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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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meinte Marybeth. »Aber ihre Einstellung gefällt mir gar nicht … «
    Sie sagte noch mehr, aber das konnte Joe nicht hören.
    »Ihr Auge ist also in Ordnung?«
    »Joe, ich hab dir doch gerade gesagt … « Wieder war das Signal unterbrochen.
    Er stieg aus dem Wagen und ging den Gehsteig entlang, in der Hoffnung auf besseren Empfang.
    »… hat schon wieder jemand angerufen und kein Wort gesagt … «
    »Was?«
    »Es war eine 720er-Vorwahl. Hast du … «
    »Eine 720er-Vorwahl?«
    »… sie hat mich gefragt, ob wir uns deswegen Sorgen machen müssten … «
    »Marybeth, hör auf«, sagte Joe frustriert. »Warte, bis ich ins Haus kann. Ich ruf dich dann vom Festnetz an, und wir reden in Ruhe, ja?«
    »… sie vermissen dich, Joe … «
    »Hast du mich verstanden?«
    Plötzlich war die Verbindung gut. »Was soll ich verstanden haben? Warum fährst du mich so an?«
    »Ich fahr dich nicht an.« Joe sah zur Straßenlaterne hoch. »Der Empfang ist ständig gestört, und ich verstehe nur Fetzen.«
    »… vielleicht meldest du dich morgen wieder und redest mal mit den Mädchen … «
    »Das mach ich. Aber Marybeth … «
    Wieder kein Empfang.
    Er legte seufzend auf, als Sheriff Tassells Jeep die Straße herunterkam und hinter seinem Wagen hielt.
    »Entschuldigen Sie meine Verspätung«, sagte Tassell beim Aussteigen. Bevor die Innenbeleuchtung wieder erlosch, konnte Joe eine Frau und mindestens zwei Kinder im Wagen erkennen. Der Sheriff war offenbar mit seiner Familie unterwegs.
    »Sie glauben gar nicht, wie viele gesellschaftliche Verpflichtungen man hier hat«, sagte er auf dem Weg zur Haustür über die Schulter und ließ dabei einen Schlüsselbund am Zeigefinger kreisen. »Fast jeden Abend liegt was an.«
    Joe brummte etwas Unverständliches.
    »Heute war das jährliche Sponsorendinner im Wildlife Art Museum. Als Sheriff muss ich bei so was aufkreuzen. Es würde auffallen, wenn ich da fehle.«
    »Sie hätten die Schlüssel doch im Büro hinterlegen können.«
    Tassell mühte sich im Dunkeln, den passenden Schlüssel zu finden. »Ich wollte mir die Wohnung vorher noch mal ansehen.«
    »Warum?«
    Der Sheriff drehte sich um, doch Joe konnte in der Dunkelheit sein Gesicht nicht erkennen.
    »Um sicherzugehen, dass alles gesäubert wurde.«
    Das hoffte auch Joe. Der Schlüssel glitt ins Schloss, und als Tassell die Tür aufdrückte, rissen die Klebesiegel mit einem schmatzenden Geräusch. Der Sheriff tastete nach dem Lichtschalter, und Veranda- und Innenbeleuchtung gingen an. Blinzelnd folgte Joe ihm ins Haus.
    »Sauber genug, finde ich«, sagte Tassell mit musterndem Blick.
    Joe stellte sich neben ihn. Das Haus war nicht größer als seine Dienstwohnung in Saddlestring. Sie standen im Esszimmer, und entlang der Wand neben der Tür hingen Küchengerätschaften. Das einzig Ansehnliche war ein hochmoderner Kühlschrank, an dessen linker Tür sich Eismacher und Wasserhahn befanden. Der Tisch, an dem Will sich umgebracht hatte, befand sich mitten im Zimmer, und an seinen Längsseiten standen je zwei Stühle. Bis auf eine stehen gebliebene Uhr war die billige Wandvertäfelung völlig schmucklos. Die Decke war vergilbt und musste dringend gestrichen werden. Durch den Lampenschirm kam gesprenkeltes Licht, weil sich tote Eulenfalter in der Mattglaskugel gesammelt hatten. Es roch stark nach Desinfektionsmittel.
    Tassell ging zur Stirnseite des Tischs, drehte sich zu Joe um und wies zur Decke. »Da ist die Kugel eingeschlagen.« Er zeigte auf ein münzgroßes Loch eine Handbreit neben der Vertäfelung. »Ich hatte erwartet, das würde zugespachtelt, aber von wegen.«
    Joe blickte hoch. Dort, wo das Blut entfernt worden war, spiegelten sich halbkreisförmige Wischspuren im Licht. Auch die Vertäfelung an der Ostwand wirkte frisch gereinigt.
    »Hier sah es furchtbar aus«, sagte Tassell. »Eine .44er Magnum hat eine verheerende Wirkung. Beim Rückstoß hat ihm die Kimme dann noch den Gaumen zerschlagen.« Zur Demonstration hielt er den Zeigefinger in den Mund und richtete ihn hinter die Vorderzähne.
    Dann gab er ihm den Schlüsselbund. »Da sind auch seine Pick-up-Schlüssel dran.«
    »Danke.«
    »Was soll ich sagen? Beschissene Bude, aber ich schätze, das ist nun Ihr neues Zuhause. Tja, ich hab die Kinder im Wagen. Die müssen dringend nach Hause.«
    »Wahrscheinlich melde ich mich noch mal mit ein paar Fragen zu Wills Selbstmord bei Ihnen.«
    Tassell hielt an der Tür inne. »Das wird nicht nötig sein.«
    Im Laufe der nächsten

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