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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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in die Augen. »Die abtrünnigen KIs sind seit jeher mein
schlimmster Alptraum. Die Maschinen, die gegen ihre Schöpfer rebellierten. Sie sind so ziemlich das einzige, was mir heute
noch Angst macht. Verglichen mit ihnen sind wir nur Ameisen,
die hilflos darauf warten, daß der Stiefel auf sie tritt oder das
heiße Wasser sie wegspült.«
»Ich hätte nicht gedacht, daß dir noch irgend etwas Furcht
einflößt«, sagte Jakob.
    »Selbst ich bin vernünftig genug, um mich vor Shub zu ängstigen«, versetzte Ruby, »Nirgendwo gibt es einen Ort, wo man
vor denen sicher wäre. Furien, Geistkrieger, verdeckte Agenten, deren Bewußtsein in der Matrix ausgetauscht wurde. Man
kann niemandem mehr trauen. Da draußen gab es schon immer
Leute, die genauso gefährlich waren wie ich, bessere Kämpfer
mit höheren Erfolgsquoten, aber ich erwies mich als raffinierter, cleverer, schneller. Ich übernahm die Jobs, die sie nicht
haben wollten, ging die Risiken ein, die sie ablehnten, und
lachte ihnen ins eifersüchtige Gesicht, als meine Reputation
ihre übertraf. Und nachdem das Labyrinth des Wahnsinns mich
in eine Hölle auf zwei Beinen verwandelt hatte, dachte ich,
jetzt wäre ich am Ziel. Ich war endlich unschlagbar, die Spitzenfrau, die Allerbeste. Ich hätte es besser wissen sollen. Das
erste, was jeder Kämpfer lernt, lautet: Es spielt keine Rolle,
wer man ist oder wie gut man ist; es gibt immer jemanden, der
einen übertrifft.«
    »Das sind doch nur Maschinen«, gab Jakob zu bedenken, den
ihre seltene Offenheit und Verwundbarkeit rührte. »Letztlich
läuft es darauf hinaus. Und keine Maschine ist dem menschlichen Geist gewachsen. Wir haben sie gebaut, nicht umgekehrt.
In Ordnung, auf uns gestellt, sogar mit unseren Kräften, könnten wir nicht lange gegen die Streitkräfte von Shub durchhalten. Aber wir sind nicht auf uns gestellt. Wir gehören der
Menschheit an, und zusammen können wir alles vollbringen,
was wir uns vornehmen. Shub ist letztlich nichts weiter als ein
Haufen Addiermaschinen, die an der Einbildung leiden, sie
wären etwas Besonderes.«
    »Ich wünschte, ich könnte daran glauben«, sagte Ruby.
»Aber sie sind so groß …«
»Größe ist nicht alles«, erklärte Jakob lächelnd, und einen
Augenblick später erwiderte Ruby das Lächeln. »Auch Löwensteins Imperium war groß«, fuhr er fort, »und doch haben wir
zu seinem Sturz beigetragen.«
»Ja«, sagte Ruby. »Das haben wir, nicht wahr?« Sie grinste
auf einmal. »Ach zum Teufel! Treten wir doch in ein paar Metallärsche!«
»Klingt gut, finde ich«, bekräftigte Jakob. »Aber bevor wir
aufbrechen, sollte ich dir lieber eine aktuelle Information
übermitteln. Es scheint, daß das Parlament nach unserem Aufbruch einen ganz besonderen Gast empfing. Einen ganz unerwarteten Besucher.«
»Deinem Gesicht kann ich entnehmen, daß es keine gute
Nachricht ist«, stellte Ruby fest. »Aber wann ist es das jemals?
In Ordnung, ich rate. Der junge Jakob Ohnesorg, vom Schrottplatz zurückgekehrt? Valentin Wolf? Löwenstein?«
»Der Halbe Mann«, sagte Jakob. »Oder, genauer gesagt, die
bislang fehlende Menschenhälfte des Halben Mannes. Die
rechte Körperseite, komplett mit stützender Energiehälfte, genau wie beim Vorgänger.«
Ruby musterte ihn. »Du machst Witze.«
»Ich wünschte, es wäre so.«
»Nun, das kompliziert die Lage aber nun wirklich.«
»Du hast ja keine Ahnung«, sagte Jakob. »Zum Glück waren
Toby und Flynn zugegen und haben alles mit der Kamera aufgenommen, und die Bilder laufen seitdem ständig in irgendeiner Nachrichtensendung. Schau sie dir selbst an.«
Ruby schaltete den Holoschirm ein und ließ ihn nach der Aufnahme suchen. Er brauchte eine oder zwei Sekunden, um einen
Sender zu finden, der das Band gerade startete, und dann zeigte
der Schirm das Parlament, nicht lange nach dem Zeitpunkt, als
die meisten Hauptprotagonisten der politischen Szene gegangen
waren. Ein Abgeordneter hielt gerade eine lange und langweilige
Rede, die außer ihm niemanden interessierte. Kaum jemand
schenkte ihm Beachtung. Die meisten warteten ungeduldig, daß
sie endlich selbst damit an die Reihe kamen, alle anderen zu
Tode zu langweilen; einige schwatzten leise miteinander, und
ein halbes Dutzend Abgeordnete spielten Poker.
Und dann erfolgte ein plötzlicher Lichtblitz, so grell, daß er
die Kameralinsen überforderte, und als das Bild zurückkehrte,
stand der Halbe Mann mitten im Parkett vor dem Hohen Haus.
Sofort plapperten

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