Todfeinde
vermutlich gesagt.«
»Das hat er übersprungen.«
»Das überrascht mich. Eigentlich kommt er darauf sofort zu sprechen.«
»Aber er hat mir vom Vizepräsidenten berichtet.«
»Ah«, meinte sie, »warum erzähle ich Ihnen das nur alles? Seltsam, ich finde es angenehm, mit Ihnen zu reden – als würde ich Sie schon lange kennen.«
Joe blieb vor seinem Pick-up stehen. Die Vertrautheit ihres Gesprächs hatte ihn verwirrt und auch ein wenig beunruhigt. Er fühlte sich in Stellas Gegenwart so wohl, als reichte ihre Bekanntschaft sehr weit zurück.
»Don ist einfach frustriert«, sagte sie.
»Das verstehe ich.«
Stellas schwarzer Geländewagen parkte direkt neben seinem Pick-up.
»Was ich dagegen nicht ganz verstanden habe, war die Art, wie er Sie angesehen hat, als Sie sich ins Gespräch eingeschaltet haben.« Er konnte es kaum fassen, diesen Satz tatsächlich gesagt zu haben, und spürte sofort, dass er es hätte lassen sollen.
Stella sah ihn fragend an. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Für einen Moment«, sagte Joe und begab sich damit auf noch dünneres Eis, »hat er wie ein Reptil geschaut.«
Sie lächelte ihn an, und hinter ihren herrlichen Lippen kamen strahlend weiße Zähne zum Vorschein. Er spürte, wie ihr Lächeln etwas in ihm auslöste, dem er sich nicht entziehen konnte.
»Was?«, fragte sie.
»Es ist vermutlich lächerlich, aber mir ist gerade etwas eingefallen, an das ich schon lange nicht mehr gedacht habe. Als ich zur Uni ging, gab es ein Lied, das ich sehr mochte, ›Stellas Lächeln‹.«
»Das ist über mich.«
»Wirklich?«
»Glauben Sie, ich bin schon mein ganzes Leben lang mit Don Ennis verheiratet? Ich bin nur seine neueste Angetraute, und es gab ein Leben davor, ob Sie es glauben oder nicht. Als ich in L. A. zur Highschool ging, war meine ganze Clique im Musikgeschäft unterwegs. Und als ich den Sänger kennengelernt habe, hat er dieses Lied geschrieben.«
»Wirklich?«
» Wirklich «, sagte sie leicht gereizt. »Einige gingen dann zur Uni, andere auf Tournee. Manche von uns wurden sehr schnell erwachsen, Joe.«
Er gaffte sie an.
»Der Sänger hatte das Lied ursprünglich ›Stellas Lippen‹ genannt, aber sein Manager konnte ihm das zum Glück ausreden.«
»Ich bin noch nie jemandem begegnet, über den ein Song geschrieben wurde.«
»Jetzt schon«, erwiderte sie abschätzig, doch er hatte den Eindruck, es gefiel ihr, dass er nun davon wusste. »Ich habe eine Frage. Sie sagten, Don sah wie ein Reptil aus. Greifen Sie oft zu Tiervergleichen, wenn Sie Menschen beschreiben?« Sie sah ihm unerschrocken in die Augen – wie damals im Restaurant, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte.
»Darüber habe ich noch nie nachgedacht, aber vermutlich ja.«
»Jemand, den ich kannte, tat das auch.« Ihre Augen verengten sich fast unmerklich, als sie sich erinnerte. »Ich finde das recht reizvoll.«
Joe ächzte und fragte sich, ob sie von Will sprach.
»Welches Tier wäre dann Pete Illoway?«
Er dachte kurz nach. »Ein Wolf.«
Sie lachte belustigt auf. »Jim Johnson?«
»Ein Bär.«
Joe wusste, was als Nächstes kam.
»Und mit welchem Tier würden Sie mich vergleichen?«
Er errötete. »Kann ich ein andermal darauf zurückkommen?«
Sie lächelte ihn wissend an. »Werden Sie das denn?«
Er zögerte. Er war gern mit ihr zusammen, sah ihr gerne zu, wenn sie redete. Sie gehörte zu einer exotischen Gattung: reizvoll und attraktiv, aber auch gefährlich. Wider Willen fühlte er sich von ihr angezogen. »Ich sehe Sie bestimmt wieder. Jackson ist schließlich keine Großstadt.«
»Ich habe festgestellt, dass sie so groß oder klein ist, wie man es gerne hätte«, gab sie zurück. »Was das anbelangt, ist Jackson einzigartig.«
Joe nahm seine Akte von der einen Hand in die andere.
»Das können Sie sich sparen«, meinte sie. »Ich hab Ihren Ehering gestern Abend gesehen – so wie Sie den meinen. Ist Ihre Frau mit Ihnen nach Jackson gekommen?«
»Nein, aber das ändert nichts.«
»Gute Antwort.« Sie senkte den Blick und verzog die Lippen zu einem schelmischen Lächeln. ›Stellas Lippen‹.
»Ich sollte jetzt besser mal wieder fahren.«
»Ja, das sollten Sie«, pflichtete sie ihm bei.
Joe schwang sich in den Pick-up. Als er sich umsah, stand sie nach wie vor neben seinem Wagen und schien noch etwas sagen zu wollen. Er kurbelte das Fenster herunter.
»Haben Sie in Will Jensens Schreibtisch die Akte über mich gefunden?«
»Die Akte?«
»Ich nehme an, dass es eine
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