Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
entdeckte, wollte ich wissen, wer sie ihr abgeschnitten hatte.
»Das war ich nicht«, sagt Emma.
Ich sah Charlie an.
»Was denkst du, ich nicht.«
Ich ging zu der Puppe. »Hör mal, Ichnicht, hast du Emma die Haare geschnitten?«
Emma beobachtete mich nervös.
»Ichnicht sagt, dass er es nicht war«, verkündete ich.
»Hat er das wirklich gesagt?«
»Wirklich.«
»Wirklich?«
» Ja, wirklich.«
» Oh. «
Und dann gestand sie und erduldete ihre Strafe wie eine Fünfjährige.
Charlie kommt erst in einer Stunde. Derweil mache ich Emma eine Kleinigkeit zu essen und höre zu, wie sie Worte auf ihrer Buchstabierliste zusammenstoppelt. Anschließend geht sie in den Garten und jagt Gunsmoke, weil sie ihm einen Hut aufsetzen will. Der Labrador läuft, bleibt stehen, wartet und läuft wieder los.
Um Viertel nach vier ruft Julianne an. Der Prozess ist vertagt worden. Sie trifft sich mit irgendjemandem auf einen Drink und ist um halb sieben zu Hause. Ich lausche ihrer Stimme und male mir aus, dass sie mit »zu Hause« meint, sie kommt zu mir zurück. Es ist ein netter Gedanke, wenngleich reines Wunschdenken.
Um fünf Uhr schalte ich die Nachrichten ein. Vom Bildschirm starrt mich eine blonde Nachrichtensprecherin mit Bambi-Augen an, ohne zu blinzeln.
Ein Beamter der Brandermittlung schilderte heute die Bergung von fünf Leichen in einer Pension in Bristol. Bei den Opfern handelt es sich um eine Asylbewerberfamilie. Unter den Toten sind auch drei Kinder .
Das Bild wechselt zu einer ähnlich elegant gekleideten Reporterin, die sich müht, ihr Stück in die Kamera zu sprechen, während der Wind ihr Haar zerzaust.
Im Mordprozess vor dem Bristol Crown Court sagte Fire Officer Jim Sherman heute aus, dass das Haus bereits in lodernden Flammen stand, als die ersten Feuerwehrmannschaften am Brandort eintrafen .
Die Familie, die im oberen Stockwerk schlief, war in der Flammenhölle eingesperrt und konnte sich mit Ausnahme des achtzehnjährigen Marco Kostin, der durch ein Fenster im zweiten Stock in Sicherheit sprang, nicht mehr retten .
Im Erdgeschoss entdeckten Feuerwehrleute im Flur Spuren von Benzin sowie Anzeichen dafür, dass ein Brandsatz durchs vordere Fenster geworfen wurde .
Im Bild sieht man jetzt Barrikaden und Polizisten, die Protestierende vor dem Gericht zurückdrängen.
Die drei Angeklagten trafen heute Morgen unter massiven Sicherheitsvorkehrungen vor dem Gericht ein, wo sie von Demonstranten beschimpft und von Anhängern bejubelt wurden. Novak Brennan, Parlamentskandidat der British National Party, winkte der Menge kurz zu, als er gemeinsam mit seinen Mitangeklagten Tony Scott und Gary Dobson ins Gerichtsgebäude geführt wurde. Scott und Dobson sind ehemalige Aktivisten der BNP mit Verbindungen zu Neonazi-Organisationen. Alle haben sich des Mordes und der gemeinschaftlich begangenen schweren Brandstiftung für nicht schuldig erklärt .
Emma möchte etwas anderes gucken, weil sie das laufende Programm »langweilig« findet.
»Vielleicht siehst du Mummy«, erkläre ich ihr.
»Warum?«
»Sie war heute dort.«
Sie runzelt die Stirn und konzentriert sich für zwanzig Sekunden auf den Fernseher, bevor sie verkündet: »Nee, ich kann sie nicht sehen.«
Sie verliert das Interesse und versucht, Stromer zu wecken, die zusammengerollt auf einem Stuhl liegt.
Charlie sollte inzwischen zu Hause sein. Ich rufe sie auf dem Handy an, doch es meldet sich nur ihre Mailbox. Vielleicht hat sie den Bus verpasst.
Als das Telefon klingelt, bin ich sicher, dass sie es ist. Stattdessen fragt eine Männerstimme nach »Charlottes Vater«. Meine inneren Organe scheinen sich zu verflüssigen. Niemand nennt sie je Charlotte. Es ist ein Constable von der Polizei in Bath, der ansetzt zu erklären, dass Charlie festgenommen worden sei. Sie habe sich geweigert, einen Taxifahrer zu bezahlen, und sei auf den Mann losgegangen.
»Es muss ein Irrtum vorliegen. Sie ist auf dem Heimweg von der Schule.«
»Ich habe ihren Schülerausweis hier vor mir liegen.« Er liest ihren vollen Namen vor.
Das Rauschen in meinen Ohren ist zum Teil Erleichterung. Irrtümer lassen sich korrigieren. Zumindest ist sie sicher.
»Wohin gehen wir?«, fragt Emma.
»Charlie abholen.«
Ich ziehe ihr ihren Mantel über das Schneewittchenkleid und binde ihr die Schuhe zu. Ich sehe auf die Uhr. Julianne müsste bald hier sein. Ich entscheide, sie nicht anzurufen.
Die Bath Police Station ist in der Manvers Street unweit des Bahnhofs. Die Fahrt dauert
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