Todeszauber
getroffen?«
»Bei Reichweiler.«
Ich erzähle ihm die ganze Geschichte, bis hin zu Rebbelmeier, den Wilsberg irrtümlicherweise für einen von Reichweilers Sicherheitsleuten gehalten hat.
»Und dann hat Wilsberg bei Ihnen übernachtet.«
»Auf der Couch«, sage ich sofort. »Und ich habe eine Menge interessanter Dinge erfahren. Zum Beispiel glaubt diese Anna, dass ihr Mann ermordet worden ist. Die Pistole, mit der sie auf ihn gezielt hat, ist angeblich manipuliert worden.«
»Und diese Anna hat Wilsberg beauftragt?«
»Richtig. Das Interessante an der Geschichte ist, dass Monetti regelmäßig nach Hamburg gekommen ist, um Zauberunterricht zu geben. Und«, sage ich und hebe wie eine Lehrerin den Finger, »der Typ, der Monetti für diese Veranstaltungen engagiert hat, nennt sich Cagliostro.«
»Vermutlich ein Deckname«, erwidert Cornfeld.
Ich verziehe das Gesicht. »Sie wissen natürlich wieder, wer Cagliostro ist.«
»Klar. Graf von Cagliostro alias Giuseppe Balsamo. Ein Scharlatan und Betrüger, der im achtzehnten Jahrhundert sein Unwesen getrieben hat.«
»Stopp«, sage ich. »Ich bin schon jetzt beeindruckt. Das können Sie mir alles ein anderes Mal erzählen. Ich bin nämlich noch nicht fertig.«
Cornfeld hebt die Augenbrauen.
»Ist Ihnen der Name Florian von Sandleben ein Begriff?«
»Hermann von Sandleben sagt mir etwas. Ein reicher Reeder, der vor ein paar Jahren gestorben ist …«
»Florian ist sein Erbe, hat aber mit der Reederei nicht allzu viel am Hut. Er ist von Beruf Sohn und Hobbymagier und hat ein absolut abgefahrenes Haus im Alten Land.«
»Woher wissen Sie das denn schon wieder?«, fragt Cornfeld misstrauisch. »Waren Sie schon einmal dort?«
Ich nicke, ziehe eine Zellophantüte mit Isabels Ohrring aus meiner Handtasche und lege sie auf Cornfelds Schreibtisch. »Das habe ich in von Sandlebens Haus gefunden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Ohrring Isabel gehört. Der gleiche lag in ihrer Wohnung auf dem Nachttisch. Und jetzt kommt’s: Von Sandleben behauptet, Isabel noch nie in seinem Leben gesehen zu haben.«
Cornfeld betrachtet den Ohrring. »Das ist ein Beweisstück, das müssten wir eigentlich der Polizei …«
»Müssen wir nicht«, sage ich. »Ich habe noch nicht einmal Wilsberg davon erzählt.«
Cornfeld grinst. »Ist das Verhältnis doch nicht mehr so eng?«
»Das war noch nie besonders eng«, behaupte ich und stehe auf.
»Wie geht es jetzt weiter?«, fragt mein Assistent.
»Ich habe Wilsberg versprochen, dass ich Frau Reichweiler einen Besuch abstatten werde«, sage ich und ärgere mich über meine Formulierung. Das klingt ja so, als ob Wilsberg mir Arbeit anschaffen würde. Und so kommt es auch bei Cornfeld an.
»Sie haben ihm versprochen …«
»Ich habe es ihm vorgeschlagen. Es war meine Idee.«
»Wäre es nicht viel sinnvoller, diesem von Sandleben auf den Zahn zu fühlen?«
»Nein. Erst einmal möchte ich die Aussage von Reichweiler überprüfen. Die Story, dass er mit Isabel ein reines Bumsverhältnis hatte und seine Frau von Anfang an eingeweiht war, kommt mir nicht ganz sauber vor. Mal sehen, was Frau Reichweiler dazu sagt. Falls sie überhaupt mit mir spricht. Haben Sie eigentlich die Privatadresse der Reichweilers?«
»Habe ich«, sagt er und steht auf.
Irritiert sehe ich ihn an.
»Ich komme mit.«
»Müssen Sie sich nicht um Frau Gerassimov kümmern?«
»Heute Mittag nicht. Sie ist bei der Kosmetikerin. Das kann schon ein bisschen dauern, wenn man die dreißig überschritten hat, aber immer noch wie zwanzig aussehen möchte«, sagt er grinsend und greift nach seinem Handy.
»Das heißt, Sie sind stand-by?«
»Ich bin immer stand-by«, erwidert er und zwinkert mir zu.
Die Reichweilers residieren an der Außenalster. Die Straße trägt den klingenden Namen Schöne Aussicht und gehört zu den teuersten Adressen Hamburgs. Cornfeld und ich laufen einen mit kleinen Sandsteinen gepflasterten Weg hinauf zu einem Prachtbau vom Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Der Vorgarten mit kurz geschnittenem Rasen und Buchsbaumkugeln macht einen sehr gepflegten Eindruck. Allerdings glaube ich nicht, dass Frau Reichweiler dafür verantwortlich ist.
Als wir klingeln, öffnet uns eine Frau, die eindeutig zum Personal gehört. Olivfarbene Haut, schwarze Haare, scheuer Blick.
»Wir würden gerne Frau Reichweiler sprechen.«
»Worum geht es denn?«, fragt die Angestellte mit unverkennbar spanischem Akzent.
»Um Isabel Ortega.«
»Moment bitte.« Und
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