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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Großkriminellen nicht gereicht hat, bist du zur Polizei gegangen, fügt Jule in Gedanken hinzu.
    »Und du – du warst sicher der Liebling der Lehrer«, hält Fernando dagegen.
    »Stimmt, die Lehrer mochten mich gern, aber leider nur die Lehrer. Durch das Überspringen zweier Klassen war ich deutlich jünger als die anderen. Die meisten haben mich gar nicht beachtet.«
    »Och! Erspar mir das Melodram vom einsamen Genie, sonst fang ich noch an zu heulen.«
    »Pedra, die Tränenvase!«, ruft Jule.
    Fernando grinst. »Du hättest zu uns an die IGS Linden wechseln sollen. Wir hatten immer viel Spaß. Und Sprachen habe ich dort auch gelernt: Türkisch, Italienisch, Griechisch, Russisch und Polnisch.«
    »Schreckliche Schimpfwörter!«, klagt Pedra Rodriguez.
    Beim Gedanken daran, was Jules Eltern zu dem Vorschlag, ihre Tochter auf eine Gesamtschule in Hannovers Multikulti-Viertel zu schicken, gesagt hätten, muss Jule laut auflachen. Dann meint sie: »Aber für eine Überfliegerin aus großbürgerlichen Verhältnissen bin ich doch ganz nett, oder?« Ihre Gelassenheit, was dieses Thema angeht, ist noch relativ neu. In ihren Anfangszeiten bei der Polizei hat Jule immer sehr empfindlich reagiert, wenn man sie auf ihre Herkunft ansprach. Als Tochter eines Professors an der MHH hat man es zwar in Medizinerkreisen einfacher, aber nicht unbedingt bei den Kollegen von der Streife. Inzwischen hat sie sich jedoch ein leidlich dickes Fell zugelegt und kann mit Spitzfindigkeiten, die ihr Elternhaus oder ihren Intellekt betreffen, souverän umgehen.
    »Immer wieder musste ich zum Lehrer und mich für Nando entschuldigen«, berichtet Pedra, und schon erzählt sie zum wiederholten Mal die Geschichte, wie der jugendliche Fernando nach dem Tod seines Vaters der Ansicht war, als einziges männliches Familienmitglied zum Lebensunterhalt seiner Mutter und seiner älteren Schwester beitragen zu müssen, indem er klaute. »Dabei habe ich mit dem Laden viel mehr verdient als mein seliger Gatte bei der Hanomag«, erklärt sie nicht ohne Stolz. »Aber der comisario hat mir geholfen. Der hat Fernando mitgenommen, auf die Nachtstreife, damit er sehen kann, wo er endet, wenn er so weitermacht.«
    »Es ist genug«, schimpft Fernando. »Könnt ihr das nicht endlich mal vergessen, du und dein comisario ?«
    Mitten im schönsten Scharmützel zwischen Mutter und Sohn fängt Jules Handy an zu blöken. »Achtung!«
    Fernando verstummt, sieht seine Mutter streng an und legt den Finger an die Lippen, während seine Kollegin den Anruf ihres Chefs entgegennimmt: »Ja, wir sind gerade in Hainholz angekommen. – Muss das sein? – Was für ein Staatsanwalt denn? – Gut, dann mach ich das.«
    Als sie aufgelegt hat, sagt Fernando: »Wenn der Alte deinen neuen Klingelton hört, lässt er dich ins Emsland versetzen.«
    »Würdest du mich vermissen?«
    »Was wollte er denn?«
    »Du musst leider alleine in die banlieues , ich muss sofort zu Bächle, die Obduktion hat schon angefangen, und dieser neue Staatsanwalt hat gefragt, wieso denn noch keiner von unserem Dezernat anwesend ist. Ich dachte, Oda geht hin, aber die war nur mit den Eltern dort, um die Leiche zu identifizieren. Das läuft dieses Mal wohl nicht so wie sonst – einfach gegen Ende mal vorbeischauen und das Protokoll unterschreiben«, seufzt Jule.
    »Hast du den Typen schon mal gesehen?«, fragt Fernando.
    »Nein. Soll ein ganz scharfer Hund sein.«
    Fernando rutscht vom Hocker. »Dann viel Spaß bei Bächle. Du magst ja Obduktionen.«


    »So was war immer mein Traum! Aber mit meinem Beamtengehalt wird das wohl auch einer bleiben.« Die Villa aus der Jahrhundertwende, vor der Oda einen Zigarillo rauchend auf ihren Vorgesetzten wartet, ist nicht die einzige in dieser Straße, die von prachtvollen Altbauten dominiert wird.
    »Ja, eine nette Gegend«, muss auch Völxen einräumen, obwohl der Kommissar ein überzeugter Landbewohner ist. »Wohnt nicht der Kanzler inzwischen auch hier irgendwo?«
    »Der Exkanzler«, stellt Oda richtig. »Ja, der wohnt nur zwei Ecken weiter von hier, direkt an der Eilenriede.«
    »Was du wieder alles weißt«, wundert sich Völxen.
    »Kantinenklatsch.« Oda tritt ihren Zigarillo aus und schubst ihn mit der Schuhspitze in einen Gully.
    »Hat dir dein chinesischer Wunderheiler noch immer nicht das Rauchen verleiden können?«
    »Nein. Aber er arbeitet daran«, versetzt Oda.
    Die eiserne Gartenpforte steht offen, sie durchqueren den Vorgarten. Zwischen frisch aufgebrachtem

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