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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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recht?«
    »Stimmt«, gab Joe zurück. »Das wusste ich nicht.« Und Trey wohl auch nicht, dachte er, sonst hätte er es erzählt.
    »Es wurde ständig schlimmer mit ihm. Ich hab es kommen sehen.« Tassell wies in den Saal. »Wie alle hier. Er befand sich in einer Todesspirale, und es war nur eine Frage der Zeit. Der Gerichtsmediziner kam zu dem Schluss, dass es Selbstmord war. Daran besteht absolut kein Zweifel, nur für den Fall, dass Sie etwas anderes dachten. Will hat sich betrunken, hat zu Abend gegessen und sich an seinem Schreibtisch erschossen. So einfach ist das. Auf dem Tisch stand ein Foto seiner Familie, und vermutlich war das das Letzte, was er vor seinem Tod gesehen hat. An der Waffe waren nur seine Fingerabdrücke.«
    »Stimmt es, dass er an diesem Abend nichts als Fleisch gegessen hat?«
    Tassell sah Joe fragend an. »Woher haben Sie das ?«
    »Nur so ein Gerücht.«
    »Ja, das stimmt. Er hat sich an dem Abend ziemlich viel Fleisch gebraten. Alle Pfannen waren benutzt, und als er starb, lagen noch Steaks auf seinem Teller. Es roch gut bei ihm. Na und?«
    »Ich weiß nicht.«
    »So ungewöhnlich ist das doch nicht. Das mach ich auch. Einmal im Monat bestell ich bei meiner Frau ›Fleisch satt‹: Rindersteaks, Schweineschnitzel, Wapitiwürste. Vielleicht etwas Brot dazu. Sie findet das nicht gut, denn sie ist sehr gesundheitsbewusst, aber sie erfüllt mir den Wunsch.«
    »Gab es keine Obduktion?«
    Tassell schüttelte den Kopf. »Wozu? Wir machen in Teton County keine Obduktion, wenn die Todesursache offensichtlich ist. Auch wir müssen sparen.«
    Um euch Fortbildungen in Interkultureller Kommunikation leisten zu können, dachte Joe. Wie viele Morde mochte es in Tassells Amtszeit gegeben haben? Er konnte sich nicht erinnern, in letzter Zeit von einer Bluttat in Teton County gehört zu haben.
    Als hätte er Joes Gedanken gelesen, fuhr der Sheriff fort: »Es kommen jedes Jahr ein paar Leute ums Leben, aber nicht durch Verbrechen. Ein, zwei Touristen ertrinken im Wildwasser, ein Abfahrtsläufer kracht gegen einen Baum, oder ein Skifreak übertreibt es mit einer schicken neuen Designerdroge. Dass wir hier keine Kapitalverbrechen haben, heißt aber nicht, dass wir mit Mord und Totschlag nicht umgehen können. Das hier ist eine kleine, übersichtliche Gemeinde, in der viele wichtige Leute mit sehr viel Geld und Einfluss leben. Die mögen es nicht, wenn Dinge passieren, die man aus schlechten Country- und Western-Songs kennt. Damit soll sich der Rest von Wyoming herumschlagen. Und schlechte Nachrichten mögen sie auch nicht, weil das hier ihr Lieblingsspielplatz ist.«
    Joe musterte den Sheriff. Worauf wollte er hinaus?
    »Die Gegend hier ist was Besonderes«, sagte Tassell. »Wegen all der Millionäre und Milliardäre hat der Landkreis das höchste Pro-Kopf-Einkommen der Vereinigten Staaten. Es gibt hier Leute, die meinen, sie müssten sich nicht an die Regeln halten. Und wissen Sie was?« Der Sheriff zog die Augenbrauen hoch. »Das müssen sie auch nicht! Sie mögen es nicht, wenn in ihrer Stadt ein schmuddeliger Selbstmord passiert. Und ich auch nicht.«
    »Ich bin irritiert«, sagte Joe.
    Tassell wandte seinen Blick ab. »Passiert ist passiert. Ich will nicht, dass das noch mal ans Licht gezerrt wird.«
    »Glauben Sie, ich hab das vor?«
    »Möglich. Das meinte jedenfalls Barnum.«
    Joe hielt inne. Tassell gab ihm deutlich zu verstehen, er solle sich zurückhalten. Aber tat er das, weil es etwas zu verbergen gab, oder bloß, weil weitere Untersuchungen schlecht aussehen und unerwünschte Aufmerksamkeit hervorrufen würden? Joe vermutete Letzteres.
    »Keine Sorge«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass Sie da von meiner Seite etwas zu befürchten haben.«
    »Das will ich hoffen«, erwiderte Tassell mit Nachdruck und verabschiedete sich mit den Worten: »Ich hole mir noch eine Ladung Käse.«
    »Was ist mit den Schlüsseln?«
    »Kommen Sie gegen fünf ins Büro. Bis dahin dürfte die Fortbildung vorüber sein.«
    Joe beobachtete, wie Randy Pope Susan Jensen umarmte. Er hielt sie ein paar Sekunden zu lange, wodurch sein Verhalten unangemessenen wirkte. Susan schien die Umarmung nicht zu erwidern.
    Schließlich sagte Pope ein paar anteilnehmende Worte und verabschiedete sich von ihr.
    Als er vorbeikam, meinte Joe: »Im Namen der Behörde, was?«
    »Haben Sie nichts zu arbeiten?«, fuhr Pope ihn an und wurde puterrot.
    Susan Jensen arbeitete sich durch eine Gruppe von Trauergästen und kam zielstrebig auf Joe

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