Todtsteltzers Ehre
es?«
»Alles ist möglich, wenn man genug Zeit hat und ausreichend plant«, behauptete SB Chojiro. »Diese Leute denken
nach wie vor in Begriffen der offenen Kriegsführung und zusammenprallender Armeen. An Disruptor und Schwert und die
einfachen Freuden des Metzelns. In subtileren Formen des
Konflikts haben sie bislang keine Erfahrung. Und schließlich
sind sie inzwischen … viel besser erreichbar als früher.«
»Sie haben den Krieg gegen die Familien gewonnen«, stellte
Stephanie fest. »Ihr habt verloren. Erinnert Ihr Euch?«
»Wir haben eine Schlacht verloren«, entgegnete SB. »Der
Krieg geht auf anderen Feldern weiter.«
»Trotzdem solltet Ihr lieber auf Euer Fell achtgeben, Kardinal«, riet ihm Stephanie. »Solltet Ihr gar zu offen die Partei des Schwarzen Blocks ergreifen oder einen unserer großen Rebellenhelden verärgern, wirft Euch die Heilige Bea ruckzuck aus
der Kirche, genau wie all die anderen.«
»Unserem höchst loyalen Kardinal wird nichts widerfahren«,
sagte SB. »Man wird Meldungen falsch ablegen, Dokumente
verlieren, die falschen Gerüchte hören. Mutter Beatrice bekommt nur zu hören, was wir möchten.«
»Ihr wärt nicht der erste, der Sankt Bea unterschätzt«, sagte
Stephanie. »Und die meisten davon sind tot oder wünschen, sie
wären es.«
»Sie kann nicht ewig leben«, meinte Brendan. »Und sollte sie
eines plötzlichen und unerwarteten Todes sterben, würde die
neue Kirche in völligem Chaos versinken. Genau die Art Situation, von der der Schwarze Block schon immer am meisten profitiert hat. Und die Reste der alten Ordnung, die Bruderschaft
des Stahls, ist immer noch da – wenn auch versteckt –, und
wartet nur auf eine Gelegenheit, die Kirche wieder zu übernehmen. Ihr wärt überrascht zu erfahren, wie viele von denen,
die heute Macht und Einfluß genießen, sich insgeheim der
Bruderschaft beugen.«
»Und der Schwarze Block steuert die Bruderschaft des
Stahls«, stellte SB Chojiro fest. »Sankt Bea sonnt sich vielleicht derzeit in öffentlicher Zuneigung, aber die Öffentlichkeit
ist von der wankelmütigen Sorte. Sie kann es sich jeden Augenblick anders überlegen. Oder hinnehmen, was über ihren
Kopf hinweg entschieden wird.«
»Und dann leitet der Schwarze Block sowohl die Kirche als
auch das Parlament«, sagte Brendan.
»Das Parlament gehört Euch noch nicht«, entgegnete Stephanie. »Es zeigt sogar betrübliche erste Anzeichen eines eigenen
Willens.«
»Es ist nur eine Frage der Zeit«, sagte SB ruhig. »Wieso
sucht Ihr beide Euch jetzt nicht ein möglichst unbedenkliches
Gesprächsthema, während ich mich um einige persönliche Geschäfte kümmere?«
Sie bewegte sich anmutig durch die Menge, bis sie vor Julian
Skye stand. Er sah sie kommen und traf zunächst Anstalten,
sich zu entfernen, aber letztlich blieb er doch stehen und wartete auf sie. Sie blieb unmittelbar außer Armesreichweite stehen
und blickte lächelnd zu ihm auf. Mit regloser Miene nickte er
ihr kurz zu.
»Hallo Julian«, sagte sie mit ihrer süßesten Stimme. »Es ist
lange her, seid ich dich zuletzt sah. Du siehst gut aus.«
Der letzte Satz war eine höfliche Lüge, und sie beide wußten
es. Julian hatte sich nie richtig von den scheußlichen Verletzungen erholt, die er in den Verhörzellen erlitt.
Der verstorbene Giles Todtsteltzer hatte auf der Alptraumwelt Hakeldamach so etwas wie eine Wunderheilung bei ihm
bewirkt, aber sie war nicht von Dauer. Julian Skye klammerte
sich mit Hilfe grimmiger Entschlossenheit an die Reste seiner
Gesundheit, und das sah man.
»Hallo SB«, antwortete er schließlich. »Du bist so schön wie
immer. Hast du in letzter Zeit Verrat an jemandem verübt, der
interessant sein könnte?«
SB schüttelte den Kopf. »Du hast es nie verstanden, aber ich
konnte nicht anders. Sobald du mir sagtest, du wärst ein Rebell,
übernahm meine Konditionierung. Ich konnte dich nicht einmal
davor warnen, daß sie kamen. Ich habe danach geweint.«
»Ja«, sagte Julian. »Und in der Verhörzelle hast du mich zu
überreden versucht, meine Freunde und Mitkämpfer zu verraten. Du hast mich als Abschaum bezeichnet, als den letzten
Dreck. Und hast mich den Folterknechten überlassen. Und bei
all meinen Schreien dachte ich immer an dich.«
»Ich mußte diese Worte sagen. Wir wurden belauscht.«
»Was möchtest du, SB?« fragte Julian rauh.
»Ich wollte sehen, ob wir noch miteinander reden können.
Der Schwarze Block ist mein Leben, aber nie hat etwas mein
Herz so
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