Todtsteltzers Ehre
Flynn, die richtigen Kästchen abhaken und dort unterschreiben, wo es mir gesagt wird.
Das entspricht nicht meinem Naturell. Ich muß etwas Reelles
anpacken. Etwas, worauf es ankommt. Ich hatte immer gedacht, mit der Autorität dieses Jobs könnte ich mich endlich
um die Art wichtiger Stories kümmern, hinter denen ich schon
immer her war. Aber so funktioniert es einfach nicht. Ich bin
hier vielleicht der Boß, aber ich muß mich wiederum meinen
Bossen gegenüber verantworten, den Leuten, denen die Imperialen Nachrichten gehören. Und sie würden mit Begeisterung
auch Boulevardsendungen bringen, solange es ihre Gewinne
nicht schmälerte. Jedesmal, wenn ich ein gutes Thema vorschlage, kommt von oben die Anweisung: Nur keine Wellen
schlagen!
Sie sind gern Risiken eingegangen, als sie noch ein kleines
Unternehmen waren und verzweifelt darauf erpicht, den großen
Konkurrenten Quoten abzujagen. Jetzt sind sie selbst ein führendes Unternehmen und ganz nervös geworden, was meine
Person angeht. Heutzutage haben sie etwas zu verlieren. Weißt
du, Flynn … Eigentlich sollte ich glücklich sein. Ich habe es
geschafft! Ich habe meinen Traumjob! Ich leite die Imperialen
Nachrichten! Selbst meine Spesen stellt niemand mehr in Frage. Aber ich langweile mich, Flynn, langweile mich buchstäblich zu Tode.«
»Du kennst die Antwort, Chef. Wiederhole das, was du letztes Mal getan hast, als wir dieses Gespräch führten. Suche dir
eine Story aus und gehe ihr persönlich nach. Geh hinaus ins
Feld und sieh mal, wie eng am Wind du diesmal segeln kannst.
Ich stehe dir immer als Kameramann zur Verfügung. Für die
Standardgebühren. Plus Gefahrenzulage.«
»Das würde ich ja gern, Flynn, aber … Ach verdammt! Zum
Teufel mit ihnen allen. Falls ich noch länger in dieser Bude
hocke, schlage ich Wurzeln. Ich kann meinen Stellvertreter
immer mal eine Zeitlang ans Ruder lassen. Er ist nicht allzu
clever und wird starr vor Angst, wenn ihn jemand anbrüllt, aber
ich schwöre, daß er Papierkram tatsächlich liebt. Komm,
Flynn. Legen wir mal den Gang ein. Wir müssen uns um eine
Story kümmern.«
»Was, jetzt gleich? Ich hatte an irgendwann morgen gedacht.
Ich kann jetzt nicht mitkommen. Reinhold wartet mit einem
heißen Kartoffelgericht auf mich.«
»Sag ihm, er soll es wieder in den Ofen stellen«, forderte Toby erbarmungslos. »Was mir vorschwebt kann nicht warten. Da
sind ein paar Leute zu beackern, an die ich seit Wochen heranzukommen versuche, aber meine Reporter werden in einem
fort abgewiesen und eingeschüchtert. Sehen wir mal, was ich
ausrichten kann. Nach allem, was ich während der Rebellion
durchgemacht habe, könnte man mich nicht mal mit einer Disruptorkanone auf Kernschußweite einschüchtern.«
»Ich habe des schreckliche Gefühl, daß ich etwas losgetreten
habe, was zwangsläufig in Tränen endet«, sagte Flynn. »Übernimm die Führung, Boß. Wohin geht es zuerst?«
»Zum Parlamentspräsidenten in windiger Person, dem verdammten Elias Gutmann.«
Einen Termin bei Gutmann zu erhalten war leichter als erwartet. Sie hielten sich gar nicht erst mit einer fernmündlichen Bitte um einen Termin auf, weil Toby genau wußte, daß Gutmann
nicht in ihren Besuch einwilligen würde. Also suchten er und
Flynn direkt Gutmanns luxuriöses Stadthaus in einer der allerbesten Gegenden auf und erhielten Einlaß, indem sie die Lakaien bestachen. Als sie erstmal drinnen waren, bahnte sich
Toby seinen Weg durch die Stafetten der inneren Sicherheit
und Reihen von Grobianen, indem er eine Beharrlichkeit und
Sturheit an den Tag legte, die zu verfolgen für Flynn die reine
Freude war. Das war der Toby Shreck, den er von früher kannte eine unwiderstehliche Naturgewalt, die sich einen Weg um
die meisten Hindernisse herum erschwatzte und die restlichen
Barrieren einfach niedertrampelte. Als Toby und Flynn dem
leitenden Butler in Gutmanns inneres Sanktum folgen, blieben
Gutmanns Leute dumm stehen und fragten sich, was zum Teu
fel eigentlich über sie hinweggewalzt war.
Der Butler war eine große und hochmütige Person im altmodischen Frack, mit frostigen Manieren und ein klein wenig dezentem Makeup, und er zwinkerte Flynn einmal zu, als er
glaubte, daß Toby gerade nicht hinsah. Er blieb schließlich vor
einer massiven, mit feinen Schnitzereien verzierten Doppelholztür stehen. Er klopfte höflich an, öffnete mit einstudierter
Pose und verkündete Tobys und Flynns Namen mit weittragender Stimme. Toby spazierte schnurstracks hin ein, direkt gefolgt
Weitere Kostenlose Bücher