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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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hindurchgegangen seid, hat es Euch geprägt.«
»Inzwischen bin ich weder Mensch noch Hadenmann«, sagte
Mond stirnrunzelnd. »Ich entwickle mich zu etwas Neuem.
Etwas, was anders ist. Meine Augen leuchten weiterhin und die
Stimme summt weiterhin, aber vielleicht nur, weil ich damit
rechne. Ihr seid diesen Weg schon weiter gegangen als ich,
Owen. Was wird aus mir?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Owen. »Vielleicht etwas,
wozu uns Name und Vorstellung fehlen. Noch.«
»Ich empfinde etwas, wenn ich darüber nachdenke, Owen.
Ich denke … ich habe Angst.«
»Das haben wir alle. Das Unbekannte flößt immer Angst ein.
Zweifellos fürchtet sich auch die Raupe davor, zum Schmetterling zu werden, schon während ihre Instinkte sie zwingen, den
Kokon zu spinnen. Wir haben keine Kontrolle über das, was
aus uns wird, also … genießt die Reise! Und vergeßt nicht, daß
Ihr unter Freunden seid.«
»Ich habe die Leprakranken beobachtet. Wenn sie sich ihrer
Veränderung mit solchem Mut zu stellen vermögen, kann ich
es auch.« Er warf einen Blick zur Seite, auf Owen. »Ich denke,
daß … etwas Neues in mir heranreift. Ich kann … Dinge spü
ren. Dinge, die niemandem sonst erkennbar sind. Es ist keine
Telepathie. Vielleicht eher Empathie. Aber egal was, glaubt
mir, wenn ich Euch sage, daß wir hier nicht allein sind. Da
draußen im Dschungel ist noch etwas anderes. Etwas, was ver
borgen und sehr mächtig ist.«
»Die Armee der Hadenmänner?«
»Nein. Mein eigenes Volk würde ich erkennen. Das Wesen,
von dem ich spreche, ist lebendig, unterscheidet sich aber von
allem, was mir je begegnet ist. Seine Gedanken laufen langsam
ab, aber es wird zornig. Und es weiß, wo wir sind.«
»Hat es einen Namen, eine Identität?«
»O ja«, sagte Tobias Mond. »Es ist das Rote Hirn.«
    Hazel D’Ark hatte sich ihren beiden Varianten angeschlossen
und tauschte mit ihnen Klatsch über die jeweiligen Owens aus,
als eine einzelne Leprakranke ihnen müde in den Weg humpelte. Die drei Frauen blieben abrupt stehen, um die Kranke nicht
umzurennen, und diese sank vor Hazel auf die Knie.
    »Verzeiht meine Unverschämtheit, Gesegnete, aber seid Ihr
nicht Hazel D’Ark, die Befreierin von Golgatha ?«
»Nun, ja«, bestätigte Hazel. »Obwohl ich es eigentlich nicht
allein vollbracht habe. Möchtest du etwas von mir?«
Die Leprakranke schlug die Kapuze zurück und legte damit
ein Gesicht frei, das zur Hälfte verfault war. Flecken kahler
Knochen schimmerten zwischen den verbliebenen Haarresten
hervor, und dort, wo die linke Wange hätte sein müssen, hatte
man freien Blick auf die Zähne. Aus der Nähe war der Geruch
entsetzlich, auch wenn sich Hazel und ihre Gefährtinnen bemühten, das nicht zu zeigen. Die Leprakranke schob eine graue
Hand unter dem Mantel hervor. Sie war bis auf die Knochen
abgemagert und hatte nur noch zwei Finger. Die Kranke hielt
sie Hazel in einer bittenden Geste entgegen.
»Ihr seid von Gott berührt worden, meine Dame. Ihr habt
Wunder gewirkt. Ich habe es im Holo gesehen. Wirkt ein weiteres Wunder für mich, ich bitte Euch. Heilt mich!«
Hazel wich schockiert einen Schritt zurück. »Ich … kann das
nicht! Ich weiß nicht, wie.«
»Ihr habt Eure eigenen furchtbaren Verletzungen geheilt. Ihr
wurdet von Gott gesegnet. Legt mir nur die Hand auf, und auch
ich werde geheilt werden. Das weiß ich!«
Hazel wandte sich hilfesuchend an Bonnie und Mitternacht,
aber auch sie waren benommen. Hazel sah wieder die Kranke
vor ihr an und hatte keinen Schimmer, was sie sagen sollte.
Also streckte sie schließlich doch die Hand aus, wobei ihr die
Haut kribbelte, und legte sie der Kranken fest aufs Haupt. Beide warteten sie ein paar Augenblicke lang, aber nichts geschah.
Nach einer Weile seufzte die Leprakranke und stand auf.
»Danke, daß Ihr es versucht habt, meine Dame. Mein Glaube
war nicht stark genug. Ich werde Euch nicht mehr belästigen.«
Sie schlug wieder die Kapuze über den verwüsteten Kopf
und humpelte langsam davon. Hazel blickte ihr nach und betrachtete dann die Hand. Sie rieb sie sich an der Seite ab und
hörte wieder auf, beinahe schuldbewußt. Sie stellte fest, daß
noch andere Leprakranke sie ansahen.
»Ich hätte ihr geholfen, wenn ich in der Lage gewesen wäre.«
Niemand sagte etwas, und nach einer Weile setzte Hazel ihren Weg fort. Bonnie und Mitternacht folgten ihr ein Stück
weit zurück.
    Die Hadenmänner griffen an, kaum daß der Morgen heraufdämmerte. Der Regen prasselte hernieder, als

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