Todesspur
mußte sich auf die Lippe beißen, um ihm nicht zu sagen, daß er doch in Gottes Namen ruhig stehen bleiben sollte. Dann wurde die Tür langsam wieder geöffnet.
Newman musterte Celia. Sie hatte einen merkwürdigen, fast mißgestalteten Kopf. Nicht sonderlich intelligent – ihre Augen erinnerten ihn an die einer Kuh. Celia zog die Tür zu, ohne sie ins Schloß fallen zu lassen, und kam zu ihnen hinaus.
»Was wollen Sie von mir, Miss?« Mürrisch.
»Wir hatten uns für heute verabredet, Celia. Da sind noch ein paar Dinge, die ich Sie gerne gefragt hätte.«
Das Mädchen riß die Augen weiter auf und starrte Paula an wie ein aufgeschrecktes Reh.
»Ach, Sie sind’s, Miss. Ich habe Sie nicht erkannt, bis Sie gesprochen haben.«
Newman warf einen Blick auf Paula. Sie trug eine in Lederstiefeln steckende Skihose und einen Anorak und sah völlig anders aus als bei ihrer Ankunft im Metropole. Celias Blick wanderte zu Newman, und sie starrte auf die Augen, die sie hinter der Sonnenbrille nicht sehen konnte.
»Wer ist das?«
, »Mein Bruder«, sagte Paula schnell. »So, nun zu gestern.
Das Geschirrtuch – das rote, das Sie angeblich draußen zum Trocknen aufgehängt hatten. Das war ein Signal, stimmt’s?«
»Informationen kosten Geld.« Ihr Verhalten war plötzlich aufsässig. »Ich habe keinen Freund. Niemand sieht mich zweimal an. Etwas muß man doch vom Leben haben. Zum Beispiel Geld.«
Newman holte seine Brieftasche heraus, entnahm ihr einen Zwanzig-Pfund-Schein, sah ihre Miene, fügte einen zweiten hinzu. Dann steckte er die Scheine zwischen seine Finger.
»Beantworten Sie zuerst die Frage meiner Schwester, bitte.«
»Sie haben richtig geraten«, sagte Celia nach kurzem Zögern. »Es war ein Signal. Ich habe hundert Pfund dafür bekommen, nur damit ich das tue, sobald die Gäste angekommen waren. Und nun soll ich …«
Sie brach mitten im Satz ab. Celia war zum Ausgehen angezogen. Sie trug einen schäbigen Regenmantel und ein leuchtendgelbes wollenes Kopftuch.
»Wer hat Sie dafür bezahlt, daß Sie das tun?« fragte Paula ruhig.
»Ich habe nichts zu tun mit diesen Morden im Manor«, fuhr sie auf. »Also kommen Sie nicht auf die Idee, es wäre so gewesen.«
»Ich bin ganz sicher, daß Sie nichts damit zu tun hatten.
Wer hat Sie bezahlt, Celia?« fragte Paula noch einmal.
»Ein Mann …« Sie zögerte. »Ich hatte ihn vorher noch nie gesehen«, fuhr sie rasch fort. »Aber ich habe für Mrs. Pethick einen Topf auf dem Herd stehen gelassen. Und da wir gerade von Geld reden – bevor ich noch etwas sage, will ich mein Geld.«
Newman händigte ihr die vierzig Pfund aus. Sie ergriff sie gierig, stopfte sie tief in eine Tasche ihres Regenmantels. Sie warf einen Blick ins Haus, wich zurück, machte die schwere Tür weiter auf.
»Bevor ich Ihnen mehr erzähle, muß ich mich um den Topf kümmern. Sonst kocht er über, und dann wirft Mrs. Pethick mich raus. Ich brauche das Zimmer hier …«
Die Tür wurde ins Schloß geschmettert. Paula sah Newman an.
»Tweed hatte recht. Das Massaker war höllisch gut organisiert. Und ich glaube, sie weiß, wer sie bezahlt hat.« »Das glaube ich auch.«
Sie warteten. Aus dem kleinen, primitiven Gebäude drangen keinerlei Geräusche heraus. Fünf Minuten später gab Newman, nachdem er mehrfach auf die Uhr geschaut hatte, der Befürchtung Ausdruck, die auch Paula inzwischen hegte. »Ich glaube, sie ist uns entwischt. Vermutlich gibt es eine Hintertür – lassen Sie uns nachsehen.«
Der Garten hinter dem Cottage bestand aus ein paar jämmerlichen Gemüsebeeten. Außerdem gab es eine Hintertür.
Verschlossen. Paula nahm ihre Brille ab, schaute zum High Tor hinunter und streckte den Arm aus.
»Da ist sie. Das gelbe Kopftuch. Sie ist unterwegs ins Moor.«.
»Und«, setzte Newman grimmig hinzu, »sie war nahe daran, uns zu sagen, daß ihr Geldgeber ihr heute weitere hundert Pfundzahlen wollte. Gott weiß, was ihr bevorsteht.
Wir müssen sie einholen, bevor es zu spät ist…«
Newman begann, einen Pfad entlangzurennen, der zum Fuß des High Tor führte. Er konnte noch immer das Aufleuchten des gelben Kopftuchs im Sonnenlicht sehen. Celia Yeo rannte gleichfalls, und er war überrascht über das Tempo, das sie vorlegte. Paula lief dicht hinter ihm. Als sie außer Sichtweite des Cottages waren, zog Newman seinen .38er Smith & Wesson aus dem Hüftholster.
Als Newman sein Marathontempo unvermindert beibehielt und in einer tiefen Schlucht verschwand, verlor Paula ihn aus den
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