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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu. »Kann ich bitte kurz mit Ihnen reden?«
    »Klar.« Er folgte ihr auf den Flur.
    »Ich brauch einen Drink«, bemerkte sie, als müsse sie sich dafür entschuldigen.
    Joe brauchte keinen, verzichtete aber darauf, ihr das zu sagen. Die Lounge befand sich am anderen Ende des Korridors, und Susan spähte hinein, ehe sie eintrat.
    »Die Luft ist rein«, meinte sie, nahm auf einem Hocker am leeren Tresen Platz und bestellte einen Weißwein. Joe mochte sie, und das schon seit ihrer ersten Begegnung. Sie war überschwänglich, klug, ein wenig sarkastisch und so tatkräftig wie Marybeth.
    »Für mich nur einen Tonic«, sagte er zum Barkeeper, der jung, durchtrainiert und sonnengebräunt war – der Jackson Look.
    »Sie trinken nicht – das ist gut«, fand Susan.
    »Heute jedenfalls nicht.«
    Sie wartete auf eine Erklärung.
    »Ich hatte gestern Abend zwei Drinks zu viel.«
    »Will war früher auch so vernünftig. Er konnte ein paar Gläser trinken und dann wieder wochenlang ohne jeden Alkohol auskommen. Das ist ihm nicht mal aufgefallen. Doch dann hat er sich verändert.«
    »Susan, es tut mir leid.«
    »Das tut es allen.« Sie nippte an ihrem Drink. Ihre Stimme bekam etwas Ärgerliches. »Jedem da drüben tut es sehr leid. Wir hatten noch nie so viele Freunde in Jackson, die so gut von uns dachten.«
    Joe wusste nicht, was er darauf erwidern sollte.
    »Entschuldigung. Das hätte ich nicht sagen sollen. Es ist gehässig. Einige Leute waren zu mir und den Jungen wirklich nett. Ein Unbekannter hat sogar die Kosten für die Urnenbestattung übernommen, was uns sehr geholfen hat. Wills Lebensversicherung wird nicht zahlen. Ich hab zwar wieder Arbeit, muss aber an die Jungen denken, daran, wie ich ihr Studium bezahlen soll.«
    Er hatte nicht bedacht, dass Lebensversicherungen bei Selbstmord nicht zahlten, und spürte Zorn. Wie konnte Will so selbstsüchtig sein?
    »Joe, wenn eine Frau ihren Mann verlässt, möchte sie, dass er es bedauert. Er soll sich hinsetzen und schmoren und sich hundeelend fühlen, weil er sie vertrieben hat. Und dann möchte sie vielleicht, dass er sich am Riemen reißt und auf Knien angekrochen kommt. Sie will doch nicht, dass er sich umbringt und sie damit alleinlässt.«
    »Verstehe.«
    »Hoffentlich. Falls Marybeth Sie je verlässt, kriechen Sie zu ihr zurück wie ein geprügelter Schoßhund. Fressen Sie es nicht in sich hinein, brüten Sie nicht darüber nach, und denken Sie nicht, es gäbe keinen Ausweg.«
    Er nickte und wusste nicht recht, warum sie ihm diesen Rat gab. Sie leerte ihr Glas und bestellte ein zweites.
    »Ich muss mich stärken, bevor ich wieder da reingehen kann.«
    Er hatte so viele Fragen. »Wo werden Sie hinziehen?«
    »Die Kinder und ich leben seit vier Monaten bei meinen Eltern in Casper. Ich hab bei der Zeitung Arbeit gefunden, zuerst im Anzeigenverkauf, doch kürzlich bin ich Vertriebsleiterin geworden. Es ist anstrengend, aber ich bin gut darin. Wir haben jetzt höhere Einnahmen als je zuvor.«
    Joe dachte an die Parallelen zu seiner eigenen Familie. Marybeths neuer Beruf, in dem sie wahrscheinlich gut verdienen könnte, wenn nur Joe eine andere Stelle annehmen oder sie alle aus Saddlestring wegziehen würden. »Wie kommen die Jungen mit dem Umzug klar, und jetzt mit dem hier?«
    »Gar nicht«, sagte sie sachlich. »Will war ihr Abgott. Da können Sie sich denken, wie es ist. Sie haben Mädchen, richtig?«
    »Ja.«
    »Stellen Sie sich vor, Sie hätten Jungs, und die würden jeden Tag zusehen, wie Sie nach dem Frühstück die Pistole umschnallen, den Hut aufsetzen und in die Berge fahren, um die Bösen zu schnappen und die Herden zu beschützen.« Die eigenartige Formulierung »die Herden beschützen« kam ihr so selbstverständlich über die Lippen, dass Joe vermutete, es handelte sich um einen Scherz zwischen ihr und Will. »Sie haben ihn angebetet«, sagte sie, »und tun es noch immer. Sie sahen ihn nicht so, wie ich ihn in den letzten, schlimmen Monaten erlebte, als ich aus Casper gekommen war und wir uns versöhnen wollten. Etwas in ihm hatte sich unwiderruflich verändert. Mehrmals ist er brüllend durchs Haus getorkelt und hat mich verflucht. Das hatte er früher nie getan. Seine Stimmungswechsel wurden völlig wahnwitzig und unvorhersehbar. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Ich hab ihn nicht wiedererkannt und er hat mir Angst gemacht. Wer weiß, was die Jungen von ihm dächten, wenn sie ihn so gesehen oder gehört hätten.«
    Joe zuckte zusammen. Er hatte sagen

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