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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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langen, nachdenklichen Blick, dann fragt Oda: »Wann gehst du trotz kühler Witterung ohne Jacke aus der Wohnung?«
    »Wenn ich das Haus gar nicht verlassen will«, antwortet Völxen. »Du denkst an die Großmutter?«
    »Nein, nicht die Großmutter. Obwohl die einen recht resoluten Eindruck macht. Aber würdest du eine Jacke anziehen, wenn du nur mal eben zu deinem Nachbarn gehst?«
    »Sicher. Zum Hühnerbaron sind es über hundert Meter, da kann man sich den Tod holen.«
    »Ich meine, wenn du an Olafs Stelle wärst und nicht ein verfrorener alter Mann, der in den Outbacks lebt.«
    Völxen runzelt die Stirn und denkt laut nach: »Ruben sagt, die Jacke war um neun Uhr noch da. Er ist um zehn gegangen. Olafs Eltern haben angegeben, dass die Jacke am Morgen fehlte. Also, entweder lügt einer von denen oder jemand hat zwischen zehn Uhr und der Rückkehr der Döhrings um Mitternacht die Jacke geholt, damit es so aussieht, als wäre Olaf ausgegangen.«
    »Und guten Nachbarn gibt man gern mal einen Schlüssel  … «, ergänzt Oda.
    »Na, dann los!« Völxen und Oda streben auf den Aufzug zu, gefolgt vom kläffenden Oscar. Jule kommt aus ihrem Büro, sieht sie vorbeilaufen, sprintet hinterher und ruft aufgeregt: »Halt! Wartet!« Vor dem Lift angekommen verkündet sie triumphierend: »Ich weiß, wer Niko Riepke umgebracht hat!«

29 
    Pedra Rodriguez steht hinter der Theke und schrubbt die kleinen Kartoffeln für ihre Papas arrugadas con Mojo . Sie macht sich Sorgen um Fernando. Zwar wirkte er heute früh wieder recht aufgeräumt, aber sie kennt ihren Sohn, er nimmt den Tod dieses Jungen sehr schwer, auch wenn er nichts für ihn kann. Dieser schreckliche Beruf! Einerseits ist sie stolz auf ihn, andererseits vergeht kein Tag, an dem sie sich nicht ausmalt, wie er bei einer Schießerei ums Leben kommt. Und nun das! Die Bimmel der Ladentür reißt sie aus ihren Gedanken. Zwei junge Männer, die Pedra noch nie hier gesehen hat, betreten das Geschäft. Der eine trägt eine Kapuze und grüßt mit einem knappen Nicken. Beide sehen sich nach allen Seiten um, als würden sie etwas oder jemanden suchen. Die zwei gefallen Pedra nicht. Ein Instinkt treibt sie hinter ihrer Theke hervor. »Kann ich helfen?«, fragt sie mit fester Stimme.
    Sie hat noch nicht ausgeredet, als es knallt. Der mit der Kapuze hat mit einer einzigen Armbewegung mindestens ein Dutzend Flaschen aus dem Regal gefegt, die auf dem Betonboden sofort zersprungen sind. Pedras Aufschrei wird von einer Hand erstickt, die sich über ihren Mund legt. Gleichzeitig hält einer der Männer sie an den Haaren fest. Pedra versucht, um sich zu schlagen, und tritt nach hinten aus, aber der Kerl ist zu kräftig, er lacht nur, während sie zappelt wie eine Katze, die gerade ersäuft wird. Der andere holt einen Stuhl heran und zwingt sie, sich hinzusetzen. Die Hand löst sich von ihrem Mund, und Pedra nutzt die Gelegenheit, um aus Leibeskräften nach Hilfe zu rufen. Doch schon im nächsten Moment schiebt man ihr ein zusammengeknülltes Stück Stoff in den Mund und fixiert es mit Klebeband. Panik erfüllt sie. Sie bekommt kaum noch Luft und leistet keinen Widerstand mehr, als man ihr die Arme auf den Rücken dreht und sie mit einem weiteren Stück Klebeband an den Stuhl fesselt. Ein Paar dunkle Augen, schmal wie Messerrücken, sind das Letzte, was sie sieht, ehe man ihr eine Mütze oder einen Sack über den Kopf stülpt.
    Eng legt sich der Stoff an ihre Nasenlöcher. Pedras Angst zu ersticken ist jetzt noch größer als ihre Angst vor den beiden Männern. Sie kann nur noch eines denken: Luft. Ich muss atmen. Trotz ihrer Todesangst kann sie hören, wie die beiden in einer fremden Sprache miteinander flüstern, und sie hört ihre Schritte. Was haben sie vor? Was suchen sie, Geld, die Kasse? Die hätte sie ihnen auch so gegeben, da ist heute noch nicht viel drin. Erneut bimmelt die Ladentür. Kommt jemand? Pedra schöpft Hoffnung. Gehen sie weg? Werden sie ihr nichts tun? Sie fährt zusammen, als es erneut klirrt. Offenbar hat einer noch eine Flasche durch den Laden geworfen. Die Tür fällt zu, danach ist es still. Sie sind weg! Es ist überstanden. Der nächste Kunde wird sie finden, vielleicht Fernandos Freund Antonio, der seine Werkstatt über dem Hof hat und am späten Vormittag immer einen Kaffee bei ihr trinkt. Er wird die Polizei rufen, er wird sie retten … Aber was ist das? Was riecht hier so seltsam? Das ist Feuer! Rauch! Die Luft ist voller Rauch, sie atmet nur noch Rauch.

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