Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
fünfzehn Minuten, in denen ich Emmas Fragen parieren muss und mir wünsche, jemand würde
meine beantworten. Was um alles in der Welt hat Charlie getan ?
Sie lungert auf einem Plastikstuhl im Polizeigewahrsam, die Schultasche zwischen den Knien. Die einzige andere Person in der Arrestzelle ist ein Inder mittleren Alters, der sich ein Taschentuch an seine blutende Nase drückt.
Charlie hebt kurz den Blick und schaut dann auf ihre abgewetzten Schuhe. Sie hat geweint, aber das dominierende Gefühl ist eher Frust als Traurigkeit.
»Was ist passiert?«
Sie sprudelt die Antwort heraus.
»Ich wollte Sienna besuchen, aber ich hatte nicht genug Geld. Ich dachte, ich hätte genug, aber es hat viel mehr gekostet. Und dann ist er wütend geworden.« Sie zeigt auf den Sikh. »Mir fehlten nur drei Pfund. Drei lausige Pfund. Ich hab ihm gesagt, dass ich das Geld besorgen würde. Ich habe ihm meine Telefonnummer gegeben. Meine Adresse. Aber er wollte mich nicht gehen lassen.«
»Sie hat mich ein Paki-Schwein genannt«, unterbricht der Taxifahrer. »Ein wirklich schmutziges Mundwerk hat das Mädchen. Wirklich schrecklich.« Sein Kopf wackelt.
»Er hat mich überall angetatscht!«
»Sie hat mir die Nase gebrochen.«
»Ich habe ihn kaum berührt.«
»Sie ist kriminell.«
»Und Sie sind ein Perversling!«
Ein Polizist schreitet ein. Constable Dwyer hat gegelte rote Haare, die ihn aussehen lassen, als ob sein Kopf in Flammen steht. Er möchte mit mir unter vier Augen sprechen. Ich sage Charlie, sie soll auf Emma aufpassen. Sie wirft mir einen tödlichen Blick zu – schon jetzt überzeugt, dass ich mich gegen sie verbünden werde.
Der Constable erläutert die Fakten. Der Fahrer, Mr. Singh, hat Charlie während der letzten Stunde in der Schule abgeholt,
nachdem sie ein Taxi gerufen hatte. Er brachte sie zum Royal United Hospital, wo Charlie die Fahrt nicht bezahlen konnte. Laut Mr. Singh hat sie versucht wegzulaufen, weswegen er die Türen verriegeln musste. Dann hat sie ihn angegriffen.
»Er hat eine Sicherheitskamera in seinem Taxi«, sagt der Constable.
»Kann ich die Aufnahme sehen?«
Constable Dwyer klappt einen Teil des Tresens hoch und führt mich zu einem Schreibtisch mit einem Computer. Die körnige und schlecht beleuchtete Weitwinkelaufnahme wurde von einer Kamera am Armaturenbrett aufgenommen. Statt sich auf den Fahrer zu konzentrieren, ist sie auf den Beifahrersitz gerichtet und zeigt Charlies Beine und einen Hauch ihrer Unterwäsche, als sie nach dem Sicherheitsgurt greift.
Der Constable spult bis zu dem Streit vor. Ich höre, wie Charlie anbietet zu bezahlen und ihre Adresse nennt. Als sie aussteigen will, verriegelt er die Türen, und sie gerät in Panik.
»Darf er sie festhalten?«, frage ich.
»Er kann eine Festnahme als Zivilperson machen.«
»Sie ist vierzehn!«
Ich blicke noch einmal auf den Bildschirm. »Im Übrigen ein seltsamer Platz, eine Kamera anzubringen, finden Sie nicht? Was genau wollte er filmen?«
Mr. Singh hört meine Bemerkung und ereifert sich.
»Ich bin hier nicht der Verbrecher!«
»Vielleicht sollte ich mir Ihre anderen Überwachungsbänder mal ansehen«, sagt Dwyer.
Mr. Singh bläst sich protestierend auf.
»Ich will, dass sie angeklagt wird. Und ich möchte meine Arztkosten erstattet bekommen… und eine Entschädigung für entgangene Einnahmen.«
Mein Handy vibriert. Es ist Julianne.
»Wo bist du?«
»Wir sind gleich zu Hause.«
»Ist alles in Ordnung?«
Was soll ich ihr sagen?
»Wir sind bei der Polizei in Bath. Ich bin gleich zu Hause.«
»Wo sind die Mädchen?« Ihre Stimme ist um eine Oktave nach oben geschnellt.
»Charlie wurde wegen des Angriffs auf einen Taxifahrer und der Weigerung, ihre Fahrt zu bezahlen, verwarnt.«
Schweigen.
Vielleicht hätte ich gar nichts sagen sollen.
»Es ist alles in Ordnung. Alles unter Kontrolle.«
Als sie schließlich spricht, stürzen ihre Fragen auf mich ein. Wann? Warum? Wie?
»Beruhige dich.«
»Sag mir nicht, dass ich mich beruhigen soll, Joe. Wo ist Emma?«
»Sie ist bei mir.«
Emma sitzt auf Charlies Schoß und spielt ein Klatschspiel. Mir fallen die Tintenflecke auf Charlies Fingern auf. Man hat ihre Fingerabdrücke genommen. Das ist lächerlich.
»Was ist lächerlich?«, fragt Julianne.
»Verzeihung?«
»Du hast gerade gesagt, dass irgendwas lächerlich ist.«
»Ach, es ist nichts. Ich muss Schluss machen.«
»Leg nicht einfach auf.«
»Tschüss. «
»Warum hat man die Fingerabdrücke meiner Tochter
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