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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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mit Isabel die normalste Sache der Welt, ist schon ziemlich genial. Glauben tu ich ihm trotzdem kein Wort. Karibisches Temperament, besinnliche Stunden ohne Reue und Gespräche über irgendwas. Kannst du dir vorstellen, dass Isabel nie von sich erzählt hat? Dass sie sich keine Hoffnungen gemacht hat, Reichweiler könne ihr Sprungbrett zu einem Leben in Wohlstand sein?«
    »Nein«, sage ich. »Das ist eher unwahrscheinlich. Wenn du hier fremd bist und so einen Mann an der Angel hast, machst du dir Hoffnungen. Da bin ich mir ziemlich sicher. Vielleicht war Isabel ja so schlau, ihm nicht gleich die Pistole auf die Brust zu setzen. Von wegen: Entscheide dich, entweder ich oder deine Frau. Aber mittel-bis langfristig hat sie sich wahrscheinlich mehr ausgerechnet als schnellen Sex und ein paar Scheinchen auf die Hand.«
    »Oder sie hat ihm doch die Pistole auf die Brust gesetzt. Und er hat sich des Problems entledigt. Falls sie überhaupt etwas miteinander hatten. Der Penner vor dem Cucaracha meinte, die beiden hätten sich nicht wie ein Liebespaar verhalten.«
    »Wie verhält sich denn ein Liebespaar?«, frage ich und verdrehe die Augen. »Wenn sie ihn wirklich unter Druck gesetzt hat, dann hatten die beiden ja vielleicht Stress. Und das Verhältnis hat sich abgekühlt. Wir sollten mal überprüfen, ob Reichweilers Ehefrau Geld in dem Unternehmen stecken hat. Ob Reichweiler in irgendeiner Form von ihr abhängig ist. Und deswegen jetzt die Flucht nach vorne antritt und sein Verhältnis zu Isabel als unwichtige Sexaffäre deklariert.«
    Wilsberg nickt. »Mal eine andere Frage«, sagt er. »Woher wusstest du eigentlich von diesem Koffer in Isabels Wohnung?«
    Ich erzähle ihm, wie ich Isabels Leiche entdeckt habe, wie ihre Wohnung aussah und beschreibe ihm ihre auffällige Showkleidung. Auch meine Recherchen im Hanse-Theater lasse ich nicht unerwähnt. Wilsberg hört aufmerksam zu und stellt die ein oder andere Zwischenfrage. Als ich geendet habe, steht er auf. »Ich muss mal kurz wohin«, sagt er und verschwindet Richtung Toilette.
    Nachdenklich sehe ich aus dem Fenster. Beobachte die Leute, die sich unter ihre Regenschirme ducken, betrachte den Fluss, über den in dicken Schwaden grauer nebeliger Dunst hängt. Ich muss an Florian von Sandleben denken, an sein verrücktes Haus und an Isabels Ohrring, den ich im Abfluss des Waschbeckens gefunden habe. Wie passt das mit Reichweiler und seiner angeblichen Affäre zusammen? Oder hatte Isabel auch etwas mit von Sandleben am Laufen? Setzte sie gleichzeitig auf mehrere Männer? Ob ich Wilsberg von meinem nächtlichen Ausflug ins Alte Land erzählen soll? Dazu müsste ich ihm aber vertrauen. Und das tue ich nicht. Nicht nach dem, was in Münster passiert ist.
    Wilsberg kehrt an den Tisch zurück. »Zehn Cent für deine Gedanken«, sagt er.
    Ich beuge mich vor und sehe ihm direkt in die Augen. »Warum?«, sage ich. »Warum hast du alles kaputtgemacht?«
    Einen Moment scheint er schockiert, dass ich mal so eben das Thema wechsle und den sicheren Boden geschäftlicher Spekulationen verlasse.
    Doch er fängt sich relativ schnell. »Ich habe nichts kaputtgemacht. Du bist doch einfach abgehauen.«
    »Entschuldige mal«, sage ich und stütze mich mit beiden Händen auf dem Tisch ab. »Du hattest deine Zunge in ihrem Hals …«
    »Das war nicht mein Fehler. Also ich meine, ich habe das nicht gewollt …«
    Ich lege den Kopf schief und schneide eine Grimasse. »Ich habe das nicht gewollt«, äffe ich ihn nach. »Diese Frau ist also einfach in deine Wohnung gestürmt, hat sich dir an die Brust geworfen und dich gezwungen, sie zu küssen?«
    »So ähnlich«, sagt er.
    Ich schlage mit der flachen Hand auf den Tisch. »Sag mal, spinnst du eigentlich, mir so einen Scheiß zu erzählen!«
    »Sie ist eine alte Bekannte von mir. Wir kennen uns seit fast dreißig Jahren und hatten mal was miteinander. Als wir noch studierten. Danach aber nie wieder. Und jetzt hat sich ihr Mann von ihr getrennt und sie kam und brauchte …«
    »… ein bisschen Trost«, ergänze ich. »Und den hat sie in deinem Mund gesucht. Oder was?«
    »Nein. Ich meine, ja. Sie dachte, ich sei Single, und wollte sich wohl selbst beweisen, dass sie nach fünfzehn Jahren Ehe noch attraktiv ist. Dass sie bei Männern noch landen kann …«
    »Dass sie noch in der Lage ist, einen Exlover zu entflammen«, sage ich ironisch.
    Wilsberg nickt. »Ich war selbst völlig überrascht. Und als du dann reingeschneit und gleich wieder

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