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Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Titel: Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Männerstimme sagte: »Danke,
Pavlo. Halt bitte draußen Ausschau.«
    Ich klammerte mich
an die Hoffnung, dass Cornelia rechtzeitig weggerannt war, doch ein
unterdrückter Laut ließ mich nach hinten schauen. Sie sah aus, als wäre sie
auch gerade erst ins Stroh geworfen worden, aber außer den gefesselten Händen
hatte sie auch noch einen Knebel im Mund. Empört drehte ich mich zu dem Mann
um, der offenbar für die ganze Veranstaltung hier verantwortlich war.
    Ich hatte ihn noch
niemals zuvor gesehen, doch ich wusste sofort, wen ich vor mir hatte. Sybille
Hovermann hatte uns von ihm erzählt, und sicherlich wusste auch er von ihr, wer
wir waren. Der Mann war jung, höchstens Mitte zwanzig, hatte blonde weiche
Haare und ein eher zartes Gesicht, in dem allerdings ein entschlossenes Kinn
seine Zerbrechlichkeit Lügen strafte. Er war schmal gebaut und er saß in einem
Rollstuhl. Wir wurden von einem jungen Mann in Schach gehalten, den ich ohne
Anstrengung bis zum Hof hätte tragen können!
    Leider hielt er
eine kleine schwarze Pistole auf uns gerichtet, für die man überhaupt keine
Kraft brauchte.
    »Nehmen Sie ihr
den Knebel heraus. Das ist barbarisch!«
    »Glauben Sie mir,
Herr Schubert, ich möchte ihr nicht wehtun. Wir lassen den Knebel besser, wo er
ist.«
    »Und haben Sie
gefunden, wonach Sie suchten, Herr Ingo Hovermann?«
    Ich schaute mich
um und sah es sofort. Offenbar waren zwei Versuche nötig gewesen, um die Stelle
zu finden, wo Clemens Hovermann begraben war. Der Betonboden war aufgebrochen,
und dicker Staub hing in der Luft. Auf einer Seite war ein etwa zwei Meter
langer Graben ausgehoben worden, und die Wölbung darin deutete tatsächlich auf
einen Fund hin. Allerdings konnte ich in der Scheune keine menschlichen
Überreste entdecken.
    »Sie wissen also,
wer ich bin?«
    »Sie haben Ihren
eigenen Vater erschlagen oder zumindest dabei zugesehen. Bei allem Verständnis
für familiäre Streitigkeiten, das ist bestialisch.«
    Ingos Gesicht
blieb unverändert, beinahe freundlich, doch seine Stimme bekam einen
schneidenden Unterton. »Sie haben keine Ahnung, wovon Sie reden. Er war
allenfalls mein Erzeuger, wie ein Vater hat er sich nicht verhalten. Und er hat
meine Mutter betrogen.«
    »Das ist bitter,
doch wenn man alle Ehebrecher und Ehebrecherinnen zum Tode verurteilte, hätten
wir sicherlich keine Wohnungsprobleme mehr. Ihnen ging es doch um viel mehr als
darum, Rache an Ihrem Vater zu nehmen, nicht wahr?«
    Ingo Hovermann
steuerte seinen Rollstuhl so geschickt zu der ausgehobenen Grube, dass man die
lebenslange Übung erkannte.
    »Ja, ich habe
gefunden, wonach ich gesucht habe. Ich beschäftige mich schon sehr lange mit
der Geschichte der Familie Hovermann. Wissen Sie, Michael, ich hatte sehr viel
Zeit zur Verfügung. Mich rief kein Fußballspiel mit Nachbarskindern nach
draußen oder eine Schneeballschlacht. Stattdessen habe ich gelesen: die alte
Familienbibel, Kaufmannsbücher der Hovermanns. Ich war viel bei meinen
Großeltern väterlicherseits. Meine Großmutter liebte mich – so etwas kommt vor,
einige Menschen lieben auch Krüppel.«
    Selbstmitleid,
noch dazu von der sarkastischen Art, habe ich immer schon gehasst.
    Ingo redete
weiter, als hätte er alle Zeit der Welt. Vielleicht vertraute er seinem Wächter
Pavlo so sehr, dass er sich keine Sorgen um mögliche weitere Störungen machte.
»Mit der Zeit fand ich einiges heraus. Zum Beispiel hat mein Urgroßvater Horst
Hovermann sein Geld nicht nur damit verdient, gemeinsam mit den Schulze Nüßings
Geschäfte mit Schweinehälften und Lebensmitteln zu machen. Er betrieb außerdem
einen kleinen Handel mit Gemälden und ausgesuchten Antiquitäten, natürlich nur
mit handverlesenen Kunden. Reichen Kunden. Einmal im Jahr reiste Horst
Hovermann für einige Wochen nach Holland, denn er entwickelte ein Faible für
niederländische Künstler. Unter anderem kaufte er gern in einer Filiale der
großen Kunsthandlung namens Goupil & Cie ein. In dieser Galerie in Den Haag
arbeitete ein Lehrling, der, wie mein Vorfahr nebenbei bemerkte, einen recht eigenwilligen
Stil besaß, aber noch ganz am Anfang seiner Kunstfertigkeit stand. Mehr aus
einer Laune heraus ließ er sich von dem jungen Mann porträtieren. Das war
Anfang des Jahres 1873. Er kaufte dort auch einen Vermeer und ein Bild eines
heute eher unbekannten Künstlers. Dieser Vermeer ist noch immer im Besitz der
Familie. Keine Geringere als meine Tante Agathe hat ihn.«
    Hier machte Ingo
eine Pause und blickte

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