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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Shakespeare.«
    Völxen knurrt: »Offenbar seid ihr Frauen da härter gestrickt. Sabine sieht sich auch ständig solche Sachen an. Und was für Bücher die liest! Hanebüchenes Zeug, aber Hauptsache brutal!«
    »Ja, und manchmal holt einen die Brutalität auch im richtigen Leben ein«, seufzt Oda und widmet sich Olafs Schulmappe.
    Völxen öffnet der Reihe nach die Türen der Einbauschränke. »Oda, sieh dir das an! Das ist jetzt wirklich unheimlich.«
    Verblüfft betrachten beide den Schrankinhalt. Auch Oda hat so etwas noch nie gesehen. Und schon gar nicht im Zimmer eines Jugendlichen. Pullover, Polohemden und T -Shirts sind in drei Stapel getrennt und sorgfältig zusammengelegt; alle gleich groß, als hätte man eine Schablone dafür verwendet. Ein halbes Dutzend gebügelter Oberhemden hängt an der Kleiderstange, alle Kragen schauen in eine Richtung, kein Bügel ist verdreht. Die Unterhosen sind sauber gefaltet und bilden zwei gleich große Stapel in einer Schublade. Die Socken sind nach Farben geordnet. Und auch bei den Sportsachen gibt es kein Durcheinander, jedes Ding scheint genau seinen Platz zu haben.
    »Mein Spind beim Bund war nicht so ordentlich wie dieser Schrank hier«, bekennt Völxen schließlich.
    Oda schüttelt den Kopf. »Das sind diese Mütter, die nichts anderes zu tun haben, als den ganzen Tag um ihre Brut herumzuglucken. So züchtet man Machos! Die Frau hat bestimmt ihr Lebtag noch nie einen Elternsprechtag versäumt. Und zwischen Fitnessstudio und Kosmetiktermin findet sich sogar noch ein Zeitfenster, um sich um die Mühseligen und Beladenen zu kümmern. Migrantenkinder aus Mittelfeld !« Oda schnaubt sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Hoffentlich waren es keine Migrantenkinder aus Hainholz, die hinter dem Tod ihres Sohns stecken.«
    »Aus dir spricht nur das schlechte Gewissen einer Vollzeit arbeitenden, alleinerziehenden Mutter«, stichelt Völxen.
    »Bullshit!«
    Völxen kennt Oda seit siebzehn Jahren, lange genug, um zu wissen, dass ihr Zynismus der Versuch ist, Distanz zu diesem toten Jungen und seiner Mutter gewinnen.
    Oda wendet sich den Schreibtischschubladen zu.
    »Vielleicht war es nicht die Mutter, vielleicht war Olaf ein Zwangscharakter«, meint Völxen.
    »Nein«, antwortet Oda prompt. »Hier im Schreibtisch und in der Schultasche herrscht die ganz normale Unordnung eines Teenagers. Und die Mutter erzählte was von einer schlampig hingeworfenen Sporttasche am Sonntagabend, erinnerst du dich?«
    »Stimmt. Die müssen wir uns auch noch vornehmen.«
    »Was haben wir denn da?« Oda schwenkt ein Tütchen Gras zwischen ihren Fingern.
    »Gibt’s noch mehr davon?«
    »Bis jetzt nicht.«
    Völxen steht am Fenster. Von hier aus hat man einen Blick auf das Haus der Tiefenbachs, das dem der Döhrings ähnlich ist. Direkt gegenüber erkennt man Aufkleber an der Scheibe. Es muss das Zimmer des Nachbarjungen sein. Ein Eichhörnchen huscht über die Dachrinne der Doppelgarage. Er seufzt. »Gut, dass Sabine das nicht sieht.«
    »Wieso?«
    »Sie lässt in letzter Zeit oft Bemerkungen fallen, ob es nicht bequemer wäre, wenn wir uns was Kleineres in der Stadt suchen würden.«
    »Ihr beide und der Hund und die Schafe.«
    »Eben«, brummt Völxen. »Schafe in der Stadt – das würde nur Ärger geben.«
    »Du kannst sie ja schließlich nicht auch noch mit auf die Dienststelle bringen«, grinst Oda.
    »Ich denke, das war’s hier.« Völxen klemmt sich Olafs Rechner unter den Arm, und sie gehen die Treppe wieder hinunter. Aus der Küche tönt die Stimme eines jungen Mannes. Völxen und Oda bleiben vor dem übergroßen Spiegel in der Diele stehen und lauschen ungeniert.
    »Und wieso sagt mir das keiner? Ich gehöre wohl nicht mehr dazu, was? Jetzt, wo ihr mich endlich losgeworden seid  … «
    »Rede nicht solchen Blödsinn!« Die aufgebrachte Stimme von Frau Döhring. »Ich kann dir ja schlecht auf die Mailbox sprechen, dass dein Bruder tot ist, oder?«
    »Wo ist Papa?«
    »Der musste ganz kurz  … «
    »Sag jetzt nicht, dass der ins Büro ist! An so einem Tag geht der einfach … nee, nä?«, kommt es schrill vor Empörung.
    »Das verstehst du nicht«, erwidert Frau Döhring matt.
    »Nein, das versteht wahrscheinlich niemand!« Etwas scheppert, es hört sich an wie Porzellan auf Granit. Völxen räuspert sich. Rasch kommt Frau Döhring aus der Küche.
    »Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir den Rechner Ihres Sohnes mitnehmen?«, fragt der Kommissar.
    Sie verneint.
    Hinter ihr erscheint

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