Todtsteltzers Ehre
Und falls ihr am Boden liegt, greift seine Kniesehnen
an, um den Bastard zu verkrüppeln. Ein Hadenmann hat vielleicht Vorteile, was Kraft und Schnelligkeit angeht, aber noch
nie konnte jemand dem Menschen das Wasser reichen, was den
schieren Einfallsreichtum für schmutzige Tricks anbetrifft.«
»Vergiß die Schlingen nicht!« mahnte Schwester Marion.
»Ich wollte noch auf die Schlingen zu sprechen kommen!«
»Eine Schlinge, die hinter der Tür in einem dunklen Zimmer
baumelt, kann selbst den erfahrensten Krieger ausschalten.«
»Ich hatte sowieso vor, ihnen das zu erklären!«
»Natürlich hattest du das, meine Liebe. Fahre fort. Kümmere
dich nicht um mich.«
»Danke.«
»Und falls die Schlinge ihn nicht gleich umbringt, zerrt ihr an
den Füßen, bis ihm das Genick bricht.«
»Marion! Möchtest du diesen Unterricht halten?«
»Natürlich nicht, meine Liebe. Du machst das gut.«
Das klang ganz nach einem Gespräch, das noch einige Zeit
seinen Fortgang nehmen konnte, also überließ Owen sie dem.
Er ging weiter über den Platz, sah sich alles an und lauschte
Gesprächsfetzen, die sich meist um alltägliche Dinge drehten.
Es schien, als wollten die Kolonisten in ihren wenigen glücklichen Erinnerungen schwelgen, solange sie noch konnten, bevor
alles im Kampf verlorenging. Niemand schien über dessen ab
schließendes Resultat besonders optimistisch.
Owen traf Oberst Wilhelm Hand und Otto vor einer Hütte an,
wo sie auf einer Bank saßen, ihre Schwerter polierten und leise
ein altes Marschlied der Marineinfanterie sangen. Der Oberst
trug nach wie vor seine alte Uniform, die inzwischen zwar in
Fetzen hing, aber weiterhin peinlich sauber gehalten war. Die
Brust zeigte ein eindrucksvolles Arsenal von Ordensbändern,
die sorgfältig gepflegt wirkten. Der Oberst machte sich nicht
die Mühe mit dem üblichen Kapuzenumhang. Er hatte die Lepra und scherte sich nicht darum, wer es wußte. Die graue Haut
war fleckig von abgestorbenen Stellen, und die halbe Nase
fehlte. Womöglich hatte er einmal gut ausgesehen; das war
schwer zu sagen. Er war in den späten Fünfzigern, ein großer
und muskulöser Mann, der jetzt allmählich fett wurde. Das
lange, dunkle Haar war fettig und strähnig, und er hielt es mit
einem schlichten Lederstirnband aus dem Gesicht.
Sein Gefährte Otto war ein buckliger Zwerg, kaum einszwanzig groß. Der überdimensionierte Kopf war hier und da vom
Verfall der Krankheit gezeichnet, und die Haare waren größtenteils ausgefallen. Auch er trug eine Uniform der Marineinfanterie, die jedoch verdreckt war, und er selbst erweckte ganz den
Anschein, seit Wochen nicht mehr gebadet zu haben. Für einen
buckligen Zwerg mit Lepra wirkte er ziemlich munter.
Der Oberst sah auf und fixierte Owen mit kaltem, ausdruckslosem Blick. »Du mußt neu sein, Junge, sonst würdest du dich
nicht in unserer Nähe herumtreiben. Sogar Leprakranke haben
noch Parias unter sich. Hast du Zeit, dich eine Zeitlang hinzusetzen und mit uns zu schwatzen?«
»Natürlich«, antwortete Owen. Er setzte sich neben den
Oberst auf die Bank. »Darf ich fragen, was Euch hier zum Pa
ria stempelt?«
Der Oberst schnaubte. »Weil ich nicht glaube, daß die Sonne
aus Sankt Beas Hintern herausscheint. Ich habe keine Zeit für
ihren ganzen Quatsch über Frieden und Liebe. Ich bin ein Killer, mein Junge. Und verdammt gut in meinem Job. Bin zur
Marineinfanterie gegangen, kaum daß ich alt genug war, und
habe nie einen Blick zurück geworfen. Hab mir nie was anderes gewünscht.«
»Ihr scheint auf eine eindrucksvolle Karriere zurückzublikken, Oberst«, sagte Owen und deutete auf die Ordensbänder.
»Darauf kannst du deinen Arsch verwetten, mein Junge. Ich
habe in den letzten dreißig Jahren an jedem erwähnenswerten
Feldzug teilgenommen. Habe auf hundert Planeten Menschen
und Fremdwesen getötet, war der erste beim Angriff und der
letzte beim Rückzug und habe jede einzelne Minute genossen.
Kein Bedauern, keine schlechten Träume, keine Regungen des
Gewissens in den Stunden vor dem Morgengrauen. Mutter
Beatrice hat dafür kein Verständnis, und für eine Heilige ist sie
bemerkenswert unnachgiebig, falls sich jemand nicht an die
Parteilinie hält. Sie möchte, daß ich beichte und sage, es täte
mir leid, daß ich meinen Frieden mit Gott mache. Nun, es tut
mir nicht leid und ich werde nicht das Gegenteil behaupten,
und wenn ich schließlich vor Gott stehe, werde ich ihm direkt
in die Augen blicken und sagen: Du hast mich zu einem Killer
gemacht. Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher