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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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geänderten Plänen berichten konnte. Kein Empfang. Also meldete er sich über Funk in der Zentrale und bat die Telefonistin, bei Marybeth und in Jackson Bescheid zu geben, dass er später ankäme.
    Er versuchte zu schlafen. Kälte kroch ins Führerhaus. Das Signal des Bärenhalsbands klang wie Herzklopfen.
    Um halb drei drang ein metallischer Knall von der dunklen Wiese herauf. Joe schrak hoch, stieß mit dem Kopf ans Lenkrad und sah zum anderen Wagen hinüber. Auch Trey hatte den Lärm gehört und die Innenbeleuchtung eingeschaltet. Nun ließ er das Seitenfenster herunter.
    Als Joe die Tür öffnete, zerriss ein Brüllen die Stille, das die Erde zu erschüttern schien.
    »Klingt, als hätten wir ihn«, sagte Trey. In seiner Stimme lag nicht die geringste Spur von Freude.
    Joe spürte ein Frösteln, und seine Arm- und Nackenhaare richteten sich auf.

6. KAPITEL
    Noch bevor die Autoscheinwerfer das Innere der Bärenfalle beleuchteten, nahm Joe den starken Moschusgeruch des Tieres wahr. So mochte ein nasser Hund riechen, der doppelt so groß war wie ein Football-Verteidiger.
    »Oha«, sagte Trey, als sie den Grizzly mit im grellen Licht blinzelnden Augen in der Falle kauern sahen. »Der ist ja noch größer als letztes Mal.«
    »Ist das 304?« Joe klang so schwach, als hätte ihm die Gegenwart des Bären das Mark aus den Knochen gesogen. Der Grizzly füllte den hinteren Teil der Falle aus; er hatte den mächtigen Kopf sinken lassen, und seine Nase war feucht und schwarz. Rosa Speichel hing wie eine Perlenkette von seinem Maul auf den halb verzehrten Kadaver. Der Bär war verängstigt und atmete stoßweise, was die Falle sanft zum Schaukeln brachte.
    »Ja, das ist er.«
    Auf dem Sitz zwischen ihnen lag ein Betäubungsgewehr, das mit einem mit Telazol gefüllten Pfeil geladen war. Wenn das Tier erst einmal bewusstlos war, müssten sie sich, so Trey, anhand der Ohrmarke vergewissern, dass es sich um 304 handelte, und ihm eine tödliche Dosis Euthanol spritzen.
    Joe fuhr nahe an die Gitterstäbe der Fallentür heran und stellte den Wagen ein wenig quer, um seinen Kollegen in eine gute Position für den Schuss zu bringen.
    »Wie ich das hasse!« Trey spannte das Gewehr und zielte aus dem Seitenfenster. »Von ganzem Herzen.«
    Joe sah den Betäubungspfeil durchs Scheinwerferlicht blitzen. Zwar konnte er nicht erkennen, wo er durchs dichte Fell des Grizzlys gedrungen war, doch er hörte den Bären stöhnen.
    »Getroffen?«, fragte er.
    »Ganz sicher.«
    »Wie lange dauert es, bis er ohnmächtig wird?«
    »Fünf Minuten.«
    Sie warteten zehn Minuten. Joe konnte nicht erkennen, ob der Bär tatsächlich betäubt war. Seine Augen jedenfalls reflektierten das Licht noch immer, und auch der Speichel lief ihm unvermindert aus dem weit geöffneten Maul heraus.
    »Das dürfte genügen«, sagte Trey, verließ den Wagen und nahm seine geladene Flinte und das Euthanol-Set mit. Joe stieg mit seiner Waffe auf der Fahrerseite aus. Beide näherten sich der Fallentür. Joe hörte den Bären atmen. Es roch sehr streng, auch wegen des blutenden Kadavers. Sie schalteten die Taschenlampen ein. Trey beleuchtete den Schließmechanismus der Tür, während Joe sein Licht auf das Tier richtete.
    Was er sah, erschreckte ihn zu Tode. Der Grizzly blinzelte nicht nur ins Lampenlicht, sondern wandte auch den Kopf, um ihm auszuweichen.
    »Trey … «, flüsterte Joe dringlich.
    » Scheiße! «, brüllte der und fuhr herum. » Die Tür ist nicht eingerastet! «
    Der Bär brüllte und warf sich so rasch und wuchtig gegen die Tür, dass sie aufflog und das Stahlgitter weggeschleudert wurde. Nie hatte Joe ein derart großes Tier sich so schnell bewegen sehen, und er wusste, dass er ihm hilflos ausgeliefert wäre, sollte es ihn angreifen. Unwillkürlich wich er Richtung Pick-up zurück, hob dabei die Flinte und hörte, wie Trey auf gut Glück dem riesigen braunen Etwas hinterherschoss, das rasend schnell in Richtung Wald verschwand.
    304 tat einen kurzen Sprung, als wäre er getreten worden, und rannte weiter. Joe zielte auf den zuckenden Umriss, hatte ihn im Sucher, verlor ihn wieder und drückte nicht ab.
    Sie standen kurz da und hörten den Bären mit der Geräuschkulisse und der Anmut eines Meteoriten durchs Unterholz brechen. Joe staunte, dass er außer seinem wummernden Herzschlag überhaupt noch etwas hören konnte.
    Sie brauchten fast zwanzig Minuten, um sich zu beruhigen und die Lage einzuschätzen. Joe war froh, dass Trey in der Dunkelheit nicht sehen

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