Todesspur
standen, alle in amerikanischen Trenchcoats.
»Ich sehe sie«, sagte er grimmig.
»Da sind noch mehr«, warnte Butler. »Pete hat sie zuerst von seinem Fenster aus gesehen. Wir haben zehn Männer gezählt, an Bäume oder Hausmauern gelehnt oder in Ladeneingängen stehend. Wir sind umstellt.«
»Ich frage mich, weshalb«, sinnierte Tweed in der Dunkelheit. »Aber wir haben in unserem Zimmer einen Flüchtling aus den Staaten, den sie zumindest zweimal umzubringen versucht haben.«
»Ich würde gern etwas unternehmen«, sagte Butler. »Aber wir sind umstellt«, wiederholte er.
»Vielleicht auch nicht. Ziehen Sie Ihren Mantel an. Ich muß telefonieren. Von dem unterirdischen Einkaufszentrum aus.«
»Sie werden Sie sehen, wenn Sie herauskommen. Vielleicht warten sie gerade auf Sie.«
»Vielleicht haben Sie uns doch nicht so umstellt, wie Sie glauben. Ziehen Sie Ihren Mantel an. Es gibt einen Ausgang, den sie vielleicht nicht kennen. Eine Tür, die direkt in die Hummerbar führt – weit weg vom Haupteingang.«
Tweed hatte recht gehabt. Niemand wartete in der einsamen Nebenstraße, auf die man durch die Hummerbar gelangen konnte. Sie fuhren in das Einkaufszentrum hinunter, Tweed betrat die erste leere Telefonzelle und wählte Becks private Nummer im Berner Polizeipräsidium. Der Schweizer nahm sofort ab.
»Beck …«
»Arthur, hier ist Tweed …«
»Es ist eine Menge Blut geflossen in Zürich, seit ich weg bin…«
»Ich weiß«, unterbrach Tweed ihn. »Darüber reden wir später. Im Augenblick haben wir eine sehr kritische Situation …«
»Details?« wollte Beck wissen.
»Das Gotthard, in dem wir wohnen, wird praktisch belagert von zehn Amerikanern, die im Nieselregen herumstehen. Sie haben Trenchcoats an und lehnen an Bäumen und Hauswänden. Vielleicht deshalb, weil jemand Neues eingetroffen ist, aber da bin ich nicht sicher.«
»Haben sie gesehen, daß Sie das Hotel verlassen haben?«
»Nein, sie haben nicht an den Seitenausgang gedacht, der aus der Hummerbar herausführt. Ich rufe von diesem unterirdischen Einkaufszentrum aus an.«
»Allmählich reicht es mir mit diesen Typen. Glücklicherweise ist das Zürcher Polizeipräsidium nicht weit vom Gotthard entfernt. Ehe sie sich’s versehen, haben wir sie alle einkassiert, und ihre sogenannten Diplomatenpässe werden ihnen auch nicht helfen. Sonst noch etwas? Nein? Dann rufe ich meine Leute an …«
Tweed und Butler machten sich auf den Rückweg und kehrten durch den Seiteneingang ins Hotel zurück. Noch bevor sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, hörten sie das Heulen von Polizeisirenen. Tweed dankte Butler, dann begab er sich in sein Zimmer. Als Newman die Tür öffnete, stand Ives am Fenster und lugte durch einen Spalt zwischen den Vorhängen hinaus. Paula saß ein Stück entfernt, mit der Waffe in der Hand.
»Das ist erledigt«, verkündete Tweed. »Jetzt können wir ins Restaurant der Hummerbar hinuntergehen und etwas Anständiges essen …« Ein Einsatzwagen voll uniformierter Polizisten hielt in einer von der Bahnhofstraße abgehenden Seitenstraße. Ein Leutnant, gefolgt von seinen Männern, rannte in die Bahnhofstraße, blieb einen Moment stehen, sah sich um. Der Leutnant öffnete die Klappe seines Hüftholsters, bevor er sich einem großen, schwergebauten Mann näherte, der einen Trenchcoat und einen Schlapphut trug, dessen Krempe er gegen den ständigen Nieselregen tief herabgezogen hatte. Uniformierte Polizisten aus weiteren Streifenwagen eilten herbei.
»Sie können nicht hier herumlungern«, erklärte der Polizeioffizier dem Mann. »Wir hatten eine Beschwerde von einer Dame – sie traut sich nicht auf die Straße.«
»Immer mit der Ruhe«, erwiderte der Mann mit starkem amerikanischem Akzent. »Ich bin Diplomat. Sie können mir nichts anhaben.«
Er griff in die Tasche, und der Offizier zog blitzschnell seine Waffe.
»Kein Grund, nervös zu werden«, fuhr der Amerikaner fort. »Ich will Ihnen nur meinen Paß zeigen.«
Der Offizier klappte ihn auf und wieder zu und gab ihn dem Mann zurück.
»Wir sind nicht sicher, ob dieser Paß echt ist. Wo wohnen Sie?«
»Im Baur-en-Ville. Also, hören Sie …«
»Dann begeben Sie sich sofort in Ihr Hotel. Und kommen Sie heute abend nicht wieder heraus.«
»Verdammt! Das können Sie doch nicht…«
»Ins Baur-en-Ville. Und zwar auf der Stelle. Sonst stecke ich Sie in diesen Polizeiwagen dort drüben, und Sie können die Nacht in einer Zelle verbringen. Festgenommen wegen Erregung
Weitere Kostenlose Bücher