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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Meldung über das dort stationierte Funkgerät.
    In einem Laden auf der Fifth Avenue sei ein bewusstloses, nicht reagierendes Mädchen gefunden worden. Als der Name des Ladens wiederholt wurde, gefror mir das Blut in den Adern.
    »Was ist los, Mike? Um was geht’s?«, wollte Emily wissen, die angestrengt lauschte.
    »Man hat im FAO Schwarz, dem berühmten Spielzeugladen gegenüber vom Plaza Hotel, ein kleines Mädchen gefunden. Das ist nicht gut, Emily. Es liegt im gleichen Straßenblock wie die Early Show von CBS, wo gestern eine der Bomben hochging.«
    Vor dem Geschäft drängten sich noch mehr Menschen als gewöhnlich, als Emily und ich nach einer langen, zwanzigminütigen Fahrt Richtung Norden eintrafen. Zwei Streifenwagen und zwei Krankenwagen mit eingeschalteten Lichtbalken auf den Dächern standen vor den aufgeregt wirkenden Touristen, Müttern und Kindern.
    Ein Sergeant aus dem 19. Revier, dessen Blick ich erhaschte, schüttelte trostlos den Kopf, noch bevor ich mich drei Schritte von meinem Wagen entfernt hatte.
    Ich zeigte ihm Angelas Foto. »Sagen Sie mir, dass es nicht sie ist«, verlangte ich.
    »Marone a mi« ,erwiderte er. Der Rauch seiner Zigarette stieg wie Weihrauch aus seiner gekrümmten Hand, als er sich bekreuzigte. »Sie ist es. Man fand sie hinten im Laden. Die Verkäuferin dachte, sie würde nur schlafen.«
    Plötzlich raste ein Fahrzeug mit getönten Scheiben auf uns zu und hielt hinter meinem Streifenwagen. Emily und ich drehten uns um, meine Hand lag bereits auf meiner Waffe. Die Fahrertür wurde aufgestoßen, und ein Mann stieg aus. Ein Mann mit rotem Haar und noch röteren Augen.
    Es war Kenneth Cavuto, Angelas Vater.
    »Nein!«, rief ich. Cavuto stürmte bereits zum Eingang. Ich schaffte es, eine Sekunde vor ihm dort zu sein. Er durfte sein kleines Mädchen nicht sehen. Nicht hier. Nicht so.
    Der augenscheinlich verwirrte Vater führte anderes im Schilde. Ich bin nicht gerade klein, doch Cavuto schob mich zur Seite wie einen leeren Karton. Stöhnend knallte ich mit dem Kinn auf den Asphalt.
    Ich rappelte mich wieder auf und rannte Cavuto in den leeren Laden hinterher, stürmte ein paar Stufen hinunter und vorbei an einer Ausstellungsfläche voll mit riesigen ausgestopften Straußen, Pferden, Giraffen und anderen Tieren. Auf der Höhe des Puppenparks drang ein gellender Schrei an mein Ohr, der mich daran hinderte weiterzurennen.
    Einen solchen Schrei hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört. Ich blickte Emily an. Sie schüttelte den Kopf. Wir beide wussten, was der Schrei bedeutete. So schreit nur jemand, dessen Herz zerbricht.
    Emily, ich und drei Uniformierte bemühten uns, Cavuto von seiner Tochter fortzubekommen. Ich musste ihm sogar Handschellen anlegen. Er begann lautlos zu weinen und schlug seinen Kopf auf den gepunkteten Teppichboden.
    »Holen Sie was aus Ihrem Wagen, was den armen Kerl erst einmal schachmatt setzt!«, rief ich einem gaffenden Rettungssanitäter zu.
    Erst in dem Moment bemerkte ich, dass mein Kinn blutete. Ich drückte mit dem Daumen darauf, damit die Wunde nicht mehr tropfte, und drehte mich zu der kleinen Angela um. Sie saß mit geschlossenen Augen in einem Kinderwagen, ihr weißblondes Haar hatte dieselbe Farbe wie die des übergroßen Polarbärs im Regal neben ihr.
    Ich wandte mich ab, ging in die Hocke und legte dem schluchzenden Vater meine Hand auf den Rücken. Ich öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. Was hätte ich auch sagen sollen?

52
    Es wurde langsam dunkel, als sich Berger mit seinem Mercedes-Cabrio in die Schlange der Autowaschanlage in der East 109th Street stellte. Er blickte hinauf zum schwindenden Blau des Himmels über der Baustelle auf der anderen Seite der Straße. Was hätte er jetzt darum gegeben, in seiner Badewanne zu sitzen, betäubt von einer Vitamin-S-Tablette, und zu beobachten, wie sich die Sonne auf den Dakota hinabsenkte.
    Ein unrasierter alter Weißer mit Kugelarsch klopfte an sein Fenster. Berger hielt ihn zuerst für einen Obdachlosen, bis er merkte, dass er ein Mitarbeiter der Autowaschanlage war. Berger ließ das Seitenfenster nach unten surren.
    »Was?«, fragte der Typ mit russischem Akzent.
    »Einmal alles«, bestellte Berger und reichte ihm einen neuen Zwanziger.
    »Innen staubsaugen auch?«, wollte Gorbatschow wissen.
    »Heute nicht«, antwortete Berger mit einem Grinsen, bevor er das Fenster wieder nach oben surren ließ. Kurz darauf schlug die Vorrichtung gegen den Boden und zog den Wagen

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