Todeswatt
zusammen mit seinem Kollegen die Gaststätte. »Moin, bitte zweimal das Mittagsmenü«, riefen sie dem Wirt zu und setzten sich an einen der Tische.
Noch herrschte nicht sonderlich viel Betrieb in dem Lokal, das um die Mittagszeit meist gut besucht war. Neben den beiden Polizisten und Sönke Matthiesen saß lediglich ein junges Pärchen in dem Gastraum, das aber mehr mit sich selbst als mit dem Geschehen um sich herum beschäftigt war.
Der Gastwirt brachte den Beamten zunächst die Getränke. Anscheinend kamen die beiden öfter hierher, denn bestellt hatten sie die Apfelschorle und die Fanta nicht.
»Was ist denn das für einer?«, fragte der eine von ihnen den Inhaber und deutete mit einem leichten Kopfnicken zum Tresen.
»Keine Ahnung«, flüsterte der Wirt mit gedämpfter Stimme, »sitzt schon eine ganze Weile da und lässt sich volllaufen.«
Der größere der zwei Polizisten stand auf und schlenderte zu Sönke Matthiesen hinüber. Lässig lehnte er sich an die Bar und nahm das halb volle Glas in Augenschein.
»Na, ist das nicht meist ’n bisschen früh für so viel Bier?«
Der Spediteur sah auf und versuchte, den Mann neben sich mit seinem glasigen Blick zu fixieren. »Wüsste nicht, was Sie das angeht«, entgegnete er und genehmigte sich einen großen Schluck von seinem Pils. »Oder is’ es verboten, um diese Uhrzeit ein Bier zu trinken?«
»Ein Bier?«, der Polizist legte seine Stirn in Falten. Das wäre ja wohl leicht untertrieben.
»Na und?« Sönke sprang vom Barhocker, der ob der heftigen Bewegung ins Wanken geriet, und blitzte sein Gegenüber wütend an. Er wollte seine Ruhe haben. Was fiel diesem Wichtigtuer ein? Er konnte schließlich wann, wo und so viel Bier trinken, wie er wollte.
Der Beamte fasste ihn am Arm. »Besser, Sie gehen jetzt nach Hause«, riet er.
Doch Sönke schüttelte wie wild die Hand ab. »Was fällt Ihnen ein?«, schrie er plötzlich. »Fassen Sie mich gefälligst nicht an!«
Plötzlich stand auch der zweite Polizist vor ihm.
»Na, na«, versuchte dieser ebenfalls beruhigend auf ihn einzureden. Der Wirt beobachtete mit geduckter Haltung das Geschehen aus seiner Position hinter dem Tresen. Ihm schwante, was gleich passieren würde. Er arbeitete bereits etliche Jahre im Gastgewerbe und wusste, wozu Betrunkene in der Lage waren.
Und schon erhob Sönke Matthiesen seine Hand und stürzte sich wütend auf den Beamten. Der machte jedoch blitzschnell einen Schritt zur Seite und der Angriff blieb erfolglos.
»Na, mein Freundchen, dir werd ich helfen.« Der andere Polizist ergriff hastig den ausgestreckten Arm und drehte ihn derart auf den Rücken, dass der randalierende Gast sich nicht mehr wehren konnte. Zwischen sich eingeklemmt, schoben die beiden Kollegen den Betrunkenen zur Tür hinaus.
Auf der Wache forderten sie zunächst den Personalausweis. Sönke Matthiesen reichte ihnen zu ihrem Erstaunen die grüne Karte ohne Widerspruch.
»Moment mal«, sagte der Polizist, der die Daten aufnahm, als er den Namen las. Er klickte eilig ein paar Meldungen im Rechner an. »Da haben wir ja einen ganz besonderen Kandidaten«, er zeigte mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Information am Bildschirm. »Wird bereits nach ihm gefahndet. Ich rufe gleich mal in Niebüll an und sag Bescheid, dass der Kumpel hier bei uns sitzt.«
Während er im Nebenraum telefonierte, ließ sein Kollege Sönke Matthiesen nicht aus den Augen. Schweigend beobachtete er sein Gegenüber, traute sich allerdings nicht, ihn zu fragen, warum man nach ihm suchte. Womöglich hatte der Mann etwas mit dem Mord auf Pellworm zu tun?
Sönke bemühte sich unter solch lauernder Aufsicht, möglichst ruhig zu bleiben. Er war sich sicher, die ganze Angelegenheit konnte nur ein Missverständnis sein. Inken hatte ihm ein Alibi für den Zeitpunkt des Mordes an Arne Lorenzen gegeben. Er hatte nichts zu befürchten. Ein Anruf, und alles würde sich aufklären.
Er konnte ja nicht wissen, was sich in der Zwischenzeit ereignet hatte.
*
»Stellt euch nur mal vor«, Haie platzte ohne ein Wort des Grußes in die Küche, »der Sönke soll eine Freundin auf Pellworm gehabt haben.«
Gleich nachdem Haie zur Schule zurückgekehrt war, hatte er versucht, die beiden Freunde telefonisch zu erreichen, um ihnen von den Neuigkeiten zu berichten. Aber da Tom sein Handy im Auto hatte liegen lassen, waren seine Versuche erfolglos geblieben. Und natürlich wusste er daher nichts von den Ereignissen des Vormittags. Zwar hatte Helene vom
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