Todesspur
skrupellosen Leuten zu tun haben. Ja, das wollte ich damit sagen. Und das beschwört die schlimmsten Alpträume herauf.«
Nach Becks Worten trat eine lastende Stille ein. Paula saß wie vom Donner gerührt da. Newman schaute sehr nachdenklich drein. Cardon hatte die Walther, nachdem er sie überprüft hatte, in das Hüftholster gesteckt, das er angelegt hatte. Er sah Tweed an und grinste; er war der einzige, den die Situation nicht zu beunruhigen schien.
»Das erfordert einen Protest der Schweiz in Washington«, sagte Tweed schließlich. »All diese Pseudo-Diplomaten, die ins Land strömen.«
»Genau das habe ich bereits veranlaßt«, sagte Beck in einem ganz anderen Ton. »Glauben Sie etwa, ich verhielte mich passiv angesichts dieser Invasion unseres Territoriums? Ich habe am Telefon mit Anderson, dem amerikanischen Botschafter in Bern, gesprochen. Möchten Sie raten, was er zu mir gesagt hat?«
»Nein. Was hat er Ihnen erzählt?«
»Dieselbe an den Haaren herbeigezogene Story wie bei meinem letzten Anruf. Die March-Administration ruft Diplomaten aus ganz Europa zurück. Diese Männer hier sollen sie angeblich ersetzen. Anderson, ein Freund von mir, hörte sich sehr verlegen an. Er hat bereits in Washington protestiert.«
»Also ist uns dieser Weg verschlossen. Aber das sagt mir etwas.«
»Aber ich bin ein Fuchs.« Beck lächelte Paula an. »Ich fliege noch heute nach Bern und konfrontiere Anderson mit Beweismaterial. Ich nehme einen der sogenannten Diplomatenpässe der Neuankömmlinge mit. Meine Experten haben mir gesagt, daß er gefälscht ist.«
»Ich sollte lieber nicht fragen, wie Sie an diesen Paß gekommen sind.« »Oh, er hat ihn fallen gelassen, als er das Hotel Baur-en-Ville verließ. Zufällig hat ihn einer meiner Leute aufgehoben, nachdem sein Besitzer verschwunden war.«
Newman grinste, und Tweed lächelte. Ihnen war klar, daß Becks Mann, der »zufällig« zugegen gewesen war, ihn dem Amerikaner aus der Tasche gestohlen hatte. Ja, Beck war tatsächlich ein Fuchs, dachte Tweed. Er stand auf, um zu gehen.
»Bleiben Sie noch einen Moment sitzen«, drängte Beck.
»Nach dieser Episode hatte ich einen Anruf von einem weiteren Gast des Baur-en-Ville – einem Mann, den ich für den Anführer des zuletzt eingetroffenen Kontingents halte. Einem Mr. Marvin Mencken.«
»Und was wollte dieser Mencken?« fragte Tweed.
»Den Verlust des Diplomatenpasses melden. Er sagte, er wäre seinem Assistenten gestohlen worden. Ich müßte wissen, daß in der Bahnhofstraße Taschendiebe am Werk sind, und ob ich den Verbrecher dingfest machen und ihm den Paß innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden wieder zustellen würde. Ein sehr unerfreulicher Typ, dieser Mencken. Einer meiner Leute, als Straßenfotograf verkleidet, hat versucht, eine Aufnahme von ihm zu machen, und er hat die Kamera zertrümmert.« Er hielt einen Moment inne.
»Aber das Foto ist gut gelungen.«
»Aber Sie sagten doch gerade, er hätte die Kamera zertrümmert«, warf Paula ein.
»Genau das sagte ich. Aber der erste Mann war nur ein Lockvogel. Während seine Kamera zertrümmert wurde, machte ein zweiter Mann ein anderes Foto. Ich nehme an, Sie möchten Abzüge …«
Beck öffnete eine Schublade, holte einen Umschlag heraus und entnahm ihm vier Hochglanzfotos. Paula betrachtete ihren Abzug. Das Gesicht des schlanken Mannes war deutlich zu erkennen, ein verschlagenes, in kalter Wut verzerrtes Gesicht.
»Ein gefährlicher Rohling«, bemerkte Paula.
»Nicht gerade der Mann, den man in seinen Londoner Club einladen würde«, lautete Newmans ironischer Kommentar. »Behalten Sie die Fotos«, riet Beck, als seine Besucher aufstanden, um zu gehen. »Sie könnten Ihnen das Leben retten.«
»Wer ist da?« meldete sich Norton mit seiner üblichen raspelnden Stimme am Telefon.
»Mencken…«
»Gibt es was Neues? Es wird allmählich Zeit.«
»Es geht um Tweed. Er ist gerade von einem Besuch bei Ambergs Frau zurückgekehrt. Ich habe es vor zehn Minuten erfahren…«
»Und warum zum Teufel haben Sie sich dann nicht früher gemeldet? Tweed? Ich will, daß er unschädlich gemacht wird, bevor er mit Dyson, Dillon oder Ives Kontakt aufnimmt. Besonders Ives …«
»Im Moment ist er im Polizeipräsidium.«
»Dann treffen Sie Ihre Vorkehrungen. Ich will, daß er noch heute in einem Sarg landet. Also unternehmen Sie etwas …«
Vor dem Polizeipräsidium stand ein schwarzer Mercedes.
Butler saß am Steuer. Ein Stück von dem Wagen entfernt stand
Weitere Kostenlose Bücher