Todesspur
Merkwürdiger Mann.«
Sie weiß also nicht, daß Walter jetzt in Basel ist, dachte Paula. Er scheint seine Schwägerin völlig im dunkeln tappen zu lassen.
»Nur gut, daß Sie Julius nicht nach Cornwall begleitet haben«, meinte Paula.
»Ich weiß nicht recht. Vielleicht wäre er noch am Leben, wenn ich mitgeflogen wäre.«
»Ich halte das für unwahrscheinlich – in Anbetracht dessen, was dort passiert ist.
Ich
war dort – und bin nur durch einen Zufall am Leben geblieben.«
»Entsetzlich«, sagte Eve. »Sie führen ein aufregendes Leben. Vermutlich werde ich nach Launceston zurückkehren, wenn das alles vorbei ist.«
»Sie haben nicht vor, zur Beerdigung hinüberzufliegen?«
Eve tat einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette und blies den Rauch aus.
»Es ist alles telefonisch geregelt worden. Julius hat immer gesagt, wenn ihm etwas zustoßen sollte, wollte er in Cornwall begraben werden. Er liebte die Gegend, hoffte, dort seine letzten Jahre verbringen zu können. Ich fliege nicht hin – es würde mich zu sehr mitnehmen. Wenn ich später mal hinkomme, werde ich sein Grab besuchen.«
Das Telefon begann zu läuten. Eve verzog den Mund, durchquerte mit ein paar raschen Schritten den Raum und nahm den Hörer ab.
»Ja?« Sie hörte zu, dann antwortete sie hastig.
»Nicht jetzt. Es paßt mir nicht. Ich rufe heute nachmittag wieder an. Sobald ich Zeit dazu habe. Auf Wiederhören.«
Als sie sich wieder hingesetzt hatte, glaubte Paula, eine leichte Verärgerung zu bemerken.
»Das war Gaunt«, sagte Eve. »Wollte vorbeikommen und sehen, wie ich zurechtkomme. Sehr rücksichtsvoll, aber man kann auch des Guten zuviel tun.«
»Entschuldigung, das verstehe ich nicht.«
»Unter uns beiden – er ist ein netter Mann. Aber manchmal ziemlich anmaßend. Will anderen Leuten vorschreiben, wie sie ihr Leben zu leben haben.«
»Wo haben Sie ihn kennengelernt?«
»In Padstow, wo ich geboren wurde. Später allerdings, als ich schon lange erwachsen war. Eine ganze Weile, nachdem ich von der Roedean-Schule abgegangen war und angefangen hatte, ein normales Leben zu führen. Sie werden es kaum glauben, aber ich war kurze Zeit sogar Vertrauensschülerin – es war fürchterlich. Ich kam mir vor wie ein Fisch in einem Aquarium. Als mein Vater gestorben war, habe ich das Haus in Launceston gekauft. Ich hatte die Nase voll von Padstow. Der Sommer, die schönste Zeit, wird einem von den blöden Touristen verdorben.«
»Ich habe Ihnen eine Menge Zeit gestohlen. Ich glaube, ich sollte jetzt lieber gehen und Sie Ihren Einkäufen überlassen.«
»Entschuldigen Sie meine Aufmachung, Normalerweise laufe ich nicht in Jeans herum. Aber beim Einkaufen sind sie praktisch.«
Paula war aufgestanden, und Eve war im Begriff, sie zur Haustür zu begleiten.
»Da ist noch etwas, das Tweed gern wüßte, falls es nicht zu persönlich ist. Soweit er weiß, hat Julius sich ganz kurzfristig zu dieser Reise ins Bodmin Moor entschlossen. Also muß er Gaunt angerufen haben, um sich zu vergewissern, daß ihm Tresilian Manor zur Verfügung stand. Schließlich blieb Gaunt nicht viel Zeit, aus dem Haus zu verschwinden und sich in sein Cottage in Five Lanes zurückzuziehen. Wie hat Gaunt reagiert?« »Er hat gesagt, Julius könnte das Haus haben, solange er wollte. Er brauchte das Geld.«
Sie öffnete die Haustür und begleitete Paula auf die Vortreppe hinaus. Eve warf einen Blick auf den geparkten Audi.
»Ich bin froh, daß er da ist. Er war zur Inspektion in der Werkstatt. Irgend etwas mit den Bremsen. Wurde gebracht, kurz bevor Sie kamen.«
»Gerade rechtzeitig für Ihre Einkäufe. Auf Wiedersehen …«
Butler wartete, bis er den schwarzen Mercedes gewendet hatte und sie sich auf der Rückfahrt in die Stadt befanden.
»Haben Sie bekommen, was Tweed haben wollte?«
»Keine Ahnung. Das weiß ich erst, wenn ich ihm von unserer Unterhaltung berichtet habe. Bei ihm weiß man nie, auf was er in Wirklichkeit aus ist.«
Tweed kehrte erst am späten Nachmittag mit Newman aus dem Polizeipräsidium zurück. Er ging sofort in Paulas Zimmer, und Butler ließ sie allein.
»Berichten Sie«, verlangte Tweed.
Paula erstattete ihren Bericht. Sie sprach mit geschlossenen Augen, sah und hörte in Gedanken alles, was von dem Moment an passiert war, in dem sie den Wagen verlassen und die Stufen zu Eve Ambergs Villa hinaufgestiegen war.
Gewissenhaft berichtete sie über jedes Detail – den Audi auf der Auffahrt, Eves schnelles Erscheinen an der Tür, ZUM Einkaufen
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