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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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von ihrer Vergangenheit auf einmal keine Rede mehr … «
    »Die Geschichte mit der Prostitution«, frage ich, »ist das eine Vermutung oder eine Tatsache?«
    »Das hat Miguel mir selbst erzählt.«
    »Hat er dich deshalb geschlagen? Weil du über Isabel anderer Meinung bist?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Nein. Das ist gestern Nacht passiert. Da fing er mich vor der Haustür ab und wollte im Flur …«
    Sie bricht ab und kämpft schon wieder mit den Tränen. »So war er noch nie«, sagt sie leise. »So habe ich ihn noch nie erlebt.«
    »Ging es um Sex?«, frage ich vorsichtig.
    Die Tränen laufen jetzt hemmungslos über ihre Wangen. Ich greife nach ihrem Arm, will sie trösten. Aber sie schüttelt mich ab, dreht sich um und verschwindet in einer der Kabinen.
    Unschlüssig bleibe ich zurück. Überlege, ob ich hinter ihr her und sie weiter unter Druck setzen soll. Doch dann höre ich sie so herzzerreißend schluchzen, dass ich es nicht über mich bringe, sie noch mehr zu bedrängen.
     
    Als ich nach Hause komme, brummt mein Schädel. Die laute Musik und das Stimmengewirr im Club hallen wie eine nicht enden wollende Kakophonie in meinem Kopf nach. Hinzu kommt die Currywurst, die sich immer noch in regelmäßigen Abständen meldet.
    Kein Wunder, dass ich nicht einschlafen kann und sämtliche Eindrücke und Gesprächsfetzen des Abends wiederkäue. Grauenhaft.
    Ich mache das Licht noch einmal an und lese ein bisschen. Nach wenigen Buchseiten fallen mir die Augen zu. Doch kaum habe ich das Licht gelöscht, fährt mein Hirn wieder hoch und spult das gleiche Programm von vorn ab. Als ich endlich einschlafe, ist es vier Uhr morgens. Als der Wecker klingelt, ist es acht. Entsprechend schlecht gelaunt beginne ich den Tag.
     
    Im Büro wartet eine Überraschung auf mich. Cornfeld ist schon da. Allerdings schläft er. Sein Kopf ist auf den Schreibtisch gesunken, sein Haar hängt ihm wirr ins Gesicht, sein Mund steht offen. Den Fremdenführer für russische Milliardärsgattinnen zu spielen, scheint ganz schön anstrengend zu sein.
    Gerührt über so viel Arbeitseifer, betrachte ich sein Gesicht, das so jung und unschuldig wirkt, dass ich ihn am liebsten wach küssen würde. Doch verkneife ich mir das lieber und streiche ihm stattdessen eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    Er zuckt zusammen und fährt in die Höhe. »Was? Michaela!«
    »Michaela!«, rufe ich aus und meine Laune sinkt in den Keller. Seine Müdigkeit ist also kein Beleg für seinen Arbeitseifer, sondern die Folge einer vergnüglichen Nacht. Mit einer jener unzähligen jungen, zumeist sehr hübschen Frauen, die in seinem Leben genauso schnell auftauchen, wie sie wieder verschwinden.
    »Michaela heißt sie also«, sage ich.
    Cornfeld nickt und strahlt mich mit dem dümmlichen Gesichtsausdruck verliebter Männer an. Deutliches Zeichen einer fortgeschrittenen Hormonvergiftung.
    »Und?«, frage ich. »Die große Liebe?«
    »Mindestens.«
    Es passiert, was ich kaum für möglich gehalten habe, er schafft es, noch drei Nuancen dämlicher auszusehen.
    »Sie müssen ja echt Kondition haben. Den ganzen Tag Frau Gerassimov durch die Stadt kutschieren und nachts noch genügend Energie aufbringen, um die gute Michaela zu beglücken.«
    Er grinst breit. »Aber jetzt bin ich echt hundemüde. Man wird ja auch nicht jünger.«
    Kopfschüttelnd stehe ich vor ihm und frage mich, wie lange es diesmal wohl dauern wird. Eine Woche, zwei Wochen, drei Wochen? Wenn ich mich recht entsinne, liegt sein Rekord bei drei Monaten. Das ist aber auch nur ein Mal vorgekommen und war die absolute Ausnahme.
    »Wie lange müssen Sie eigentlich noch das Kindermädchen für diese Ivana spielen?«
    »Noch eine Woche. Dann kommt die Jacht wieder aus dem Dock.«
    »Prima«, erwidere ich und krame den in ein Tempotaschentuch eingewickelten Tierknochen aus meiner Tasche. Ich wickle ihn vorsichtig aus und halte ihn Cornfeld auf der flachen Hand hin.
    »Ich wüsste gern, von welchem Tier der stammt.«
    »Warum?«, fragt Cornfeld und starrt mit angeekelter Miene auf die tierischen Überreste.
    In aller Kürze berichte ich ihm von Wilsbergs und meinem Besuch im Zauberclub.
    »Diese Magier scheinen bei ihren Tricks mit Tieren zu arbeiten, die die Vorführungen nicht überleben«, sage ich. »Wir haben ein Papageienpärchen dort gesehen, eine Menge leerer Käfige und einen Abfalleimer, in dem unter anderem dieser Knochen lag. Falls diese Typen für ihr dämliches Hobby Dutzende von Tieren umbringen, ist das eine

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