Todesspur
Sinn, daß wir dort bleiben?«
»Nicht den geringsten«, pflichtete Tweed ihr bei. »Weshalb wir nach dem Frühstück unsere sämtlichen Sachen wieder hierher zurückbringen werden. Ich habe unsere Rechnung im Gotthard bereits bezahlt und Harry, Pete und Philip angewiesen, dasselbe zu tun.«
»Und wie geht es jetzt weiter?« fragte Newman. »Ich würde Norton und Genossen gern in die Finger bekommen.«
»Wenn er der eigentliche Gegner ist«, bemerkte Tweed.
»Bisher ist nichts sicher. Ich bin jetzt überzeugt, daß nur wenige der Leute, die wir hier – und in Cornwall – getroffen haben, das sind, was sie zu sein scheinen.«
»Das ist beruhigend«, sagte Paula ironisch. »Jemand Bestimmtes, hinter dem Sie her sind?«
»Ich brauche mehr Fakten, bevor ich eine ausgeklügelte Falle stellen kann. Ausgeklügelt, weil es sich um ein großangelegtes Komplott handelt, hinter dem aber nur ein Mann steckt. Das ist mir erst klar geworden, seit wir hier eingetroffen sind.«
Er behält seine Gedanken wieder einmal für sich, dachte Paula. Sie versuchte es von einer anderen Seite aus.
»Wir bleiben also in Zürich?«
»Nein, das tun wir nicht«, erklärte ihr Tweed. »Morgen fahren wir mit dem Zug nach Basel.«
»Wieso Basel?« »Vor dem Frühstück habe ich in der Zürcher Kreditbank angerufen und wollte mit Amberg sprechen. Glücklicherweise hatte ich diese attraktive Frau am Apparat, die wir bei unserem Besuch in der Bank kennengelernt haben, Ambergs Privatsekretärin. Sie hat mir gesagt, daß Amberg in aller Eile nach Basel abgereist ist.«
»Ich erinnere mich – die Zürcher Kreditbank hat eine Filiale in Basel. Aber weshalb folgen wir ihm dorthin?« fragte Paula.
»Vielleicht haben Sie es vergessen. Amberg hat uns gesagt, Julius hätte den Film und das Tonband, die Dyson ihm übergeben hat, in den Tresor in Basel gebracht.« Er sah auf die Uhr. »Ich muß bald los zu meiner Verabredung mit Eve Ambergs Detektiv Theo Strebel.«
»Nun, zumindest wissen wir jetzt, wie Norton aussieht – der Mann, den bis gestern abend nie jemand zu Gesicht bekommen hat.«
»Darauf würde ich mich nicht verlassen«, erwiderte Tweed.
In der Wohnung, die er gemietet hatte, ging Norton ins Badezimmer. Eine halbe Stunde später hatte er sein normalerweise hellbraunes Haar grau gefärbt. Jetzt spülte er die überschüssige Farbe aus und betrachtete das Resultat im Spiegel.
Sein Aussehen war verändert. Er hatte auf seine wöchentlichen Besuche beim Friseur verzichtet. Sein Haar wuchs rasch nach. Zufrieden mit seinem Wachstum zog er sein Jakkett an und sah auf die Uhr.
Alles hing vom richtigen Moment ab. Er hatte seinen ganzen Tag geplant, mit der Präzision eines Generals, der sich auf eine entscheidende Schlacht vorbereitet. Als er die Wohnung verließ, pfiff er leise vor sich hin.
Tweed wurde von Paula begleitet, als er die Steintreppe zu dem Haus in der Altstadt hinaufstieg, in dem sich Strebels Büro befand. Newman folgte ihnen mit ein paar Schritten Abstand und wartete auf dem Flur, während Tweed eine Tür mit einer Milchglasscheibe in der oberen Hälfte öffnete. Neben der Tür war ein Schild angebracht, auf dem nur Theo
Strebel
stand. Keine Berufsangabe.
Durch die Tür gelangten sie in ein leeres Vorzimmer. An der gegenüberliegenden Wand befand sich eine massive Eichentür, in die ein Spion eingelassen war. Paula war plötzlich nervös – die Atmosphäre in dem alten Treppenhaus War bedrückend gewesen, und der dumpfe Geruch eines seit Jahren fast unbewohnten Gebäudes war ihr in die Nase gedrungen.
Hier war die Atmosphäre noch unheimlicher. Eine schwere Stille erfüllte den Raum, in dem nur ein alter Schreibtisch mit völlig leerer Platte stand. Sie war sicher, daß dieser Raum seit Jahren von niemandem benutzt worden war. Sie schob die Hand in ihre Umhängetasche und umklammerte ihren Browning.
»Melden Sie sich. Ihre Namen bitte.«
Die körperlose Stimme schien aus dem Nichts zu kommen. Tweed deutete auf einen alten, kegelförmigen Lautsprecher, der hoch oben in einer Ecke angebracht war. Die Stimme hatte Englisch gesprochen.
»Sind Sie das, Mr. Strebel?« fragte Tweed.
»Ich sagte, Sie sollen sich melden. Ihre Namen und Ihr Anliegen.«
»Ich habe eine Verabredung mit Theo Strebel. Für 10 Uhr.
Eve Amberg sagte, sie würde Sie anrufen. Bei mir ist meine Assistentin.«
»Sie soll etwas sagen«, befahl die körperlose Stimme. »Irgend etwas. Äpfel sind grün.«
»Nur, wenn sie noch nicht reif sind«, rief
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