Todtsteltzers Ehre
denn die Schiffe und die
Waffen, die die Invasoren hätten stoppen sollen, waren von den
Menschen schon gegeneinander eingesetzt und dabei verbraucht worden. Shub und die Hadenmänner und die Insekten
hatten einen günstigen Zeitpunkt gewählt. Trotzdem focht die
Menschheit weiter und dankte Gott dafür, daß zumindest die
fremdartigen Neugeschaffenen bislang nicht aufgetaucht waren. Denn niemand war mehr frei, um die Dunkelwüste zu
überwachen.
Die Menschen riefen nach ihren Helden, den großen Kriegern der Rebellion, aber die meisten waren tot oder nirgendwo
zu finden. Und die vier größten, die das Labyrinth des Wahnsinns überlebt hatten, waren in die Ferne auf wichtige Einsätze
geschickt worden, von denen sie womöglich nicht mehr zurückkehrten.
Die Armee der abtrünnigen KIs von Shub erreichte den Planeten Loki , die Welt der ewigen Stürme, eingeladen von Verrätern unter den Menschen. Geistkrieger marschierten ungerührt
durch die heulenden Winde, Seite an Seite mit menschlichen
Überläufern. Die äußeren Siedlungen fielen schnell, und die
zentrale Stadt Vidar, von wo aus die weitgespannten Bergbaubetriebe geleitet wurden, schickte einen verzweifelten Hilferuf.
Schiffe waren nicht verfügbar, aber der Planet war wertvoll,
und so entschied sich das Parlament für die nächstbeste Lösung
und schickte Jakob Ohnesorg und Ruby Reise dorthin.
Die Herausforderung fiel über Loki aus dem Hyperraum,
blieb gerade eben lange genug, um eine schwer gepanzerte
Pinasse auszusetzen, und war schon wieder verschwunden,
denn sie wurde dringend andernorts benötigt. Die in das Vierfache der üblichen Panzerung gehüllte Pinasse fiel wie ein
Stein durch die heftig durcheinanderwirbelnde Atmosphäre
Lokis. Im Innern klammerten sich die beiden lebenden Legenden und ihre Eskorte aus Marineinfanteristen verzweifelt an
jeden Haltegriff, den sie nur finden konnten, und wurden dabei
in ihren Sicherungsnetzen wie verrückt hin und her geschaukelt. Überall leuchteten Warnlampen, und alles, was nicht
buchstäblich festgenagelt war, flog wie Schrapnell durch die
beengte Kabine. Ein halbes Dutzend Marineinfanteristen zogen
die Köpfe ein und taten ihr Bestes, um die jüngste Mahlzeit in
sich zu behalten. Ohnesorg bemühte sich darum, einen stoischen und erfahrenen Eindruck zu verbreiten, während Ruby in
ihrem Sicherungsnetz begeistert hin- und herschwenkte und
jedesmal einen Jubelschrei ausstieß, wenn das Fahrzeug absackte oder schlingerte.
»Na, das nenne ich einen Flug!« schrie sie durch den Lärm
hindurch, den der Sturm und die hart arbeitenden Triebwerke
der Pinasse verbreiteten. »Für so eine Fahrt müßte man in den
Freizeitparks auf Golgatha kräftig blechen!«
»Könnt Ihr diese Kiste nicht ruhiger steuern?« schrie Ohnesorg dem Piloten zu, der vorn in der Kabine saß. Der Boden
sackte erneut unter Ohnesorg weg, und er hielt sich mit beiden
Händen grimmig an einer Stütze neben ihm fest. »Ich war
schon in abstürzenden Fahrstühlen, in denen es bequemer zuging!«
»Spielverderber!« sagte Ruby laut. »Du wirst alt, Ohnesorg!«
»Haltet verdammt noch mal die Klappe, ich muß mich konzentrieren!« schrie der Pilot völlig ungerührt zurück. »Die Gyros sind in einem solchen Wetter nutzlos; die Bedingungen
schwanken zu schnell, als daß die Lektronen damit fertig wür
den. Das Beste, was wir im Moment tun können, ist fallen wie
ein Stein und hoffen, daß die Bedingungen weiter unten besser
sind. Ich würde allerdings nicht darauf wetten. Falls Euch nicht
gefällt, wie ich fliege, findet Ihr Fallschirme unter den Sitzen.
Natürlich würden die Blitze Euch rösten, sobald Ihr die Außenluke öffnet, aber das ist Euer Problem. Danke, daß Ihr mit uns
geflogen seid, und versucht um Gottes willen, wenigstens einen
Teil Eurer Freude in die Brechtüte zu bekommen.«
»Soll der Mann doch seinen Job tun«, sagte der wuchtig gebaute Sergeant links neben Ohnesorg – ein dreißig Jahre alter
Mann von kräftiger Gestalt und mit einer eindrucksvollen Zahl
von Kampfabsprüngen auf dem Buckel. Sein Gesicht war zur
Hälfte von einer Tätowierung bedeckt, die Spinnweben darstellte, und goldene Schädel- und Knochenanhänger baumelten
an beiden Ohren. Auf dem Namensschild stand MÜLLER. »Er
hat diesen Flug schon zweimal absolviert, also zweimal mehr
als jeder andere. Er weiß, was er tut.«
»Ich bin froh, daß wir überhaupt jemanden gefunden haben«,
sagte Ruby, die in einem
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