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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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dran?«
    »Ja.« Ich versuchte, wach zu werden. »Wer ist tot?«
    »Jason Sinclair.«
    Wer, verdammt noch mal, war Jason Sinclair? Immerhin wusste ich jetzt, wer mit mir redete. Der Akzent verriet Anna Ortega. Und dann fiel es mir ein: Jason Sinclair war der Künstlername von Kemmer. »Kemmer ist tot?«
    »Sage ich doch. Was ist mit Ihnen, Georg? Sind Sie krank?«
    »Wie spät ist es?«
    »Sieben Uhr.«
    Das bedeutete, dass ich höchstens vier Stunden geschlafen hatte. In Kombination mit der Schlaftablettenkeule war das entschieden zu wenig. Ich riss die Augen auf. Durch die Ritzen der Jalousie sickerte das erste Tageslicht.
    »Wo sind Sie?«
    »In seinem Laden.«
    »Wieso?«
    »Wieso? Wieso?«, äffte sie mich nach und vergaß dabei das Flüstern. »Kommen Sie her, dann erzähle ich es Ihnen. Aber kommen Sie endlich! Rapido!«
    »Okay.« Ich richtete mich auf. »Ich bin in fünf Minuten da.«
    Während ich mir im Badezimmer Wasser ins Gesicht spritzte, fragte ich mich, ob ich gerade dabei war, einen Fehler zu begehen. Normalerweise vertraute ich in solchen Situationen auf meine Intuition. Doch dafür war mein Gehirn viel zu träge. Ein Königreich für einen doppelten Espresso.
     
    Ich musste es darauf ankommen lassen und stolperte die halbdunkle Straße entlang, die schon wieder voller Menschen war. Dann stand ich vor dem Zauberkasten.
    Einen kurzen Moment zögerte ich, bevor ich die Stufen hinunterstieg und die Hand auf die Klinke legte. Die Tür war nicht verschlossen.
    »Anna?«
    Keine Antwort. Die Zweifel kamen zurück und steigerten sich zur Angst. Ich spürte eine Kälte, die sich im ganzen Körper ausbreitete. Endlich war ich wach. Ein paar Minuten zu spät. Sonst hätte ich an die Taschenlampe gedacht, die in meinem Hotelzimmer lag.
    So musste ich warten, bis sich meine Augen an das durch die Souterrainfenster einfallende Dämmerlicht gewöhnt hatten. Im Kassenraum war alles so, wie ich es in Erinnerung hatte. Langsam tastete ich mich durch den Gang in den zweiten Raum. Der Weg kam mir vor wie ein Labyrinth. Ohne Fluchtmöglichkeit.
    Auch im zweiten Raum war niemand. Blieb noch der Showroom. Es kostete mich eine Menge Überwindung, in die vollkommene Dunkelheit des nächsten Gangs einzutauchen. Schritt für Schritt, mit ausgestrecktem Arm, bewegte ich mich vorwärts. Nach einer kleinen Unendlichkeit berührten meine Fingerspitzen den Vorhang. Als ich ihn zur Seite zog, sah ich Licht. Rötliche Punktstrahler, die auf die Holzkiste in der Mitte des Raumes gerichtet waren. Und auf einen Kopf, der aus der seitlichen Öffnung ragte. Kemmers Kopf. Kemmer schaute mit leblosen Augen in den Strahler. Was den Magier getötet hatte, war unschwer zu erraten. An der Säge, die in der Mitte der Kiste steckte, klebte vermutlich kein Theaterblut, sondern echtes.
    Ich hörte ein Rascheln.
    »Anna?«
    Schritte. Irgendwer kam direkt auf mich zu. Ich ballte die Fäuste, um mir selbst Mut zu machen. Bei der spärlichen Beleuchtung war unmöglich zu erkennen, wer sich mir näherte. Erst als sie vor mir stand, sah ich, dass es Anna Ortega war. Sie trug eine schwarze Lederjacke und ebensolche Jeans. Die perfekte Kleidung für eine abgedunkelte Bühne.
    »Sie haben mich erschreckt.«
    »Das wollte ich nicht.« Ihre Stimme klang ein wenig heiser.
    »Was ist passiert?«
    »Er war schon tot.«
    »Wieso sind Sie überhaupt hier?«
    »Jason wollte mit mir reden. Er hatte mich gebeten, nach Hamburg zu kommen.«
    »Warum haben Sie mir nichts davon gesagt? Mein Hotel ist nur ein paar Schritte entfernt. Wir hätten gemeinsam zu ihm gehen können.«
    »Er mochte Sie nicht. Er meinte, ich soll allein kommen. Es gäbe wichtige Informationen, die er nur mir mitteilen könne.«
    Ich schaute zu Kemmers Leiche hinüber. Mir wurde bewusst, dass Stürzenbecher nicht ausgeschlossen hatte, dass Anna für den Tod ihres Mannes verantwortlich war. Und jetzt stand sie schon wieder neben einem Toten.
    Anna schien meinen Gedanken zu erraten. »Ich war es nicht, Georg. Glauben Sie, ich kann einen Menschen töten?«
    »Nun ja …«
    »Sehen Sie, er ist massig und stark. Wie hätte ich ihn in diese Kiste legen sollen?«
    Das war tatsächlich schwer vorstellbar. Es sei denn, Kemmer hatte sich freiwillig in den Holzkasten gelegt.
    »Was machen wir jetzt, Georg?«
    Eigentlich hätten wir sofort die Polizei verständigen müssen. Doch nach den Erfahrungen der letzten Nacht war ich mir nicht sicher, ob ich das wollte. Auf Lademanns Verdächtigenliste würden wir

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