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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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sie fand nicht die Energie, sich von der Stelle zu rühren und den Inspektor zu begrüßen.
    Zu ihren Füßen schob sich ein endloser Zug vorüber. Die Tiere hasteten, schubsten, bissen sich. Sie flohen vor dem sicheren Tod – und konnten ihm doch nicht entgehen. In der Ecke des Zauns war die Flucht zu Ende. Dort lagen sie, zerquetscht und erstickt, eine drei Meter hohe Masse Pelz. Doch die oberste Schicht dieses Pelzberges lebte, suchte verzweifelt, den Zaun zu überwinden. Und am Himmel brannte erbarmungslos die Sonne. Immer wieder sprang eins der Tiere in die Luft, stieß einen Schrei aus und sank, vom Hitzschlag getroffen, in die Pelzmasse. Der Tod hielt reiche Ernte, und Diana verspürte den leidenschaftlichen Wunsch, den Zaun niederzureißen und der armen Kreatur das Leben zu schenken.
    »Wir müssen den Maschendraht noch weiter erhöhen, John« vernahm Diana die Stimme ihres Bruders. »Bemerkst du ein Nachlassen des Ansturms?«
    »Nein«, erwiderte Gordon.
    »Nach den Staubwolken, die wir vom Flugzeug aus gesehen haben, scheinen die letzten den Meenasee noch gar nicht verlassen zu haben«, fuhr der junge Lacy fort. »Aber wir müssen den Zaun nicht nur erhöhen, wir müssen auch die beiden Flanken verbreitern. Habt ihr genügend Maschendraht dabei?«
    »Ich glaube nicht. Wir machen uns jetzt besser an die Arbeit. Wenn nur die Hälfe der Karnickel hier in diese Ecke rennt –«
    Diana hörte, wie sich die Männer entfernten. Nur einer blieb dicht bei ihr stehen, aber sie war viel zu hypnotisiert, sich umdrehen zu können. Das Schwirren mächtiger Schwingen, die aufgeregt heiseren Schreie der Krähen wurden immer lauter. Die Vögel zeigten keinerlei Furcht. Mächtige Adler strichen mit ausgestreckten Fängen dicht über dem Erdboden dahin, andere saßen am Boden und hielten blutiges Mahl. Auf dem Zaun hockte Vogel dicht neben Vogel, und die Krähen balgten sich krächzend um die Reste, die ihnen die Adler übrigließen.
    Und immer noch trafen aus Nordwesten neue Geschwader ein, kurvten tiefer und tiefer, um sich schließlich an dem Gemetzel zu beteiligen. So laut war der allgemeine Tumult, daß Bony und das Mädchen das Motorgeräusch des Lastwagens, der von Pfosten zu Pfosten fuhr, nicht hörten. Bony sagte etwas, doch seine Worte drangen nicht an Dianas Ohr.
    »Kein Mensch würde glauben, daß Australien ein solches Schauspiel bieten kann«, wiederholte er noch einmal mit lauter Stimme.
    »Nein, wer das nicht selbst gesehen hat, kann es nicht glauben.« Jetzt erst gelang es Diana, sich von dem faszinierenden Bild loszureißen, und sie blickte Bony an. »Hallo, Inspektor! Geht es Ihnen besser?«
    »Ja, ein wenig, Miss Lacy. Ich erwarte Sergeant Blake. Ich werde ihn bitten, mich nach Karwir zu bringen, um meine Sachen zu packen und Ihrem Vater für seine Gastfreundschaft zu danken.«
    Dianas Gesicht blieb ausdruckslos. »Sie wollen abreisen? Das ist bestimmt sehr vernünftig. Dann werden Sie sich auch in ärztliche Behandlung begeben können.«
    »Ach, Doktor Malluc hat mich schon behandelt«, erwiderte Bony. »Seine Medizin hat Wunder gewirkt. Nein, ich reise ab, weil meine Mission erfüllt ist. Ich habe meine Ermittlungen abgeschlossen.«
    Das Mädchen starrte ihn an, und ihre violetten Augen verrieten Furcht.
    »Tatsächlich«, murmelte sie, und es kam so leise, daß es in dem ringsum herrschenden Tumult unterging.
    Dann sah sie über Bonys Schulter hinweg das Flugzeug. Es war eine zweimotorige Maschine, die die Niederung am südlichen Eckpfosten ansteuerte. Der Tumult, den die Vögel verursachten, war so groß, daß das Motorgeräusch übertönt wurde. Erst als das Mädchen die Hand ausstreckte, drehte sich Bony um. Das Flugzeug setzte gerade zur Landung an.
    Zwei Männer kletterten heraus, und über Bonys Gesicht glitt ein Lächeln, als er Sergeant Blake und Chefinspektor Browne erkannte. Kurz darauf stieg noch ein dritter Mann aus, und Bony kannte auch ihn. Es war Captain Loveacre, der ihn einmal am Diamantina River unterstützt hatte.
    Die Ankömmlinge gingen auf die Männer zu, die am Zaun arbeiteten. Diana blickte zu Bony, und sie sah ein seltsames Leuchten in seinen Augen.
    Colonel Spendor hatte ihn also nicht im Stich gelassen! Chefinspektor Browne war persönlich nach Karwir gekommen, um zu sehen, warum Bony sich nicht fristgemäß zurückgemeldet hatte. Sie schienen ihn sehr dringend zu benötigen, wenn der Chefinspektor sogar Loveacres Flugzeug benützte.
    Der junge Lacy schüttelte Captain

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