Todtsteltzers Ehre
Jakob entschieden.
»Auf uns wartet ein eigener Auftrag. Achten wir doch darauf,
nicht abgelenkt zu werden. Zunächst müssen wir herausfinden,
wie böse Shub uns schon am Haken hat. Alles andere kann
warten.«
»Es muß wundervoll sein, sich so konzentrieren zu können.«
Ruby zuckte ärgerlich die Achseln. »Mir gefällt nichts von
alledem. Ich werde das Gefühl nicht los, daß wir, egal was wir
unternehmen, immer mehr den Boden unter den Füßen verlieren.«
»Falls nicht wir, wer dann?« hielt ihr Jakob entgegen. »Für
uns spricht viel mehr als für jeden anderen.«
Ruby seufzte und zuckte erneut die Achseln. »Wo fangen wir
an?«
»Bei Robert Feldglöck, dem frisch ernannten Kapitän der Elementar. Wir wissen, daß seine Familie Umgang mit Shub hatte, bis die Wolfs die Feldglöcks bei einer ausgesprochenfeindlichen Übernahme fast vernichteten. Sehen wir mal, was
Robert uns sagen kann.«
»Und falls er nicht mit uns reden möchte?«
Jakob lächelte. »Dann darfst du ein bißchen mit ihm spielen.
Versuche, ihn nicht zu sehr zu verletzen.«
Sie flogen mit einem Amtsshuttle zur Elementar hinauf, bewaffnet mit einer Vollmacht des Parlaments, jeden zu verhören, nach dem ihnen verdammt noch mal der Sinn stand. Die Elementar war einer der wenigen Sternenkreuzer der E-Klasse,
die die Rebellion überstanden hatten, und wurde zur Zeit dafür
ausgerüstet, am Abgrund Dienst zu tun. Das riesige Schiff war
von kleineren Fahrzeugen umringt, die es umschwärmten wie
Wespen ein Nest, während Hunderte von Menschen in Druckanzügen überall auf dem Rumpf herumkrabbelten, um Reparaturen und Verbesserungen vorzunehmen. Der Kapitän antwortete nicht persönlich auf Jakob Ohnesorgs Ersuchen um ein
Treffen, aber sein Komm-Offizier gab die Nachricht weiter,
daß sich der Kapitän zum frühestmöglichen Zeitpunkt in seiner
Kabine zur Verfügung halten würde.
Ruby dockte das Shuttle dort an, wo man sie einwies, und
dann warteten beide in der Luftschleuse ungeduldig darauf, daß
jemand von der anderen Seite die Tür öffnete. Nach Maßstäben
von Luftschleusen war diese recht groß, aber Jakob fühlte sich
trotzdem unbehaglich beengt. Falls der Feldglöck wirklich
nicht mit ihnen über die Verbindungen seines Clans zu Shub reden wollte, konnte er die Besucher hier ewig warten lassen.
Oder zumindest, bis sie es leid wurden und wieder verschwanden. Jakob sah, daß Ruby die Innentür nachdenklich musterte.
»Nein, wir werden nicht versuchen, sie aufzubrechen!« stellte er entschieden fest. »Diese Tür wurde dafür konstruiert, großen Belastungen standzuhalten.«
»Sie wurde nicht dazu konstruiert, uns standzuhalten«, konterte Ruby gelassen. »Nichts wurde das.«
»Durchaus möglich. Aber selbst, wenn wir es schaffen würden, möchte ich nicht, daß du es jetzt schon probierst. Ich
möchte den Feldglöck nicht auf die Idee bringen, er hätte uns
nervös gemacht.«
»Ich bin nicht nervös«, wandte Ruby ein. »Nur zunehmend
verärgert.«
»Er ist vielleicht nur beschäftigt. Schließlich ist er der Kapitän.«
»Niemand ist zu beschäftigt, um uns zu empfangen. Nicht,
wenn er weiß, was gut für ihn ist.« Ruby sah finster drein.
»Nein, er ist auch so ein verdammter Aristo. der uns warten
läßt, um uns zu zeigen, für wie wichtig er sich hält.«
»Das denke ich nicht«, sagte Jakob. »Seine Akte zeigt, daß er
schon immer vor allem ein Flottenoffizier war und erst in zweiter Linie Aristokrat.«
»Die sind genauso schlimm. Geschniegelt und poliert und
zackzack, wenn du mich fragst. Falls er möchte, daß ich Haltung annehme, wenn ich mit ihm rede, mache ich ihn fertig.«
Jakob musterte Ruby nachdenklich. »Ich denke, du überläßt
es lieber mir, das Gespräch zu führen. Versuche dich bitte daran zu erinnern, daß wir wegen der Antworten gekommen sind,
Ruby! Es ist wirklich furchtbar schwierig, einem Toten Antworten zu entlocken.«
Ruby schniefte, blieb aber friedlich. Sie nahm allerdings
nicht die Hände von den Waffen.
Die Innentür schwenkte endlich auf, und ein geschniegelter
Junioroffizier lächelte beide gewinnend an. »Jakob Ohnesorg,
Ruby Reise; seid an Bord willkommen, Sir und Madam.«
»Wen nennt er Madam?« fragte Ruby leise, als sie und Jakob
sich an dem Offizier vorbeischoben und den Korridor betraten.
»Ich war mein ganzes Leben lang noch in keinem Haus der
Freuden.«
»Er ist nur höflich«, murmelte Jakob. »Schlage ihn nicht.«
»Ich bin Leutnant Xhang«, stellte sich der
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