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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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wundern, dass du dich ausgerechnet an dem Abend, an dem mein Auto gestohlen wurde, mit einer erfundenen Story über eine Autowerkstatt bei mir gemeldet hast.“
    Gestohlen! Das Auto also auch!
    „Hallo!“, rief er, als ich nichts sagte.
    „Ich weiß nicht recht, wie ich das erklären soll …“
    „Versuch’s mit der Wahrheit.“
    Ich holte tief Luft und begann zu erzählen – wie Glöckchen überfahren worden war und wie wir seinen Mercedes auf dem Holperweg erblickt hatten.
    „Aber seither habt ihr das Auto nicht mehr gesehen?“, fragte er, als ich geendet hatte.
    „Nein.“
    „Auch kein ähnliches?“
    „Wie meinen Sie das?“
    „In der Zeitung stand etwas über eine Liga, die sich darauf spezialisiert hat, Autos der oberen Luxusklasse zu stehlen, die sie dann umlackieren und mit gefälschten Unterlagen irgendwo im Ausland verkaufen.“
    Er seufzte, bevor er fortfuhr. „Meins ist bestimmt schon zu einem neuen Besitzer unterwegs.“
    Ich überlegte kurz, ob ich den gestohlenen BMW von Roy Gräs und die beiden Muskelpakete in Lederjacken erwähnen sollte. Ich überlegte zu lange. Der geeignete Moment glitt vorbei.
    „Na ja“, sagte er. „Ruf mich an, falls du es irgendwo siehst.“
    „Versprochen.“
    Ich drückte auf die Aus-Taste. Seltsam, wie viel an ein und derselben Stelle passiert war. Glöckchen. Zwei gestohlene Luxuslimousinen. Und dann das Allerschlimmste. Mikaela.
    Es musste irgendeine Verbindung zwischen den Ereignissen geben. Wenn ich ein Auto gestohlen und im Rennfahrertempo einen Hund überfahren hätte, wäre ich vielleicht nicht allzu scharf darauf, die Polizei anzurufen. Stattdessen würde ich den Hund beiseiteschleppen und mich schnellstens in mein Versteck begeben. Zum Beispiel in diese Garage in Stormalm.
    In meinen Überlegungen gab es mehrere Lücken. Glöckchen hätte sich wohl kaum von einer wildfremden Person wegschleppen lassen. Das heißt, wenn sie nicht bewusstlos gewesen war.
    Und was hatte Mikaelas Tod mit den gestohlenen Autos zu tun? Vielleicht gar nichts. Sie war schließlich nicht überfahren worden.
    Irgendwann musste ich aufgeben. Ich schickte Linus eine SMS und erinnerte ihn daran, Kalle Svenssons Quittungsblock zu überprüfen. Genauso arbeitete die Polizei auch, Schritt für Schritt, ein Detail nach dem anderen. Nichts war unwichtig.
    Danach widmete ich mich wieder den englischen Vokabeln.
    „Triffst du dich heute Abend nicht mit Jo?“, fragte Mama später.
    Ich saß im Wohnzimmer vor dem Fernseher und zappte zwischen den Sendern herum.
    „Nein.“
    „Ihr habt euch gestern hoffentlich nicht gestritten?“
    Gestern?, hätte ich fast gefragt, konnte mich aber gerade noch bremsen.
    „Warum?“
    „Ihr trefft euch doch sonst immer sonntagabends.“
    „Wir waren ja im Kino. Ich hatte Lust, heute Abend daheimzubleiben.“
    In Wirklichkeit wartete ich darauf, dass Linus berichten würde, wie es ihm bei Kalle Svensson ergangen war.
    Im Fernsehen gab irgendeine Tussi mit heiserem Flüstern einen Singsang von sich, der wohl sexy sein sollte. Sie trug etwas Enges, tief Ausgeschnittenes und verrenkte sich mächtig vor der Kamera, was das Publikum, vor allem die Jungs, mit Pfeifen und Johlen quittierte. Echt superpeinlich.
    „Guckst du dir das da an?“, fragte Mama.
    „Nein.“
    Nachrichten, Balalaikas, jemand, der die Hochsprunglatte riss. Ich zappte weiter.
    Ein Film. Der wirkte vielversprechend. Ein junger Mann und ein Mädchen schienen sich gerade küssen zu wollen.
    „Ein guter Film“, sagte Mama. „Aber traurig. Als man endlich glaubt, sie kriegen sich, stirbt sie.“
    „Vielen Dank für die Information!“
    „Hast du ihn denn noch nicht gesehen?“
    „Nein, und jetzt hat es ja keinen Sinn mehr.“
    „Ach, tut mir leid. Wollen wir uns einen Film ausleihen?“
    Ich drehte mich zu ihr um.
    „Wo ist Papa?“
    „Er ist schon gefahren.“
    Heute Morgen waren wir unsere übliche Joggingrunde gelaufen. Und jetzt war er weggefahren. Einfach so.
    „Warum hat er mir nichts gesagt?“
    „Er …“
    Sie machte eine Pause.
    „Das weiß ich ehrlich gesagt nicht“, fuhr sie dann fort.
    Ich wusste nicht, ob sie mir den Grund nicht sagen wollte oder ob sie wirklich nicht wusste, warum. Jedenfalls wirkte sie ehrlich. Und bekümmert. Wahrscheinlich erwartete sie, dass ich jetzt in Tränen ausbrechen würde.
    „Väter können auch mal traurig werden“, fügte sie hinzu. „Du stellst ihm in letzter Zeit lauter eigenartige Fragen, wie der schlimmste

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