Todeszauber
waren wir stehen geblieben?«
»Bei den Affären Ihres Mannes. Haben Sie eigentlich auch welche?«, rutscht es mir heraus.
Sie wird tatsächlich rot. »Nein. Wo denken Sie hin? Ich bin meinem Mann treu«, sagt sie mit Nachdruck und sieht mich mit großen, braunen Augen an.
Er hat seine Mutti geheiratet, geht es mir durch den Kopf. Eine Frau, die alles für ihn tut und ihn bedingungslos liebt. Dafür nimmt er in Kauf, dass sie den gängigen weiblichen Schönheitsidealen so gar nicht entspricht.
»Interessiert sich Ihr Mann für Zauberei? Hat er Freunde, die sich mit Magie und Illusionen und solchen Dingen beschäftigen?«, fragt Cornfeld.
»Ja. Es gibt da einen Club. Nur für Männer, die sich regelmäßig treffen und zaubern. Eine ziemlich alberne Angelegenheit, wenn Sie mich fragen. Aber was will man machen. Manche Männer werden eben nie erwachsen.«
»Wissen Sie, wo sich dieser Club trifft? Gibt es so etwas wie einen Clubraum?«
»Soviel ich weiß, haben sie über dem Bühnensaal einen Raum für sich. Im Hanse-Theater«, sagt sie.
Die Tür geht auf und Teresa kommt mit einem Tablett herein, auf dem zwei Tassen, eine silberne Zuckerschale und ein Teekännchen stehen. Sie stellt es auf einem niedrigen Holztisch vor uns ab.
Ich greife nach der Zuckerzange. »Sind Sie eigentlich berufstätig?«, erkundige ich mich bei Frau Reichweiler.
»Darf ich Sie auch mal was fragen?«
»Ja natürlich.«
»Was haben Ihre Fragen mit Isabels Tod zu tun?«
Damit bringt sie mich aus dem Konzept. Und ich brauche einen Augenblick, bis ich mich wieder gefangen habe.
»Wir wollen einfach nur Isabels Umfeld kennenlernen. Die Menschen, die mit ihr zu tun hatten …«
»Aber ich hatte nichts mit ihr zu tun.«
»Aber Ihr Mann«, sagt Cornfeld.
Frau Reichweiler zuckt zusammen.
»Lassen Sie uns noch einmal auf meine letzte Frage zurückkommen«, bleibe ich hartnäckig. »Sind Sie berufstätig?«
Einen Moment sieht sie mich unverwandt an. Dann lächelt sie. So als würde ihr meine Penetranz einen gewissen Respekt abnötigen.
»Seit unserer Hochzeit kümmere ich mich vor allem um den Haushalt und um mein Hilfsprojekt auf Kuba: women’s help. «
»Was machen Sie da genau?«, will Cornfeld wissen und nippt an seinem Kaffee.
»Ich engagiere mich für junge kubanische Mütter, die auf den Strich gehen müssen, um sich und ihre Kinder ernähren zu können. Obwohl es offiziell auf Kuba Prostitution gar nicht gibt. Aber es gibt sie natürlich. Wir finanzieren den Frauen eine Ausbildung oder unterstützen sie mit kleineren Krediten. Mir ist wichtig, ihnen auf Dauer eine Perspektive zu bieten, damit sie sich nicht mehr verkaufen müssen und sich mehr um ihre Kinder kümmern können. Wir sind auch in der Aids-Prophylaxe aktiv, versuchen aufzuklären und infizierte Mütter und ihre zum Teil auch infizierten Kinder mit Medikamenten zu versorgen.«
»Das ist eine sehr schwierige, aber auch sehr ehrenvolle Aufgabe«, sage ich. »Ich könnte mir vorstellen, dass das emotional sehr belastend sein kann.«
Sie lächelt wieder dieses warmherzige Lächeln, das mich für sie einnimmt. »Wissen Sie«, sagt sie, »es ist schon schwierig. Aber man bekommt sehr viel zurück. Vor allem von den Kindern. Ich liebe Kinder, sie sind noch so unschuldig, so offen und ohne jeden Hintergedanken und sie haben ihr ganzes Leben noch vor sich …«
»Haben Sie eigene Kinder?«
»Nein«, antwortet sie leise und streicht ihr Kleid über den Knien glatt. »Leider nicht. Wenn Sie so wollen, ist mein Engagement für die kubanischen Kinder mein Ausgleich. Irgendwie sind das alles auch so ein bisschen meine Kinder.«
Ich nicke und will eine weitere Frage stellen, als Teresa hereinkommt.
»Ich sollte Sie an Ihren Termin erinnern«, teilt sie ihrer Chefin mit stoischer Miene mit, dreht sich um und verschwindet wieder.
Ich wechsle einen kurzen Blick mit meinem Assistenten. Ist das ein Trick, um uns loszuwerden?
»Ach, das hatte ich ganz vergessen.« Die Reichweiler springt auf. »Ich muss weg.«
Wir erheben uns ebenfalls. »Schön, dass Sie Zeit für uns hatten«, sage ich etwas steif.
Einen Moment stehen wir uns verlegen gegenüber.
»Hatten Sie einen Mantel oder eine Jacke dabei?«, fragt sie.
Ich schüttele den Kopf.
»Gut.« Sie wendet sich zur Tür. »Teresa«, ruft sie laut. »Die Herrschaften möchten gehen.«
»Nochmals vielen Dank für das Gespräch.« Ich reiche ihr die Hand.
»Wenn Sie noch Fragen haben, rufen Sie mich einfach an«,
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