Todtsteltzers Ehre
berührt, wie du es tatest. Ich möchte alles wieder so
haben, wie es früher war.«
»Du mußt mich für verrückt halten! Ich weiß alles über den Schwarzen Block und über dich. Du hast mich einmal getäuscht, Schande über dich. Sollte es dir zum zweiten Mal gelingen, Schande über mich. Du bedeutest mir nichts mehr, SB.
Es hat weh getan, aber ich fühle mich so viel besser, seid ich
dich nicht mehr im Herzen trage.«
»Nein, bitte nicht.« Sie streckte beide Hände nach ihm aus,
aber er schrak zurück, wollte sie nicht berühren. Sie ließ die
Hände sinken, und ihre Augen füllten sich mit unvergossenen
Tränen. »O Julian! Meine Gefühle für dich waren echt, auch
wenn ich ihnen nicht nachgeben konnte. Jetzt ist alles anders.
Ich habe mich verändert. Aufgrund meiner Stellung hat mir der Schwarze Block mehr Freiraum für persönliche Initiativen eingeräumt. Endlich steht es mir frei, meinem Herzen zu folgen!
Menschen können sich verändern; du mußt es einfach glauben!
Wir könnten wieder zusammen sein, und keine Geheimnisse
stehen mehr zwischen uns.«
»Geheimnisse wird es immer geben, solange du den Schwarzen Block repräsentierst.« Julian schüttelte ruckhaft den Kopf
und rang um einen gleichmäßigen Tonfall. »Verschwinde, SB.
Egal, was du hier für ein Spiel treibst, ich möchte daran nicht
teilhaben. Was wir hatten, was wir zu haben glaubten, war nie
mehr als ein Traum. Und ich bin erwacht. Ich habe lange gebraucht, um über dich hinwegzukommen, SB. Ich mache das
nicht noch einmal durch. Nur … Geh jetzt bitte.«
»Das tue ich«, sagte SB. »Ich gehe und komme dir nie wieder unter die Augen, wenn du mir sagst, daß du mich nicht
liebst.«
»SB …«
»Sag es, und ich gehe. Obwohl ich dich liebe. Weil ich eher
sterben würde, als wieder zu sehen, wie du verletzt wirst. Sag
nur … daß du mich nicht liebst.«
»Ich liebe dich nicht.«
»Lügner«, sagte SB Chojiro leise.
»O Gott, natürlich liebe ich dich, SB! Ich werde dich immer
lieben.«
Sie hob die Hände, legte ihm die Fingerspitzen auf den
Mund. »Du brauchst nichts weiter zu sagen, mein Liebling. Ich
weiß, wie schwer dir das gefallen sein muß. Aber vertraue mir,
es wird diesmal anders. Viele alte Einschränkungen gelten für
mich nicht mehr. Immerhin, ich denke, wir haben zunächst
genug geredet. Wir haben Zeit … alle Zeit, die wir brauchen.
Lebwohl, mein Liebster. Für den Augenblick.«
Und sie drehte sich um und ging fort, zurück zu Brendan und
Stephanie und den Ratgebern. Julian blickte ihr nach und wußte nicht, was er sagen oder denken sollte. Sie hatte einen rundherum ehrlichen und aufrichtigen Eindruck gemacht, aber es
bedeutete nichts, denn sie war vom Schwarzen Block . Alles,
was er mit Sicherheit wußte, war, daß sein Herz wieder so
klopfte wie früher, als er noch wußte, was Glück bedeutete, als
seine Liebe noch etwas anderes gewesen war als eine Straße in
die Verdammnis. Julian Skye blickte SB nach und verfluchte
sich als Idiot, weil er noch immer glaubte, daß Dinge glücklich
enden konnten.
Toby Shreck und sein Kameramann Flynn machten in der Halle die Runde und begrüßten alle Welt überschwenglich. Es
schien, als suchte jeder Tobys Zuspruch, da er jetzt Chef der
Imperialen Nachrichten war. Er führte spontane Interviews mit
praktisch jedermann und hoffte dabei, daß er später im Bearbeitungsraum ein paar Goldkrümel aus den endlosen einstudierten Geräuschfetzen herauspicken konnte. Politiker wurden
mit der Fähigkeit geboren, viel zu sagen und sich dabei auf
möglichst wenig festzulegen, aber Toby brachte ausreichend
Erfahrung mit und konnte sie dazu bringen, mehr zu bestätigen,
als sie eigentlich wollten, und mehr zu sagen, als sie ahnten.
Bis sie es später in den Nachrichten sahen. Toby blieb viel länger, als er ursprünglich geplant hatte, einfach weil er soviel
Spaß hatte. Das hier war echte journalistische Arbeit, die Nachrichten erbrachte. Alte Freunde und alte Feinde wurden mit
dem gleichen freundlichen Lächeln bedacht, während er die
Wahrheit aufstöberte, egal womit sie ihm dabei in die Quere
kamen.
Endlich entschieden die Abgeordneten, daß sie soweit waren,
warfen sich in ihre eindrucksvollsten Posen und gaben Befehl,
die Tür zur Halle zu öffnen. Alle stürmten von dort in den Plenarsaal und trampelten dabei über die hinweg, die zu langsam
liefen. Die beiden Sitzreihen beiderseits des offenen Parketts
waren gedrängt voll mit Abgeordneten, die
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