Todfeinde
Thema verfasst und betreibe eine Website dazu.«
Joe legte die Broschüre in seine Akte.
»Bei dieser Siedlung«, fuhr Illoway fort, »geht es darum, eine Umgebung zu schaffen, in der Familien wieder eine Verbindung zur Natur und zu dem, was sie essen, aufbauen können. Sie können an der Geburt von Tieren teilhaben, an der Aufzucht, sogar an der Schlachtung. Wir werden auf dem Gelände unser eigenes Schlachthaus bauen, wo man der Tötung der Tiere durch große Fenster zusehen kann.«
Joe zuckte zusammen.
»Ich weiß, das klingt verrückt«, sagte Ennis, dem Joes Reaktion nicht entgangen war, »aber diese Leute machen das. Vor einigen Jahren hab ich das nördlich von New York erlebt. Freunde von mir – reiche Leute aus Manhattan, die sich eine Zeit lang vegan ernährten, bis sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnten und sich dann mit Diäten und Ernährungsprogrammen behelfen wollten – haben mich auf eine Farm in Connecticut mitgenommen, einen reinen Fleischbetrieb, wie sie sagten, wo alle Tiere auf die Weide kamen und frisches Gras fraßen und sogar die Hühner frei herumliefen. Es war wie im achtzehnten Jahrhundert. Und meine Freunde waren völlig verzückt. Sie suchten die Kühe aus, die sie geschlachtet haben wollten, und als die Tiere getötet und zerlegt wurden, ging ihnen das wirklich nah, doch sie erzählten mir, dass sie damals zum ersten Mal einen Bezug zur wirklichen Welt gespürt hätten. Also habe ich mich näher damit befasst und bin Pete begegnet, der die ganze Sache entwickelt hat. Das war zu der Zeit, als in Nordamerika der erste BSE -Fall gemeldet wurde. Schließlich habe ich Pete als Berater eingestellt und hierher gebracht, damit er uns bei der Planung der Siedlung hilft.«
»Ich gebe Seminare in Kalifornien und New York«, sagte Illoway. »Hunderte von Leuten zahlen fast tausend Dollar pro Nase, um etwas über die Gutfleischbewegung zu erfahren und mit mir unsere Farmen zu besuchen.«
»Und nun schaffen Sie ihnen eine Heimat«, meinte Joe.
»Genau!«, rief Ennis. »Wir haben die erste derartige Siedlung entworfen. Und nun möchte ich sie bauen . Und offen gesagt sind allein Sie es, der mir noch im Weg steht. Darum hoffe ich sehr, dass Sie uns entgegenkommen und sich nicht aufführen wie der verdammte Will Jensen.«
Einige Augenblicke vergingen. Joe spürte, wie Illoway, Ennis und Suhn ihn ansahen und auf eine Reaktion warteten.
»Ich hab mir Wills Akte angesehen«, erwiderte er. »Sein Problem mit der Siedlung scheint mir darin zu liegen, dass ihre Einzäunung die alten Wanderrouten der Grizzlys und Elche blockiert.«
Ennis schnaubte. »Lächerlich. Das habe ich Ihnen schon gesagt. Wir wollen dort ja Bären und Elche.«
»Und die Umzäunung? Wenn ich mir Ihre Karte ansehe, habe ich den Eindruck, dass Sie das Wild zwingen, die Landstraße zu queren, um ins Winterrevier zu gelangen.«
Don Ennis funkelte Joe böse an.
»Der Zaun leistet zweierlei«, warf Illoway in seiner vernünftigen Art ein. »Erstens schützt er die Privatsphäre der Bewohner. Zweitens sorgt er dafür, dass unser Vieh und das Wild auf unserem Gelände von Krankheiten und Wilderei verschont bleiben. Bedenken Sie, dass unsere Tiere genetisch so astrein wie nur möglich sind.«
»Ich kenne das Problem der Brucellose«, erwiderte Joe. Die meisten Wapitis, die aus dem Yellowstone Park südlich zogen, litten an dieser Krankheit. Sie stand im Verdacht, auf Rinder übertragen zu werden und bei Kühen Fehlgeburten zu bewirken. »Aber wovon Sie reden, klingt für mich nach einer Wildfarm, und die sind in Wyoming verboten.«
»Das ist keine Wildfarm«, widersprach Illoway, während Ennis nur stöhnte, »sondern eine Gutfleischsiedlung.«
»Lassen Sie mich die Akte durcharbeiten«, sagte Joe, »und alle Anmerkungen lesen.«
»Jetzt geht das wieder los«, zischte Ennis.
Joe wollte ihn beschwichtigen, zögerte aber. Wie dem Namen Beargrass Village selbst haftete dem gesamten Konzept etwas Unaufrichtiges an, so als wäre es auf dünnem Fundament gebaut. Dabei wollte Joe das eigentlich gar nicht denken, sondern teilte viele von Illoways Überzeugungen. Er verspürte den Drang, das Ganze abzusegnen und die Sache hinter sich zu bringen. Aber das konnte er nicht.
»Manchmal«, begann Illoway salbungsvoll, »müssen wir über unnütze Statuten hinwegsehen und den weit größeren philosophischen Wert ins Auge fassen, uns aus kleinlichen Regelwerken befreien und erkennen, wie die Dinge wirklich sind.«
Joe nickte. »Dazu
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