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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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an die Visitenkarte in seiner Tasche.
    Susans Miene bekam etwas Angespanntes. »Don Ennis. Kennen Sie ihn?«
    »Ich bin ihm gestern Abend gewissermaßen begegnet. Er hat mir einen Drink bringen lassen.«
    »Don und Stella Ennis«, sagte Susan mehr zu sich selbst, als erinnerte sie sich an etwas Unangenehmes.
    Joe dachte an Sheriff Tassells Bemerkung, er habe Will nach einem Streit festgenommen. Er würde noch einmal bei ihm nachhaken müssen, ob es sich bei Wills Kontrahenten um Don Ennis gehandelt hatte.
    Susan sah Joe scharf an und senkte die Stimme, als könnte jemand sie belauschen. »Joe, ich kann Ihnen nur raten, sich vor dem Mann in Acht zu nehmen. Er bekommt, was er will, und es ist ihm egal, wer dabei bluten muss.«
    Ihre plötzliche Eindringlichkeit überraschte Joe.
    »Und Stella«, fuhr sie fort, »spielt ein Spiel, das nur sie allein durchschaut. Sie ist vielleicht die Gefährlichste von allen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    Susan lehnte sich zurück und trank aus. »Das weiß ich selbst nicht, aber sie gibt mir dieses Gefühl. Ein finsteres Gefühl. Ich halte sie für ein Raubtier. Und Will«, sie setzte das leere Glas erneut an die Lippen, »Will dachte, ich würde mich in ihr täuschen. Er glaubte, ich wäre eifersüchtig. Und weißt du was? Wahrscheinlich war ich das sogar.«
    Joe empfand das Bedürfnis, Stella zu verteidigen. Hatte Susan sie beim Trauergottesdienst nicht weinen sehen? Waren das die Tränen eines Raubtiers? Aber darüber mit Susan zu sprechen war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Er wechselte das Thema.
    »Woran hat er eigentlich zuletzt gearbeitet?«
    »Tut mir leid, aber da kann ich Ihnen nicht helfen. Die Jungs und ich sind vor Monaten ausgezogen. Auch als wir noch zusammen waren, hat er wenig über seine Vorhaben geredet. Er versuchte, all das im Büro, im Pick-up oder sonst wo zu lassen. Von den großen Sachen – vom Netzwerk zur Befreiung der Tiere, von Smoke oder von Ennis’ Beargrass Village – hab ich nur erfahren, wenn er sie mal flüchtig erwähnte, oder weil mir jemand davon erzählt hat oder etwas darüber in der Zeitung stand.«
    »Susan, wo hat er seine Akten und Notizbücher aufbewahrt?« Joe merkte, dass er klang, als würde er sie verhören. »Entschuldigen Sie bitte meinen Ton.«
    »Schon in Ordnung.« Sie tätschelte ihm die Hand. »Was die Akten angeht, bin ich mir nicht sicher. Im Büro, nehme ich an. Manchmal hat er sein Notizbuch mit nach Hause genommen, um Aufzeichnungen zu machen, aber Akten oder Unterlagen hat er nie zu Hause aufbewahrt.«
    »Darf ich die Kisten mit seinen Hinterlassenschaften durchsehen?«
    »Nur zu, Joe. Ich weiß ohnehin nicht, was ich damit anfangen soll. Wahrscheinlich gehören sie dem Staat.«
    Sie drehte unvermittelt den Unterarm herum und sah auf ihre Armbanduhr. Wäre ihr Glas nicht leer gewesen, sie hätte sich Wein über den Schoß gegossen. »Ich muss zurück zu den Jungs und den, äh, Trauergästen.«
    »Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Susan. Ich weiß das sehr zu schätzen.«
    Wieder tätschelte sie ihm die Hand.
    Leicht schwankend rutschte sie vom Stuhl, und Joe stützte sie kurz, um ihr herunterzuhelfen. Sie stellte das Glas ab, strich ihren Rock glatt und wollte sich schon verabschieden, hielt dann aber inne.
    »Bei all Ihren Fragen hätte ich fast vergessen, worüber ich eigentlich mit Ihnen reden wollte. Vor einem Jahr, zu der Zeit, als Will die Orientierung zu verlieren begann und sechs Monate vor unserer Trennung, hat er mich zum Essen eingeladen. Es war ein sehr netter Abend, obwohl wir ihn uns nicht leisten konnten. Hier ist alles sündhaft teuer. Jedenfalls sagte er plötzlich, wenn er sterbe, sollten seine Überreste an einem bestimmten Ort verstreut werden. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, glaube ich, er wusste, dass etwas passieren würde.«
    Sie hatte das Gleichgewicht zurückgewonnen und verließ die Lounge. Joe folgte ihr.
    »Two Ocean Pass, so heißt der Ort. Er ist irgendwo da oben in der Wildnis, wo er patrouillierte. Für seine Verhältnisse hat er ihn recht ausführlich beschrieben.«
    Sie blieb im Flur stehen und drehte sich zu Joe um. Aus dem Raum, in dem die Trauerfeier stattfand, drang ungeduldiges Gemurmel. Die Gäste warteten zweifellos auf die Witwe.
    »Er sprach von einem Gebirgsbach. Two Ocean Creek nannte er ihn, glaube ich. Jedenfalls fließt er südwärts durch eine große Wiese und teilt sich an einer einsamen Fichte. Genau dort ist die Kontinentale Wasserscheide. Ein Teil

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