritte. Aber er hat mit keinem Wort erwähnt, dass er gestern Abend dorthin wollte. Ich wüsste auch nicht, warum, um diese Zeit, Sonntagabend, das ergibt überhaupt keinen Sinn.«
    »Sind das die Nachbarn, mit denen Sie gestern Abend im Varieté waren?« Oda deutet nach draußen. Gerade kommt ein hochgewachsener, breitschultriger Mann mit grauer Künstlermähne aus einem Gartenhaus, das einem japanischen Teehaus nachempfunden ist. »Es war doch das Varieté, oder?«
    »Ja. Das sind Julian und Olivia Tiefenbach. Mein Mann hatte Freikarten, deshalb haben wir die beiden eingeladen. Aber dann ist nur er mitgekommen. Olivia hatte angeblich Migräne, aber vermutlich hatte sie einfach keine Lust. Sie ist manchmal etwas seltsam.«
    »Inwiefern?«
    »Sie umarmt Bäume im Park – wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Potenzielle Kundschaft für Tians Naturheilpraxis. Ich sollte doch mal ein paar von seinen Visitenkarten einstecken, beschließt Oda.
    »Als die Kinder klein waren, haben wir oft was zusammen gemacht«, erzählt Frau Döhring. »Für Luis war Olaf immer so was wie ein großer Bruder. Eben waren die beiden kurz hier. Luis hat es ihnen wohl gesagt. Ihre Kollegen haben ihn in der Schule vernommen.«
    »Nur befragt«, stellt Völxen richtig.
    »Geht er nicht in die Waldorf-Schule?«, entschlüpft es Oda, und tatsächlich huscht, soweit es das Botox zulässt, ein kleines, spöttisches Lächeln über Frau Döhrings

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