Todeszauber
Loveacre und Chefinspektor Browne die Hände, deutete auf Diana und Bony, da kamen die drei Männer auch schon herüber, Captain Loveacre einen Schritt voraus. Er hatte einen Panamahut auf, den er vor Diana zog, aber sein Blick galt nur Bony.
»Guten Tag, mein Freund!« rief er schon von weitem, dann erst packte er die entgegengestreckte Hand. »Jedesmal, wenn wir uns begegnen, ziehen Sie ein gewaltiges Naturschauspiel auf. Beim letzten Mal war es eine riesige Wasserflut, und diesmal ist es eine Kaninchenflut! Und diese Vögel! Ich mußte einen weiten Umweg machen, um zu vermeiden, daß womöglich ein Propeller zersplittert. – Sie sehen reichlich spitz aus.«
Bony lächelte, und der Flieger erschrak. »Ich war ein wenig indisponiert, Captain. – Miss Lacy, darf ich Ihnen Captain Loveacre vorstellen?«
»Ich freue mich, Erics Schwester kennenzulernen. Bietet Karwir oft solch ein Schauspiel, Miss Lacy?«
»Das haben wir nur inszeniert, um Mr. Bonaparte auf andere Gedanken zu bringen«, erwiderte sie lachend.
»Miss Lacy, darf ich Ihnen Chefinspektor Browne, meinen Schwager, vorstellen«, sagte Sergeant Blake. »Er macht Urlaub und wollte einmal hier vorbeischauen.«
Das Feuer in Bonys Augen erlosch. Er war für seine Dienststelle also doch nicht so unentbehrlich. Browne machte Urlaub – nichts sonst.
Browne verbeugte sich knapp, nickte Bony ein wenig zu gleichgültig zu, dann wandten sich alle dem Drama zu, das sich hinter dem Zaun abspielte. Über Bonys Gesicht glitt wieder ein Lächeln, denn ihm war eingefallen, daß Brownes Gehalt nie zu einer solchen privaten Flugtour langen würde. Außerdem war er ein sehr vorsichtiger Mann und mit einer sehr ängstlichen Frau verheiratet. Ohne ein Wort drehte sich Bony um, ging hinüber zum Lagerfeuer. Seine Knie zitterten immer noch ein wenig, als er die Kochgeschirre mit Wasser füllte und auf das Feuer stellte.
Er saß auf Gordons Verpflegungskiste und wartete darauf, daß das Wasser kochte, als sich Browne ebenfalls aus der Gruppe am Zaun löste und zum Lagerfeuer kam.
»Na, Bony, wie geht's denn? Ich habe gehört, Sie waren sehr krank?«
»Ja, aber ich bin über den Berg. Jetzt geht es mir wieder besser. Warum sind Sie gekommen?«
»Das ist eine direkte Frage, und ich will ebenso direkt antworten: der Chef hat mich geschickt.«
Der Chefinspektor, der einen Anzug aus Tussahseide trug, setzte sich auf die Erde und lehnte sich an einen Baum. Dann stopfte er seine Tabakpfeife. Bony mußte unwillkürlich lächeln, denn an dem Baumstamm liefen scharenweise Ameisen auf und ab.
»Warum hat Colonel Spendor Sie geschickt?«
»Er ist wohl der Meinung, daß Sie lebend der Polizei bessere Dienste leisten können, als wenn Sie hier in Karwir unter der Erde liegen. Wir erfuhren, daß Sie sehr krank waren, daß die hiesigen Eingeborenen das Deutebein auf Sie gerichtet hatten. Und da hat mir der Chef den Auftrag erteilt, Sie zurückzuholen. Kommen Sie freiwillig mit?«
Die Frage war absurd. Browne wog immerhin hundert Kilo, Bony im Augenblick nur die Hälfte, und er war so schwach, daß er nicht einmal einem Zwölfjährigen Widerstand hätte leisten können.
»Und von wem haben Sie diese Information?«
»Als Polizeibeamter müßten Sie wissen, daß wir den Namen eines Informanten niemals preisgeben«, entgegnete Browne. »Als der Chef von der Geschichte hörte, zeigte es sich wieder mal, daß er eine Schwäche für Sie hat. Falls sich die Rechnungsstelle weigern sollte, die Kosten für den Flug zu übernehmen, will der Chef sie aus der eigenen Tasche bezahlen.« Browne wußte genau, wie er Bony nehmen mußte. »Wenn Colonel Spendor in Pension geht, dann wird das ein schwarzer Tag sein, Bony, und wir beide werden einen guten Freund verlieren.«
»Da pflichte ich Ihnen bei«, murmelte Bony.
»Gut! Und nun packen Sie zusammen, damit wir abfliegen können. Loveacre möchte über Nacht in Opal Town bleiben. Niemand wird Ihnen einen Vorwurf machen, weil Sie diese Vermißtenangelegenheit nicht aufgeklärt haben. Dann werden wir uns einmal mit dem Chef zusammensetzen, und ich bin überzeugt, daß er die Entlassung rückgängig macht.«
»Glauben Sie das tatsächlich?« Bonys Augen leuchteten.
»Aber gewiß. Er weiß, daß es keinen besseren Spürhund gibt als Sie, auch wenn Sie nicht den geringsten Respekt zeigen.«
Bony seufzte. »Na schön, dann werde ich meine Ermittlungen einstellen. Ich bin sehr krank, und da fällt es mir schwer, hier noch länger Nachforschungen
Weitere Kostenlose Bücher