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Todsünde

Todsünde

Titel: Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Polizei überhaupt zu trauen war. Erst nachdem Pater Doolin sie nach Hyderabad gefahren hatte, glaubte sie es riskieren zu können, mich anzurufen.«
    »Und was haben Sie auf ihren Anruf hin unternommen?«
    »Was konnte ich denn tun? Ich war doch auf der anderen Seite des Globus.«
    »Ich bitte Sie, Dr. Banks. Soll ich Ihnen wirklich glauben, dass Sie einfach dort in Ihrem Büro in San Francisco gesessen und die Hände in den Schoß gelegt haben? Sie sind nicht der Typ, der untätig bleibt, wenn jemand eine solche Bombe platzen lässt.«
    »Was hätte ich denn tun sollen?«
    »Was Sie dann auch tatsächlich getan haben.«
    »Und was wäre das?«
    »Ich muss ja nur Ihre Telefonverbindungen überprüfen lassen. Da wird er bestimmt irgendwo auftauchen – Ihr Anruf bei der Zentrale von Octagon Chemicals in Cincinnati.«
    »Natürlich habe ich dort angerufen! Ich hatte gerade erfahren, dass Mitarbeiter des Unternehmens ein Dorf niedergebrannt hatten und zwei meiner Freiwilligen unter den Toten waren.«
    »Mit wem haben Sie bei Octagon gesprochen?«
    »Mit einem Mann. Irgendjemand aus dem Vorstand.«
    »Erinnern Sie sich an den Namen des Mannes?«
    »Nein.«
    »Er hieß nicht zufällig Howard Redfield?«
    »Ich weiß es nicht mehr.«
    »Was haben Sie ihm gesagt?«
    Victor blickte zur Tür. »Wieso dauert das mit dem Wasser so lange?«
    »Was haben Sie ihm gesagt, Dr. Banks?«
    Victor seufzte. »Ich habe ihm gesagt, dass es gewisse Gerüchte über das Massaker von Bara gebe. Dass Mitarbeiter der Octagon-Fabrik in den Vorfall verwickelt sein könnten. Er sagte, er wisse nichts davon, versprach mir aber, der Sache nachzugehen.«
    »Und was geschah dann?«
    »Etwa eine Stunde später rief mich der Generaldirektor von Octagon an. Er wollte wissen, woher ich das Gerücht hätte.«
    »Und hat er bei dieser Gelegenheit Ihrer Hilfsorganisation ein Bestechungsgeld in vielfacher Millionenhöhe angeboten?«
    »So war es nicht formuliert!«
    »Ich kann es Ihnen gar nicht verdenken, dass Sie auf den Deal eingegangen sind, Dr. Banks«, sagte Rizzoli. »Schließlich war das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Man kann Tote nicht wieder zum Leben erwecken, also konnten Sie ebenso gut die Tragödie zum Wohle der Menschheit nutzen.« Sie senkte die Stimme, und ihr Ton wurde beinahe vertraulich. »Haben Sie die Sache so betrachtet? Warum nicht das viele Geld, das sonst nur in den Taschen der Anwälte verschwunden wäre, gleich einem guten Zweck zuführen? Das ist doch nur vernünftig.«
    »Das haben Sie gesagt, Detective, nicht ich.«
    »Und wie wurde Schwester Ursulas Schweigen erkauft?«
    »Die Frage müssten Sie der Erzdiözese von Boston stellen. Ich bin sicher, dass auch mit ihr irgendein Deal gemacht wurde.«
    Rizzoli hielt inne. Sie musste plötzlich an Graystones Abbey denken. An das neue Dach, an die Renovierungsarbeiten. Wie war es einem verarmten Nonnenorden möglich, eine so wertvolle Immobilie nicht nur zu behalten, sondern auch noch zu modernisieren? Sie erinnerte sich an das, was Mary Clement gesagt hatte: Ein großzügiger Spender sei ihnen unverhofft zu Hilfe gekommen.
    Die Tür ging auf, und Crowe kam mit einem vollen Wasserbecher herein, den er auf den Tisch stellte. Victor griff sogleich mit fahrigen Bewegungen danach und trank gierig einen Schluck. Der Mann, der zu Beginn der Vernehmung noch so ruhig, geradezu unverschämt gelassen gewesen war, wirkte nun erschöpft und ausgelaugt, all seine Selbstsicherheit war wie weggeblasen.
    Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, auch noch den letzten Rest Wahrheit aus ihm herauszuquetschen.
    Rizzoli beugte sich vor und setzte zur letzten Attacke an. »Warum sind Sie wirklich nach Boston gekommen, Dr. Banks?«
    »Das habe ich Ihnen doch gesagt. Ich wollte Maura sehen«
    »Octagon hat Sie gebeten zu kommen. Habe ich Recht?« Er nahm noch einen Schluck Wasser. »Ja oder nein?«
    »Sie waren beunruhigt.«
    »Weswegen?«
    »Die Börsenaufsicht ermittelt zurzeit gegen das Unternehmen. Das hat nichts mit den Ereignissen in Indien zu tun, aber wegen der Höhe der Zuwendung an One Earth befürchtete Octagon, dass die Behörde Verdacht schöpfen könnte. Dass Fragen gestellt würden. Man wollte sichergehen, dass unsere Aussagen übereinstimmten, falls wir dazu vernommen würden.«
    »Man hat von Ihnen verlangt, für Octagon zu lügen?«
    »Nein. Nur den Mund zu halten. Weiter nichts. Wir sollten nur nicht ... über Indien reden.«
    »Und wenn man von Ihnen verlangt hätte, unter Eid auszusagen?

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