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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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wenigen Stunden dem Arzt beim Anlegen des Verbandes zugesehen hatte. Es sei vermutlich nichts Ernstes, hatte er gesagt. Hätte die Gegenspielerin ihre Hornhaut nicht mit dem Fingernagel getroffen, wäre die Sache völlig harmlos verlaufen. Zu der Verletzung sei es bei einem Gerangel um den Ball gekommen, hatte Sheridan erzählt. Als sie ihn zu fassen bekam, habe ihn ihr jemand von hinten entreißen wollen und dabei ihr Auge erwischt.
    »Das hoffe ich auch«, sagte Marybeth und nahm den Hörer vom Wandtelefon.
    Stille.
    »Joe?«
    Sie hörte ein schweres Atmen und noch etwas – vielleicht gedämpfte Unterhaltung? – im Hintergrund.
    »Joe? Rufst du vom Handy an? Hörst du mich?«
    »Ich will mit ihm sprechen«, rief Sheridan vom Tisch herüber.
    Marybeth legte die Hand schnell auf die Sprechmuschel und schüttelte den Kopf, um ihr mitzuteilen: Das ist er nicht.
    Dann erinnerte sie sich der Anrufererkennung, die sie gerade erst hatten einrichten lassen: Die Nummer hatte eine 720er-Vorwahl, und das war ungewöhnlich.
    »Wer ist da?«
    Sie hörte, wie der Anrufer einatmete. Es schien, als müsse er sich erst sammeln, um zu antworten. Doch er schwieg weiter.
    »Ich lege jetzt auf.« Marybeth hängte ein. » Verdammt. «
    Die Nummer verschwand vom Display. Sie rief die Anrufliste auf und notierte die Nummer auf den Rand der Lokalzeitung, dem erstbesten Stück Papier, das sie hatte finden können.
    »Wer war das?«, fragte Sheridan.
    »Verwählt.«
    »Und warum schreibst du dann die Nummer auf?«
    Erwischt, dachte Marybeth. »Falls er noch mal anruft.«
    »Ich hab dich mit Dad darüber reden hören, dass jemand uns anruft, aber kein Wort sagt. War er das?«
    »Keine Ahnung.« Ihre Stimme klang schriller als ihr lieb war.
    Sheridan funkelte sie an. Die Tatsache, dass ein Auge verbunden war, machte ihren Blick nicht weniger bedrohlich. »Du brauchst mich nicht wie eine Idiotin zu behandeln, Mom. Ich bin dreizehn. Weißt du eigentlich, wie alt das ist?«
    Marybeth wappnete sich für einen weiteren Streit. In letzter Zeit kam es zwischen ihnen immer häufiger zu Auseinandersetzungen. »Sheridan«, erwiderte sie und bereute ihre Worte sofort, »weißt du eigentlich, wie jung das ist?«
    Sheridan knallte den Füller aufs Papier. »Du behandelst mich, als wäre ich so alt wie Lucy. Das bin ich nicht. Du vergisst, wie viel ich schon durchgemacht habe.«
    »Ach, hör doch auf.«
    »Nein«, sagte Sheridan mit glühenden Wangen, »ich höre nicht auf. Wenn jemand bei uns anruft und wir vielleicht in Gefahr sind, will ich das wissen. Tu nicht so, als wäre ich ein Baby.«
    Marybeth holte tief Luft und zählte bis drei. »Ich weiß doch gar nicht, ob wir in Gefahr sind. Ich hab keine Ahnung, wer uns da anruft und warum. Und ob das etwas zu bedeuten hat.«
    Sheridan funkelte sie noch immer an. Lucy kam rein und ihr Blick wanderte abwechselnd von ihrer Mutter zu Sheridan und zurück, als schaute sie beim Tennis zu.
    »War es so schwer, mir das zu sagen?«
    »Ihr was zu sagen?«, fragte Lucy. »Hat Dad angerufen?«
    »Ist doch egal«, meinte Sheridan.
    »Nein«, sagte Marybeth, »es war nicht Dad.«
    »Wann ruft er denn an?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Marybeth frustriert.
    »Er wird sich schon melden.« Sheridan nahm ihren Füller und machte sich wieder an ihre Hausaufgaben.
    Sei nicht so eingebildet , dachte Marybeth. Für einen kurzen Augenblick empfand sie einen großen Widerwillen gegen ihre ältere Tochter und deren Selbstgefälligkeit, doch im nächsten Moment hatte sie ihr schon wieder verziehen.
    Sie nahm die Zeitung mit der notierten Nummer und ging in Joes Büro. Dabei fuhr sie Sheridan im Vorbeigehen liebevoll durchs Haar. Sie drehte abrupt den Kopf weg, als wäre die Berührung ihrer Mutter eine Beleidigung.
    »Sheridan … «
    »Ich versuche, hier Hausaufgaben zu machen, ja?«
    Lass gut sein , sagte sich Marybeth. Lass gut sein!
    Sie legte die Zeitung auf den Stapel mit Joes ungeöffneter Post. Sie würde ihm die Absender vorlesen und ihm dann das das Wichtigste nach Jackson schicken. Und ihn fragen, ob er die Telefonnummer kannte. Falls er sich denn mal meldete.

15. KAPITEL
    Sheriff Tassell kam verspätet zur Schlüsselübergabe. Joe hatte in der Zwischenzeit ein unbefriedigendes Gespräch mit Marybeth geführt, bei dem der Empfang immer wieder gestört war, sodass er nur Satzfetzen verstand und sie ständig bitten musste, zu wiederholen, was sie gesagt hatte.
    »Sheridan geht es also gut?«
    »Anscheinend«,

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